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Export in RekordhöheKrisenprofiteur Deutschland

Bei der Ausfuhr durchbrechen deutsche Unternehmen die Billionengrenze. Niedrige Zinsen und Euroschwäche befeuern das Geschäft.

Container stehen an einem Verladeterminal des Hamburger Hafens. Bild: dapd

BERLIN taz | Der halbe Kontinent ächzt in der Eurokrise wegen der Sparauflagen. Der deutschen Exportwirtschaft hingegen geht es blendend. Den aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts zufolge hat Deutschland 2011 Waren im Wert von 1,06 Billionen Euro ausgeführt. Damit stiegen die Ausfuhren im Vergleich zum Vorjahr um 11,4 Prozent.

Die Einfuhren lagen 2011 bei 902 Milliarden Euro. Die Deutschen weisen damit erneut einen hohen Außenhandelsüberschuss auf und tragen somit weiter zum weltwirtschaftlichen Ungleichgewicht bei. Es gilt als wesentliche Ursache der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise.

Die Rekordzahlen liegen Gustav Horn vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) zufolge darin begründet, dass sich die Krise gerade in Spanien, Portugal und Italien erst im Laufe des Jahres ausgebreitet habe. Der Einbruch der Exporte nach Südeuropa werde sich somit erst in den Zahlen für 2012 widerspiegeln. Im Dezember sanken die Exporte bereits um 4,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, also so stark wie seit der schweren Rezession Anfang 2009 nicht.

Was aber auch schon bei den Exportzahlen von 2011 auffällt: Während der deutsche Exportanteil in den meisten Ländern der Eurozone im gesamten Jahr bereits zurückging oder stagnierte, verdoppelte sich der Ausfuhranteil nach China mit 6,1 Prozent innerhalb weniger Jahre. Und auch nach Polen, Russland und der Schweiz stieg der Anteil. Diese Länder gehören alle nicht zur Eurozone. Es drängt sich der Verdacht auf, dass Deutschlands Export vor allem außerhalb des Euroraums floriert.

"Effekte sind deutlich"

IMK-Ökonom Horn bestätigt diese Annahme. "Wenn der Euro wegen der Eurokrise abgewertet wird, dann haben wir natürlich dort einen Vorteil", sagt er. Deutschland profitiere unmittelbar von der Euroschwäche.

Und auch Steffen Elstner, Außenhandelsexperte beim ifo-Institut in München, spricht von Wettbewerbsvorteilen. Japan – wegen einer ähnlichen Industriestruktur mit vielen hochwertigen Maschinenbauprodukten und Autos der deutschen Industrie sehr ähnlich und damit Deutschlands größter Konkurrent auf dem Weltmarkt – befinde sich nun ganz klar im Nachteil.

Dank des niedrigen Eurowechselkurses könnten die deutsche Unternehmen ihre Produkte an boomende Länder wie China und Brasilien sehr viel günstiger verkaufen. "Die Effekte sind deutlich", sagt Elstner.

Seine Faustregel: Eine Abwertung des Euros um 10 Prozent zum Dollar erhöhe die deutschen Exporte um etwa einen Prozentpunkt. Befände sich Deutschland aber außerhalb der Eurozone, würde die deutsche Währung wie die der Schweiz oder Japans in die Höhe schießen. Der Exportvorteil wäre dahin.

Befürchtungen, die Zunahme vor allem im Chinahandel könne Deutschland abhängig machen, hat Elstner nicht. Trotz sinkender Ausfuhranteile liege der Anteil des deutschen Außenhandels in die EU nach wie vor bei 27 Prozent. Mit 6 Prozent sei die Abhängigkeit von China bis jetzt noch verhältnismäßig gering.

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11 Kommentare

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  • D
    deutscherExportWAHN

    @„Einfältige taz-Stimmungsmache gegen Deutschland; denn Eurokriesenprofiteure sind ALLE Euroländer“(Nico) Das stimmt; denn korrekte Begründungen für Exportvorteile müssten sich konzentrieren auf Exportzahlen in Länder mit Nicht-Euro-Währung.

     

    Zudem stehen Exportvorteilen immer Importnachteile gegenüber.

  • F
    FreiDenker

    Ich kann es nicht mehr hören:

    Von wegen Krisenprofiteur Deutschland.

     

    Selbst bei einer unwahrscheinlichen 6%tigen Lohnerhöhung würden die Durchschnittszeitarbeiter in 2012 Ihr Bruttomonatsgehalt von 1200,-€ auf 1272,-€ steigern.

