Export von Kokablättern: Bolivianer dürfen kauen
Die UN erlauben Bolivien, den Genuss von Kokablättern zuzulassen. Präsident Evo Morales will die Pflanze nun in alle Welt exportieren.
BUENOS AIRES taz | „Die nächste Schlacht geht um den Kokaexport.“ Was als historischer Sieg bezeichnet werden kann, ist für Boliviens linken Präsident Evo Morales ein Etappenerfolg. Mitte Januar hatten die Vereinten Nationen mit einer Ausnahmeregelung das Kauen von Kokablättern in Bolivien anerkannt.
Derzufolge hat der plurinationale Staat Bolivien das Recht, das traditionelle Kauen von Kokablättern auf seinem Hoheitsgebiet zu erlauben. Morales hatte im Dezember 2011 dem UN-Generalsekretär einen entsprechenden Antrag gestellt. Auch der Anbau und der Handel von Kokablättern innerhalb Boliviens ist damit international anerkannt.
Für Bolivien gehört das Kokakauen zu den Grundfesten des Staates. Gemäß der 2009 in Kraft getretenen neuen Verfassung ist die Kokapflanze Teil des kulturellen Erbes des Landes und in seiner natürlichen Form ausdrücklich kein Betäubungsmittel.
Morales feierte die Ausnahmeregelung vor Tausenden von Kokabauern in Cochabamba. Für den ehemaligen Gewerkschaftsführer der Kokabauern ist es ein wichtiger innenpolitischer Erfolg, mit dem er bei seiner traditionellen Basis punktet.
Deutschland lehnte Antrag ab
„Nur 15 Länder lehnten unseren Antrag ab, aber 169 Länder halfen uns, und das ist eine große Anerkennung der internationalen Gemeinschaft für unser Kokablatt und für das Kokablattkauen“, sagte Morales.
Unter den 15 Ländern sind die USA, Kanada, Deutschland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Russland und Japan. Vor zwei Jahren begründete die deutsche Bundesregierung ihre ablehnende Haltung des Kokakauens in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag, dass damit „die drogenpolitisch bindende Wirkung der in den Vereinten Nationen entwickelten Rechtsinstrumente“ ausgehebelt werden würde.
Jedoch legten weniger als das für eine Ablehnung des Antrags notwendige Drittel der 183 Mitgliedstaaten ihren Einspruch ein. Wenn die Ausnahmeregelung nun wie vorgesehen am 10. Februar offiziell in Kraft tritt, ist Bolivien auch wieder im Kreis der Mitgliedstaaten der Wiener UN-Drogenkonvention von 1961. Dann endet vorläufig ein seit über 50 Jahre währender Streit über die Anerkennung des Kokakauens.
Wegen der Gewinnung von Kokain aus den Blättern des Kokastrauchs steht Koka seit 1961 auf der UN-Liste der verbotenen Betäubungsmittel. Anfang 2012 war Bolivien aus der Wiener UN-Drogenkonvention ausgestiegen.
Nachfrage im Ausland längst vorhanden
Doch nun ist auch international erlaubt, dass in Bolivien Kokablätter nicht nur in ihren natürlichen Zustand gekaut und für kulturelle und medizinische Zwecke verwendet werden dürfen, sondern „auch der Anbau, der Handel und der Besitz von Kokablättern“, betonte Morales.
So ist die von Morales angekündigte Exportoffensive auch nur der nächste logische Schritt. Die Nachfrage nach Koka ist im Ausland längst vorhanden. „China ist eine großer Konsument und würde Tonnen von Koka kaufen“, so der Präsident.
Der Vertreter des Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung in Bolivien, César Guedes, warnt jedoch: „Koka steht weiter auf der Kontrollliste.“ Wer mit Kokablättern in der Tasche aus Bolivien ausreise, unterliege der Rechtslage im Einreiseland. Der Export von Koka als Blatt oder weiterverarbeiteten Produkten werde auch weiterhin international sanktioniert, so Guedes.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
Einigung zwischen Union und SPD
Vorgezogene Neuwahlen am 23. Februar
SPD nach Ampel-Aus
It’s soziale Sicherheit, stupid
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will
Wirbel um Berichterstattung in Amsterdam
Medien zeigen falsches Hetz-Video