Europäischer Gerichtshof: Banker-Boni bleiben wohl begrenzt
Seit Anfang 2014 ist der Bonus an das Festgehalt gekoppelt. Großbritannien klagte im Interesse seiner Finanzmanager. Wahrscheinlich erfolglos.
FREIBURG taz | Die Deckelung der Banker-Boni kann wahrscheinlich bestehen bleiben. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) wird die Klage Großbritanniens vermutlich zurückweisen. Eine Ursache der großen Finanzkrise bestand darin, dass Banken zuviel Risiken eingingen. Triebfeder waren unter anderem Bankmanager, die bei hohen Gewinnen gewaltige Boni erhielten, oft ein Vielfaches ihres Festgehalts.
Solchen Entwicklungen wollte die EU einen Riegel vorschieben. Seit Anfang 2014 dürfen Bänker deshalb grundsätzlich nur noch so viel Boni erhalten wie fixes Gehalt. Nur ausnahmsweise sind doppelt so hohe Boni möglich – wenn die Aktionäre ausdrücklich zustimmen. Für diese Koppelung stimmten im April vorigen Jahres 608 Abgeordnete des Europaparlaments, nur 33 waren dagegen. Im EU-Ministerrat, dem Gremium der Regierungen, opponierte am Ende nur noch Großbritannien. Nachdem die Briten politisch gescheitert waren, gingen sie vor Gericht.
Am Montag verhandelte der Europäische Gerichtshof in Luxemburg. Hauptargument der Briten: Die EU hat gar keine Kompetenz, eine solche europaweite Bonusschranke einzuführen. Beim derzeitigen Stand der Integration dürfe die EU keine Regelungen über die Vergütungen von Beschäftigten beschließen. Das sei in den EU-Verträgen ausdrücklich verboten (Artikel 153 Absatz 5 AEUV). Auch im Interesse einer „vermeintlich guten Sache“ dürfe es keine Kompetenzüberschreitungen geben, kritisierte der britische Vertreter.
Stabilisierung des Banksystems
Damit standen die Briten in Luxemburg jedoch ganz allein. Die Juristen von Ministerrat, EU-Kommission und Europäischem Parlament verteidigten die Bonusschranke. Das Verbot von EU-Lohnregelungen greife hier nicht. Schließlich solle es lediglich die Tarifautonomie von Gewerkschaften und Arbeitgeber schützen. Die EU könnte also zum Beispiel keinen EU-weiten Mindestlohn einführen.
Bei den gedeckelten Bänkerboni gehe es dagegen nicht um Sozialpolitik, sondern um die Stabilisierung des Bankensystems. „Niemand sorgt sich um die Lebensbedingungen der Bänker“, sagte der Vertreter des Rats, Matthew Moore. Moore warf den Briten vor, sie nähmen die Risiken immer noch nicht ernst. In einem eng vernetzten Binnenmarkt gebe es schnell Domino-Effekte. Wenn eine Bank kippt, könnte andere Institute und ganze Volkswirtschaften folgen. Deshalb sei eine europäische Regelung der Boni notwendig.
Risikofreude zügeln
„Es geht nicht um die Höhe der Bänker-Vergütung, sondern um die Struktur“, betonte der Vertreter der EU-Kommission. Wenn geringere Boni künftig durch höhere Festgehälter kompensiert werden, sei dies durchaus in Ordnung. Ziel sei es nicht, die Manager zu schröpfen, sondern ihre Risikofreude zu zügeln. Das Urteil wird voraussichtlich im Frühjahr 2015 verkündet.
Zuvor wird am 20. November noch der unabhängige Generalanwalt Niilo Jääskinen sein Gutachten erstatten, mit dem das Urteil vorbereitet wird. Die Erfolgsaussichten der britischen Klage sind jedoch gering, Koen Laenarts, Vizepräsident des Gerichts und federführender Richter in diesem Verfahren, ließ gestern bereits klar erkennen, dass ihn die britischen Argumente nicht überzeugt haben.
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