    Wohlgemerkt --- Brutto

     

    Wo sind da die Profiteure, da man bei den massenhaften Minijobbern und Kleinselbstständigen eher noch mit weniger Einkommen/Monat rechnen muß.

  • N
    Nico

    Die Exporte aller Euroländer auch z.B. der Franzosen

    und Italiener außerhalb des Euroraumes sind von einem

    niedrigen Euro begünstigt.

    Deutsche Exporte in den EUROraum haben keinen Vorteil

    warum wird das verschwiegen?

    Eurokriesenprofiteure sind alle Euroländer nicht

    nur die Deutschen. Einfältige Stimmungsmache gengen

    Deutschland dieser Artikel

  • J
    jenny

    Der Euro ist lediglich von einer Überbewertung zum $

     

    in eine Gleichgewichtslage gekommen, daher irrt

    Horn auch in diesem Punkt.

     

    Deutschlands Export beruht vor Allem auf den Exporten

     

    nach Frankreich u. Benelux, dan erst kommen Italien

     

    Spanien.

     

    Mächtig gestiegen sind die Ausfuhren in die Nicht-Euro-

     

    länder in Osteuropa, in die BRIC-Länder, aber nicht

     

    wegen des Eurokurses, sondern wegen der Produkte u.

     

    der Qualität u. Langlebigkeit.

     

    Die rohstoffreichen Schwellenländer inkl. Russland

    haben durch die verbesserten terms of trade jetzt das Geld um hochwertige Investitionsgüter weltweit

    zu kaufen - besonders die besonders guten Waren aus

    Deutschland, denn viele andere europäische Länder +

    USA haben sich soweit desindustrialisiert, dass sie die nachgefragten Produkte überhaupt nicht mehr oder

    noch nie aNBIETEN können.

     

    Es ist die win - win Situation zwischen den boomenden Schwellenländern als NachfraGER u. den

    deutschen Firmen als fähige Lieferanten, die den

    Exportboom befeuert !

     

    Schade nur, dass netto sowenig hier hängen bleibt,

     

    die Löhne stagnieren, der Niedriglohnsektor um 1000

    Eu./pro Monat erreicht sachon 22% der Beschäftigten

    u. vor Ort dARBEN DIE kommunen, die eigentlich den

    ärmeren/.normalen Bürgern umfangreiche Leistungen

    kostengünstig vorhalten sollten!

    Wenn aber Schwimbäder reihenweise geschlossen werden

    u. Kurztariftickets in Bussen u. Bahnen 2,50 Eu.

    kosten, dann werden imer mehr Menschen abgehängt von

    der Teilhabe in ihrer Umgebung.

    Schande über die unfähigen PolitikaSTER; DIE diese

    Situation sehenden Auges zugelassen haben !

  • KK
    Klaus Kroth

    Es ist doch sicher richtig, mehr einzunehmen als auszugeben. Wüsste nicht, dass andere Länder gezwungen werden, deutsche Waren zu kaufen!

  • P
    Philipp

    "Seine Faustregel: Eine Abwertung des Euros um 10 Prozent zum Dollar erhöhe die deutschen Exporte um etwa einen Prozentpunkt. Befände sich Deutschland aber außerhalb der Eurozone, würde die deutsche Währung wie die der Schweiz oder Japans in die Höhe schießen. Der Exportvorteil wäre dahin."

     

    Diese These wird auch durch mantrahaftes Wiederholen nicht wahrer. So hat z.B. die Schweiz einen über 50% (!) höheren Pro-Kopf-Export als Deutschland.

    ( http://www.welt-in-zahlen.de/laendervergleich.phtml?indicator=81 )

    Wie passt das also angeblich mit dem ach so starken Franken zusammen? Obendrein noch ohne EU-Mitgliedschaft. Man sieht also, man kann auch mit eigener Währung und ohne Euro sehr gut leben.

    Zumal Deutschlands Export ja nicht mit der Umstellung auf den Euro auf einmal nach oben schoss, denn auch zu DM-Zeiten hatte die Bundesrepublik ein ordentlichen Exportüberschuss.

     

    Was auch immer bei der Aufwertung einer Währung übersehen wird: Die Produktionskosten im Inland steigen zwar, aber Importe wie Öl, Stahl oder Gas zur Herstellung bzw. Energieversorgung werden billiger, da solche Rohstoffe in der Regel in US$ gehandelt werden und bei einer entsprechend starken Währung (z.B. DM) solche Güter auf dem Weltmarkt günstiger beschafft werden können.

