piwik no script img

Ex-Linkenchef soll Klimaausschuss leitenPorsche-Klaus liebt die Autos

Trotzdem hat ihn die Bundestagsfraktion nun für den Vorsitz des Ausschusses für Klima und Energie nominiert. Nicht wenige Linke sind irritiert.

Der Autoliebhaber als Chef des Klimaausschusses? Der Linke Klaus Ernst ist umstritten Foto: Xander Heinl/ photothek/imago

Berlin taz | „Bist mit dem Porsche gekommen?“, fragte ein Genosse Klaus Ernst 2018 bei einer Wahlkampfveranstaltung. Ernst und Porsche – das gehört für viele zusammen. Nicht nur weil der Bayer, als er noch Linken-Parteichef war, tatsächlich in einem weißen Porsche durch die Gegend brauste.

Sondern auch, weil sein Leben eng mit der Automobilindustrie verwoben ist. Geboren 1954 in München, Ausbildung zum Elektromechaniker. Mit 18 Jahren Eintritt in die IG Metall, nach dem VWL-Studium Gewerkschaftssekretär und unter anderem Arbeitnehmervertreter im Porsche-Aufsichtsrat.

Auch als Linken-Abgeordneter machte Ernst keinen Hehl aus seiner Liebe zum Auto: Er kritisierte Anfang 2020 die Klimapläne der Linken, die ab 2030 auf Verbrennungsmotoren verzichten will, sah darin „eine gewisse Autofeindlichkeit und setzte dagegen auch auf „Verbrennungsmotoren, die mit Biogas oder Synfuels laufen“. Erst im Juli twitterte er ein Foto von sich vor einem Wasserstoffauto, das er gerade Probe gefahren war. Fazit: „Individuelle und ökologische Mobilität, es geht also!“

Mit den klimapolitischen Forderungen der Linken, die vor allem auf einen Ausbau des Nahverkehrs, auf Bahn und Fahrrad setzt, hat das nicht viel zu tun. Trotzdem hat ihn die Bundestagsfraktion nun für den Vorsitz des Ausschusses für Klima und Energie nominiert. Die Entscheidung fiel mit 23 zu 14 Stimmen klar für Ernst aus. Nicht wenige fragen sich, was die Ge­nos­s:in­nen im Bundestag da eigentlich treiben? Zumal sich der rüstige Ernst einst selbst gegenüber der taz als „eine Art Auslaufmodell“ bezeichnete.

Posten nach Loyalität vergeben

Die naheliegende Antwort lautet, dass das von Fraktionschef Dietmar Bartsch geschmiedete Mehrheitsbündnis nun mal so funktioniert: Wichtige Posten – der Klimaausschuss als einziger, den die Linke führen darf – werden nach Loyalität vergeben. Und Ernst liegt in puncto Autofahren mit Bartsch, der auch gern aufs Gaspedal drückt, auf einer Wellenlänge.

Andererseits hat er der Fraktionsspitze aber auch laut widersprochen. Etwa wenn es um Sahra Wagenknecht ging und deren Umgang mit Kritik. „Eine andere Meinung zu haben ist doch kein Mobbing“, polterte Ernst. Im Zweifel stellt Ernst eigene Überzeugungen vor Parteidisziplin. 2004 prangerte er, damals noch als SPD-Mitglied, öffentlich die Agenda-Politik an. Und wurde aus der Partei geschmissen. Gemeinsam mit anderen Abtrünnigen gründete er die WASG, die später mit der PDS fusionierte.

2020 lud er Gerhard Schröder, inzwischen Gaslobbyist, in den Wirtschaftsausschuss ein und ließ ihn zu der in seinen Augen dringend benötigten Gaspipeline Nordstream2 befragen. Nicht nur Linke-Genossen fanden das befremdlich. Wenn Bartsch nun Ernst den Klimaausschussvorsitz anvertraut, dann vielleicht auch in der Hoffnung, dessen Renitenz zu zähmen.

Doch Ernst wird als Ausschussvorsitzender wohl weder die Positionen der eigenen Partei noch Entscheidungen der Fraktion verteidigen, die ihm gegen den Strich gehen. Er wird sein Ding machen. Und er fährt übrigens schon seit Jahren einen Audi.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • 0G
    05867 (Profil gelöscht)

    Ich kann nicht erkennen, wieso hier bei der Linkspartei kritisiert wird, was man den Grünen durchgehen läßt.

    Auch dort werden Posten nach Loyalität und Flügelzugehörigkeit vergeben, und nicht nach Kompetenz.



    Sogar Ministerposten ...

  • "Porsche-Klaus liebt die Autos



    Trotzdem hat ihn die Bundestagsfraktion nun für den Vorsitz des Ausschusses für Klima und Energie nominiert."

    Muss man für den Job Porsche hassen?

  • "Er kritisierte Anfang 2020 die Klimapläne der Linken, die ab 2030 auf Verbrennungsmotoren verzichten will, sah darin „eine gewisse Autofeindlichkeit und setzte dagegen auch auf „Verbrennungsmotoren, die mit Biogas oder Synfuels laufen“.



    Womit er vollkommen recht hat. Bio- und Synfuels sind mit geringem Aufwand lagerfähig, im Gegensatz zu Elektrizität.



    "Zumal sich der rüstige Ernst einst selbst gegenüber der taz als „eine Art Auslaufmodell“ bezeichnete."



    Womit er ebenfalls recht hat. Vernunft ist ein Auslaufmodell.

  • Ich kann die Ernst's, Bartsch's erw. nicht mehr sehen.



    Übrigens auch die Wagenknecht's.



    Die sind wie festgetackert.

  • Bestätigt mich, weshalb es richtig war, zur letzten BTW nicht mehr die Linke zu wählen

    • @onesimus:

      Und ich habe sie trotz Ernst, Wagenknecht usw. gewählt. Mangels Alternative.

    • @onesimus:

      Hast ja recht.



      Aber siehst du eine Alternative?

      • @Acadrian:

        @IO JAP &ACADRIAN, leider nicht wirklich. Dabei schätze ich hier vor Ort das Personal als recht vernünftig ein. Kommunalwahlen kein Problem...................