Expert:innenrat zur Coronapandemie: Es ist noch nicht vorbei
Der Expert:innenrat empfiehlt, sich auf steigende Corona-Infektionszahlen im Herbst vorzubereiten. Wie schlimm es wird, weiß aber keiner.
In ihrem Papier sprechen sich die Wissenschaftler:innen für eine „vorausschauende Vorbereitung mit kurzen Reaktionszeiten“ aus, vor allem dann, wenn es zu einer Überlastung des Gesundheitswesens kommt oder eine neue, gefährliche Variante auftaucht. Aber: Niemand weiß derzeit, was im Herbst passieren wird. Die Wissenschaftler:innen skizzieren in ihrer Stellungnahme daher drei Szenarien.
Empfohlener externer Inhalt
Eine zeitnahe, bessere Koordination zwischen Bund und Ländern steht dabei im Fokus, zudem sollte die Patientenversorgung stärker in den Blick genommen werden. Der Rat spricht sich daher auch für eine bessere digitale Datenanalyse aus. Nachholbedarf gebe es vor allem bei Erhebungen in den Krankenhäusern: Wie viele Personen kommen mit einer Covid-19-Erkrankung? Wie viele Betten gibt es? Dazu bräuchte es eine validere Datengrundlage.
Beim günstigsten Szenario gehen die Expert:innen davon aus, dass es zwar viele Infektionen geben wird, aber die gesundheitliche Beeinträchtigung sich in Grenzen hält. Um auch andere saisonale Krankheiten einzudämmen, empfiehlt der Rat dann Masken zu tragen. Gibt es dagegen neue Varianten, aber schwerere Krankheitsverläufe, könnte es wieder zu lokalen Kontaktreduzierungen kommen. Quarantänemaßnahmen oder Isolationsregeln bei der Einreise fehlen im Papier. Dies soll nur bei wirklich schweren Verläufen zum Tragen kommen.
Cornelia Betsch, Expertin für Gesundheitskommunikation an der Uni Erfurt, betonte, die Aufklärung der Bevölkerung sei von großer Bedeutung. Es bräuchte einfache, gut erklärte Regeln sowie bundeseinheitliche Vorgaben. Der Expert:innenrat besteht aus WissenschaftlerInnen verschiedener Disziplinen, die gemeinsam der Bundesregierung Empfehlungen aussprechen, wie sie die Pandemie bewältigen kann.
Die gestiegene Zahl Infizierter in Portugal ist einer der Gründe, welche aktuell die Expert:innen beunruhigen. Innerhalb von kurzer Zeit verbreitete sich die Variante BA.5 dort und verursacht mittlerweile nach Angaben der portugiesischen Behörden rund 90 Prozent aller Infektionen. Die Inzidenz stieg seit Ende April deutlich an und es starben wieder mehr Menschen im Zusammenhang mit Corona. In Deutschland ist die BA.5-Variante noch nicht so verbreitet wie in Portugal. Laut RKI macht sie bisher 5 Prozent der Infektionen aus – Tendenz steigend.
Entsprechend brisant ist, dass noch kein Gesetz in Arbeit ist, um das Pandemiegeschehen nach dem 23. September einzudämmen. Bund und Länder kündigten bisher nur an, Kitas oder Schulen nicht mehr zu schließen. Es sollte keine Schnellschüsse geben, erklärte Kanzler Olaf Scholz (SPD), deshalb wollten sie auf die nun erschienene Erklärung des Expert:innenrats warten sowie auf eine Bewertung des Sachverständigenausschusses der bisherigen Maßnahmen.
Empfohlener externer Inhalt
Dieser soll bis Ende Juni darlegen, was geholfen oder geschadet hat. Doch schon vorab gab es Kritik am ersten Kapitel, das der Virologe Hendrik Streeck verantwortet. Fachkreise bemängelten, es sei handwerklich schlecht, berichtete die Süddeutsche Zeitung. Das Kapitel sei einseitig und betone die negativen Folgen der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Hendrik Streeck entgegnete, das Kapitel sei noch nicht fertig.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken