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Exilsyrerin über Anti-IS-Koalition„Mit Assad funktioniert das nicht“

Frankreich will den IS bekämpfen, zusammen mit dem syrischen Machthaber. Joumana Seif über Alternativen, die Rolle Deutschlands und Optimismus.

Menschen laufen durch zerstörte Straßen in Damaskus. Foto: reuters
Daniel Bax
Interview von Daniel Bax

taz: Frankreich zieht in den Krieg gegen den IS – an der Seite von Assad. Was halten Sie davon?

Joumana Seif: Das ist nicht logisch – mit Assad zusammen zu arbeiten, der die Ursache für den Terror in Syrien ist. Am Anfang des Aufstands hat er Hunderte von Kriminellen und radikalen Islamisten aus seinem Gefängnissen entlassen, aber friedliche Demonstranten eingesperrt. Nach internationalem Recht ist er ein Kriegsverbrecher, der Zivilisten bombardiert und Städte zerstört. Wenn der Westen jetzt Assad zur Seite springt, stärkt das seine Position und seine Behauptung, dass es keine Alternative zu ihm gibt.

Was wäre die Alternative?

Es muss eine politische Lösung geben, ohne Assad. Dann würden die syrische Armee und Rebellen gemeinsam gegen den IS kämpfen. Aber so lange Assad an der Macht bleibt, werden sie das nicht tun.

Hängt das nur von seiner Person oder seiner Familie ab?

Es geht um die Hauptverantwortlichen für das Morden – für die 50 bis 100 Leute, welche die Befehle dafür erteilt haben. Syrien muss sich von einer Diktatur zu einem demokratischen Land wandeln, das ein gutes Verhältnis zu all seinen Nachbarstaaten pflegt. Das sollte im Interesse der Welt liegen. Auch Russland sollte einsehen, dass Assad nicht seinen Interessen dient – und dass der Kreml keinen Interessenkonflikt mit dem syrischen Volk hat.

Im Interview: Joumana Seif

45, ist Mitbegründerin des syrischen Frauennetzwerks. In Damaskus war sie als Geschäftsfrau u.a. in der Industrie- und Handelskammer tätig. Ihr Vater, der Unternehmer Riad Seif, ist ein bekannter Oppositionspolitiker. Er saß als Mitverfasser der „Damaszener Erklärung“ von 2005 in Haft. Außerdem gehört er 2011 zu den Mitbegründern des „Syrischen Nationalrats“, dem Oppositionsbündnis gegen Assad mit Sitz in Istanbul.

Was kann Deutschland tun?

Wir sind Deutschland sehr dankbar. Auf der humanitären Ebene hat es ein gutes Engagement gezeigt. Aber es hat auch die Macht, sich stärker für eine politische Lösung und einen fairen Frieden einzusetzen, es hat Einfluss auf Russland und Europa.

Und was kann die syrische Opposition im Exil tun?

Die Hälfte der syrischen Bevölkerung ist ins Ausland geflohen. Hier setzen wir uns für politische Lösung ein, um Syriens Übergang von einer Diktatur zu einem Rechtsstaat vorzubereiten. Diese Bemühungen sind wichtig. Wir haben den Willen und die Kraft, ein neues Syrien aufzubauen.

Haben Sie noch Optimismus?

Natürlich. Aber die internationale Gemeinschaft muss jetzt handeln. Niemand in Syrien wird gegen den IS kämpfen, so lange Assad an der Macht bleibt. Das ist nicht akzeptabel. Aber wenn es eine politische Lösung gäbe, wäre das anders. Dann würde sich der IS nicht in Syrien halten können.

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8 Kommentare

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  • Sehr geehrte EU Politiker

    Perspektiven in den Herkunftsländern schaffen,ganz richtig.Dazu gehoert aber auch das Eingestaendnis unserer Politiker dass man etwas falsch gemacht hat in den Laendern woher all diese Fluechtlinge kommen.Wir haben in Syrien+Lybien gezielt Krieg,Verderb,Katastrophen,Tot gebracht.Absichtlich wurden diese Laender vernichtet und damit auch die Existenz der Fluechtlinge.Konsequentlich muessen wir das auch wiedergutmachen+bezahlen.Das Mieder was unsere Laender dazu gezwungen hat,die Nato,muss schnellstens in eine EU Organisation abgeaendert werden um nur EU Belangen zu dienen.

