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■ Europas Vorbehalte gegen eine italienische Teilnahme am EuroItalien taugt nicht mehr als Prügelknabe

Italien hat in Sachen Europa zweifellos schwere Schuld auf sich geladen. Das Land will partout nicht mehr das schwarze Schaf der Union sein. Und das geht natürlich nicht. Wo kämen denn die anderen da hin, wenn sie niemanden mehr hätten, auf den sie einschlagen können?

Da hatten sich die Wahlkämpfer aller EU-Völker so schön drauf eingestellt, mit Hilfe des Aufschreis „Italien!“ ihre jeweilige Klientel hinter sich zu scharen: Euro-Befürworter mit dem Hinweis, daß man gerade durch den Ausschluß Italiens die Härte des Euro beweisen werde; Euro-Skeptiker, indem sie den Befürwortern unterstellten, sie würden am Ende doch noch ein Einlaßloch für die Südstaatler öffnen. Für konservative Politiker war besonders komfortabel, daß in Italien seit knapp zwei Jahren eine Mitte-links- Koalition unter Einschluß der Neokommunisten regiert – solchen Leuten ist man ja schließlich überhaupt nichts schuldig.

Bis vor kurzem zogen die Italiener den Kopf ein und gaben kleinlaut zu, daß bei ihnen ja wirklich so ziemlich alles in Unordnung sei. Doch plötzlich tritt jedem, der Zweifel an der Euro-Tauglichkeit des Zitronenblütenlandes anmeldet, ein fast schon belustigt wirkender Regierungschef Romano Prodi entgegen und verweist darauf, daß Italien etwa in Sachen Inflation besser dasteht als Deutschland, in der Neuverschuldung besser als Frankreich, im Schuldenabbau besser als Spanien. Als der Spiegel Anfang der Woche kolportierte, Holland sperre sich gegen einen Beitritt Italiens in der ersten Runde, gab die Lira nicht mal mehr zwei Punkte gegenüber der Mark nach. Als angesichts der Asienkrise die europäischen Börsen abstürzten, zog allein der Mailänder Finanzplatz heftig nach oben. Konsequent haben denn auch die wichtigsten US-Finanzforschungsinstitute die Bonität Italiens vom mageren A1 bis zum hohen AA (die Höchststufe soll in diesem Jahr folgen) eingestuft.

Nun gibt es zwar keinen Zweifel, daß die wundersame Konsolidierung Italiens zum guten Teil auch auf eine kreative Haushaltsführung zurückzuführen ist. Nur: welche andere EU-Regierung kann hier den ersten Stein werfen? Das Vertrauen der Finanzleute und der Makler gründet längst nicht mehr auf den öffentlichen Bilanzen, sondern auf der Art und Weise, wie die Italiener es immer wieder schaffen, sich aus aussichtslosen Situationen herauszuhieven. Und davon könnte Europa in der Tat allerhand lernen. Auch wir Deutschen, die wir so gerne auf die „Itaker“ hinabsehen. Mit verbalen Ausfällen gegen Italien ist jedenfalls kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Werner Raith

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