     

    Die jetzige Krise des Euro und in Europa zeigt doch: Es ist besser in guter Nachbarschaft zu leben als in eine riesige WG gezwungen zu werden, wo das zusammenleben auf Dauer für manche einfach nicht erträglich ist.

     

    Um nicht missverstanden zu werden: Es wäre natürlich schön, wenn es mit dem Euro langfristig klappen würde, wenn es wirklich ein geeintes Europa nicht nur auf dem Papier (selbst da nicht mehr uneingeschränkt) sondern auch in den Köpfen der Menschen geben würde.

    Aber etwas was offenkundig nicht ausreichend vorhanden ist von oben erzwingen zu wollen führt nur zu Abwehr- und Trotzreaktionen, die das Gegenteil dessen erreichen was sie beabsichtigen.

  • M
    manfred (60)

    "Es drängt sich der Verdacht auf, dass Deutschlands Export vor allem außerhalb des Euroraums floriert."

     

    Welche Überraschung! Dabei ist doch ganz klar: Wenn die Südeuropäer per Dekret ihre Konsum senken und das, was sie noch an Geld haben, den Banken in den Rachen werfen müssen, können sie nicht mehr importieren, auch nicht aus Deutschland. So gesehen wäre ein Neuanfang nach einer Insolvenz für die deutsche Exportwirtschaft besser gewesen, allerdings nicht für die Banken.

  • Y
    yberg

    laut wikipedia und andern quellen gabs 2010 exporte von 959,8 MRD und importe in höhe von 806,2 mrd.

     

    also stiegen die importe prozentual stärker als die exporte.

     

    abgesehen davon,daß die genauigkeit der zusammengestellten zahlen ja nicht unbedingt stimmen muß,frägt sich der geneigte leser dieser erfolgsmeldung

     

    WIE HOCH IST DER IMPORTANTEIL AN DEN GESAMTEXPORTEN ÜBERHAUPT UND IST ER GESTIEGEN ODER GEFALLEN GEGENÜBER DEM VORJAHR

     

    erst nach beantwortung dieser frage kann die wirtschaftliche auswirkung unsrer ERFOlGSBILLION

    beurteilt werden.

  • TS
    Thomas Sch.

    Fehlerhafte Begründung. Wenn das richtigwäre, was Sie da zusammnschreiben, hätte Deutschland in Zeiten hoher Zinsen und hoher Währungsbewertung ja nie und nimmer erfolgreich sein können. War es aber. D.h., daß die niedirgen Zinsen und die momentane Bewertung des Euro sicher unserem Export nicht schaden, aber nicht ursächlich dafür sind. Sie verwechseln hier Korrelation mit Ursachenzusammenhang. Beispiel: Wenn es blitzt, dann kommt der Donner (Ursache/Wirkung). Aber: Wenn es ein Gewitter gibt, gibt es zwar meist Regen, aber nicht immer, denn es gibt auch Trockengewitter. Der Regen ist also nicht die Folge des Gewitters (Korrelation). Capito ?

  • SB
    Siegfried Bosch

    Mal wieder ein typischer TAZ-Artikel: Absolut einseitig und ökonomisch ungebildet.

    "Deutschland profitiere unmittelbar von der Euroschwäche."

    Nein. Deutsche Exporteure (und damit deren Eigentümer (die übrigens bei den großen DAX-Konzernen mehrheitlich in ausländischer Hand sind)) profitiert davon. Der gewöhnliche Deutsche profitiert überhaupt nicht davon. Übrigens haben die Leute in den GIIPS-Staaten deshalb mehr Kaufkraft als sie sonst hätten. Wer hier profitiert, lässt sich also gar nicht wirklich feststellen, sondern ist eine Frage der Gewichtung.

    Und übrigens müssen auch die Exporteure für Vorleistungen aus nicht €-Staaten mehr bezahlen, wenn der € an Wert verliert.

    Dass Deutschland übrigens von der Krise profitiert, stimmt auch deshalb nicht, weil Deutschland mit hunderten Milliarden € für die anderen Länder bürgt (wesentlich mehr als nur die EFSF-Bürgschaft (z.B. kommt noch TARGET2 etc. dazu)).

  • K
    Karl-August

    Dass die Importe mit 13% stärker gestiegen sind als die Exporte erwähnt Herr Lee vorsichtshalber mal nicht. Der taz-Leser muss ja auch nicht alles wissen.