piwik no script img

Ex-Pirat Lauer mischt die Berliner SPD aufKlarmachen zum Ändern!

Kaum in die Partei eingetreten, hat Neumitglied Christopher Lauer der SPD gleich ein Altmitglied vergrault. Dabei könnte etwas Konfliktbereitschaft der Partei gut tun.

Neugenosse vor Altgenosse. Zusammenhalt muss noch besser werden. Foto: DPA

Na, da haben sich die Berliner SozialdemokratInnen ja einen schönen Lauer in den Pelz gesetzt. Der bringt sie gleich richtig zum Tanzen – und das, wo die alte Tante SPD selbst in ihrer Hauptstadtvariante so gar nicht mehr eingestellt ist auf Aus-der-Reihe-Tanzer, Eigene-Meinung-Haber-und-diese-auch-noch-laut-und-vernehmlich-Kundtuer wie den Expiraten.

Dabei dürfte dessen allseits bekannte große Klappe durchaus ein Grund gewesen sein, warum der rostige Seelenverkäufer SPD sich den lauten jungen Seemann an Bord geholt hat. Denn Aufmerksamkeit erhält die ehemalige Volkspartei nur noch selten für Gesprochenes – da muss schon mal ein Parteivorsitzender den Stinkefinger zeigen, damit die Crowd laut „Uhhhh“ macht, mehr Fantasie haben die GenossInnen nicht mehr. Dass der Neue jetzt aber gleich auf Berlins PolizistInnen eindrischt, geht den im öffentlichen Dienst gut vernetzten HauptstadtsozialdemokratInnen dann doch zu weit.

„Langsam entsteht bei mir der Eindruck, die @polizeiberlin schießt jetzt so lange jede Woche auf einen Mann mit Messer, bis der Taser da ist“, hatte Lauer getwittert, nachdem Polizisten vergangene Woche einen Mann erschossen haben. Dass einer seiner neuen Parteifreunde zurücktwitterte: „Schade, dass sein Mitpirat nicht auf ihn gestanden hat“, ist nicht nur eine hässliche Anspielung auf Lauers Mitpiraten Gerwald Claus-Brunner, der erst einen jungen Mann und dann sich selbst umgebracht hat. Nach Meinung der SPD-Bundestagsabgeordneten Eva Högl ist es gar eine „Morddrohung“: Laut B.Z. empfiehlt sie, eine Strafanzeige gegen den twitternden Genossen Mario Reimann zu erstatten.

Vielleicht war diese Geschmacklosigkeit des SPDlers auch der Beginn einer neuen Kommunikations- und Konfliktkultur? Das wäre der SPD zu wünschen gewesen. Denn die autoritäre Durchhierarchisierung der vergangenen Jahre hat der Partei weder bei potenziellen WählerInnen noch möglichen Neumitgliedern Sympathien eingebracht. Wer eine eigene Meinung äußern wollte, ging lieber zu den Grünen.

Und vielleicht tut Genosse Reimann das ja bald auch. Denn von seinen Ämtern in der SPD ist der Lauer-Kritiker schon zurückgetreten. Alles beim Alten in der SPD? „Klar zum Ändern“, war einst ein Wahlslogan der Piratenpartei. Die war zu jung und zu instabil, um das auszuhalten. Der SPD täte es gut, durch frischen Wind mal ein bisschen ins Schlingern zu kommen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Themen #Piraten
Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!