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Europäischer Gerichtshof billigt ESMRettungsschirm gerettet

Der Euro-Rettungsschirm ESM ist rechtmäßig. Der Europäische Gerichtshof hat am Dienstag die Klage eines irischen Abgeordneten zurückgewiesen.

Erlaubter Schirm: Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) widerspricht nicht dem Unionsrecht. Bild: dapd

KARLSRUHE taz | Der im Oktober errichtete Eurorettungsfonds ESM muss nicht rückabgewickelt werden. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erklärte den Hilfsfonds am Dienstag per Eilurteil für rechtmäßig.

Das Verfahren hatte der links-unabhängige irische Parlamentsabgeordnete Thomas Pringle ins Rollen gebracht. Er hatte geklagt, dass eine Änderung der EU-Verträge (Art. 136 AEUV) zur Einrichtung von Rettungsfonds nur im vereinfachten Verfahren beschlossen wurde.

Auf EU-Ebene sei deshalb zu Unrecht kein großer Konvent zur Vertragsverhandlung einberufen werden. Und in Irland genügte die Zustimmung des Parlaments; eine Volksabstimmung musste nicht durchgeführt werden. Zunächst klagte Pringel vor irischen Gerichten, doch der irische Supreme Court hatte im Juli die Frage dem EuGH vorgelegt.

Der EuGH nahm das Problem sehr ernst und ordnete wegen der „außerordentlichen Dringlichkeit“ ein beschleunigtes Gerichtsverfahren an. Außerdem wurde der Fall im Plenum aller 27 EuGH-Richter entschieden, auch das eine große Ausnahme. Die Bundesregierung erklärte bei der mündlichen Verhandlung im Oktober, der ESM hätte auch ohne die Änderung von Artikel 136 eingerichtet werden können. Schließlich beruhe der ESM auf einem speziellen völkerrechtlichen Vertrag und nicht auf einem EU-Beschluss.

ESM startete auch ohne Änderung der EU-Verträge

Das erstaunte etwas, da die Änderung von Artikel 136 einst auf deutschen Druck erfolgte, weil man eine eindeutige Rechtsgrundlage für solche Rettungsfonds haben wollte. Die anderen Eurostaaten, die den Rettungsfonds schon immer ohne Vertragsänderung einführen wollten, schlossen sich der Haltung der Bundesregierung an.

Der EuGH entschied nun ebenfalls, dass der geänderte Artikel 136 nur die bereits bestehende Zuständigkeit der EU-Mitgliedstaaten bestätigte. Dass es auf die Änderung von Artikel 136 nicht ankomme, sehe man schon daran, dass der ESM bereits Anfang Oktober eingerichtet wurde, während Artikel 136 erst im Januar 2013 in Kraft treten wird.

Auch sonst hatte der EuGH keine Bedenken gegen den Rettungsfonds. Insbesondere verstoße er nicht gegen die sogenannte Nichtbeistandsklausel. Diese besagt, dass weder die EU noch einzelne Mitgliedstaaten für die Schulden anderer Mitgliedstaaten haften. Damit, so der EuGH, sei aber nicht verboten, dass die Mitgliedstaaten einen Fonds gründen, um andere Mitgliedstaaten mit Darlehen und Garantien zu unterstützen – „vorausgesetzt, die daran geknüpften Auflagen sind geeignet, diese zu einer soliden Haushaltspolitik zu bewegen“.

Der ESM (die Abkürzung steht für Europäischer Stabilitätsmechanismus) ist eine Art Bank. Der ESM soll Eurostaaten helfen, wenn sie Probleme haben, sich am normalen Kapitalmarkt zu erträglichen Zinsen zu finanzieren. Laut Vertrag haftet Deutschland für 27 Prozent der Gesamtsumme von 700 Milliarden Euro, das sind 190 Milliarden Euro. Das Bundesverfassungsgericht billigte den ESM-Vertrag bereits im September.

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3 Kommentare

 / 
  • KG
    Karl Gernholz

    Der große Raubzug

     

    Das Debt Sharing (Mitbenutzung von Fremdkapital) Projekt der Europäischen Union wird vorbereitet. Die Finanzminister der 27 EU Mitgliedstaaten sind sich einig. Ab dem Jahr 2013 gilt der operative European Stability Mechanism (Europäischer Stabilitätspakt).