    Russische Anwesentheit+Aktivitaeten in Syrien sind auf Bitten der legitimen Regierung in Syrien also legal.Die Nato/USA haben sichselbst eingeladen sind also illegal

    Gerade durch den Krieg gegen Assad,die groesste Armee(200.000 Mann) die Terroristen bekaempft,ist die Situation so eskaliert und kommen die Fluechtlinge nach Europa.Der Krieg gegen Assad zieht das Konflikt in die Laenge und vernichtet die einzigste Moeglichkeit die Terroristen zu vernichten bevor sie in Europa zuschlagen

  • Erst blutige Revolution, dann einen demokratischen Rechtsstaat aufbauen. Das hat ja in Lybien, Ägypten und den anderen Staaten nach dem Arabischen Frühling auch wunderbar funktioniert, oder...?

    • @Cerberus:

      Revolution braucht zuerst Solidarität. Nur eine solidarische Gesellschaft kann sich erfolgreich ihrer Tyrannen entledigen.

  • Ich bin bereits von der ersten Antwort komplett verwirrt. Laut unseren Medien gab es in Syrien bis etwa 2013 gar keine Extremisten. Im Interview werden sie aber ganz zu Anfang freigelassen. Stattdessen werden "friedliche Demonstranten" inhaftiert.

    In meinem Syrienbild ist Assad der einzige Garant für ein laizistisches Syrien. In Ägypten hoffte ich noch, dass sich eine demokratische Revolution durch die innere Kraft ihrer Argumente gegen den religiösen Konservatismus durchsetzen kann. Aber in der ganzen syrischen Exil-Opposition konnte sich bisher niemand auch nur friedfertig mit mehreren anderen Exil-Oppositionellen an einen Tisch setzen. Bei den derzeitigen Verhandlungen wurden sie gar nicht mehr eingeladen. Immerhin vermittelte mir das Interview ein ungefähres Gefühl für die individuellen Unversöhnlichkeiten in der Exil-Opposition.

    Die Oppositionellen müssen lernen, aufeinander zu zugehen, statt aufeinander zu schießen. Die Assads haben über Jahrzehnte gezeigt, dass sie zu Religionsfreiheit gewähren können. Ich glaube zu spüren, dass da noch mehr möglich war/wäre.

  • Naja. Wird wohl auch Syrer geben, die das anders sehen. Das Prädikat "Exilsyrerin" beinhaltet ja keinen absoluten Wahrheitsanspruch.

  • Die syrische Armee, die von der syrischen Regierung kommandiert/geführt wird,

    ist der einzige relevante Gegner der Terroristen am Boden.

    Assad kann und darf jetzt nicht zurücktreten, er ist zu wichtig für die Armee und

    den Teil der Bevölkerung, der ihn und die Armee unterstützt.

    Freie Wahlen sind wichtig, sind aber jetzt im Krieg unmöglich durchzuführen.

    Die Gruppen, die für Demokratie in Syrien eintreten, sollten ihren militärischen

    Kampf gegen die syrische Armee jetzt einstellen. Einige haben das schon getan,

    und es gibt entsprechende Angebote der Regierung.

  • Unrecht muss man mit Recht bekämpfen, wie unsere Bundeskanzlerin, Frau Angela Merkel im Kontext der Flüchtlingskrise zurecht gesagt hat.

     

    Asad hat sehr viele Menschenleben an seinem Gewissen. Kann man davor die Augen verschließen? Wie unterscheidet sich Assad von Binladen, der Menschen auf einem Fussballplatz vor der Bevölkerung hinrichten ließ? Wie unterscheidet sich Assad von dem Prinzen Saudi-Arabiens, der maasenhafte Enthauptungen in seinem Land höchstperönlich unterschreibt?

    • @Stefan Mustermann:

      Er unterscheidet sich darin 1) das er nicht nach der US und Westpfeife tanzt! 2) Weil er reagiert und für seine laizistische Idee von einem Syrien bereit ist zu sterben. 3) Niemanden ausbeutet und keinesfalls an seinem Posten "klebt".