     

    Bundeskanzlerin Merkel will die Agenda 2010, also Hartz I-IV, die Deregulierung des Arbeitsmarktes, also Billigstlöhne, (arbeiten für einen Kanten Brot und eine warme Suppe), in Deutschland schon Realität, und Rentenkürzungen bis zum Existenzminimum durchsetzen. Dies ist eine Enteignung der Deutschen sowie Europäischen Bevölkerung.

     

    Die EU lehnt eine Beteiligung der Verursacher der Finanzkrise ab. Merkels Pläne für den ständigen Europäischen Rettungsschirm sind zudem grundgesetzwidrig. Die Vertragsänderung wurde am Deutschen Parlament vorbei, im EU- Parlament beschlossen. Weitab von demokratischen Strukturen, weitab von christlichen und sozialen Grundsätzen der bürgerlichen Gesellschaft. Die Profiteure sind die Banken und die globalen Großkonzerne. Die Deutsche und Europäische Bevölkerung wird in die Armut getrieben.

     

    Der Kapitalismus lebt und ernährt sich von Krisen. Er schafft Krisen. Der Kapitalismus benötigt Ungleichheiten, also Gegensätze Arm und Reich. Kapitalismus ist der Weg der Gesellschaft in die Primitivität. Höhere Einkommensgruppen verurteilen sozial Schwache. Politik und Wirtschaft handeln dementsprechend primitiv. (siehe Erhöhung der Regelsätze um 4 €).

     

    Der ständige Rettungsschirm wird in der Lage sein, Kredite mit Wucherzinsen bis zu 500 Milliarden Euro zu vergeben. Damit er sich am Kapitalmarkt refinanzieren kann, benötigt der Rettungsschirm Sicherheiten in Höhe von 700 Milliarden. Das Eigenkapital in Höhe von 80 Milliarden wird dann mit abrufbaren Krediten in Höhe von 620 Milliarden bei den Krisenverursachern den Banken und in der Wirtschaft geordert. Der Steuerzahler bezahlt. Der Räumungsverkauf des Deutschen Volkes wird auf den Weg gebracht. Das von den EU Ländern aufgebrachte Eigenkapital, muss der Sparrücklage entnommen werden. Es gibt aber keine Rücklagen. Der große Raubzug der oberen Oberschicht, hat gerade erst begonnen.

     

    Der völlig absurde „permanente Rettungsschirm“ ist zudem ein dauerhafter Verfassungsbruch. Jetzt werden Tatsachen geschaffen, die nicht mehr Rückgängig gemacht werden können, da die Auswirkungen das Volk schon lange erreicht haben werden.

     

    Das Ganze wie immer im „Namen des Volkes“. Das Voßkuhlsche (SPD) BVerfG hat die verfassungswidrigen und existenziell gefährlichen Beschlüsse der Bundesregierung nicht gestoppt. Eine unabhängige Justiz, gibt es in Deutschland schon lange nicht mehr. Irgendwann, also 2014 oder später, wird das EU- Vernichtungswerk der Mächtigen im Finanzmarkt erfolgreich abgeschlossen sein. Dann aber wird das Urteil des EuGH ohne Bedeutung sein, denn der Billionen schwere Schaden ist schon eingetreten. Deutschland soll abgewickelt werden. Hinter alldem steht die Einigkeit der SPD, der Grünen, der CDU und der FDP. Alle vier genannten Parteien, wurden entweder vom Großkapital hinters Licht geführt oder aber die Politiker paktieren mit den Herren und Damen des Geldes.

     

    Die deutschen „Eliten“ in Legislative, Exekutive und Judikative versagen alle. Der Eid „dem deutschen Volke zu dienen“, ist eine plumpe Verarschung der Bevölkerung. Armes Deutschland- bald nicht nur im geistigen Sinne sondern auch ganz konkret im materiellen Sinne.

     

    SPD, Grüne, CDU und FDP sind nicht mehr wählbar.

  • E
    erika

    Dieser Mr. Pringle aus Irland ist

    ein Lichtstreif am mitternachtsfinsteren

    Firmament.

    Warum haben nicht 80 Mio. Deutsche

    mit geklagt?

    Bitter, dieser alte Augen-Zu-Und-Durch-Stil

    der Deutschen. Nicht heroisch, sondern

    Methode Vogel Strauß.

    Wenn das nicht wieder ..... endet!

  • M
    manfred (60)

    Hat irgend jemand ernsthaft eine andere Entscheidung erwartet? Dennoch: Respekt vor denen, die es wenigstens versucht haben und die noch nicht dem Alternativlosigkeitswahn verfallen sind