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Europäische Schwäche gegenüber den Amerikanern

■ WEU will Konkurrenzfähikeit der europäischen Rüstung auf dem Weltmarkt verbessern

„Nationale Alleingänge vom Stiefel bis zum Geschütz“ beklagte Bundesverteidigungsminister Volker Rühe am Montag bei der Diskussion der Erfurter WEU-Tagung über militärische Rüstung in Europa. Mit den „Alleingängen“ soll jetzt endgültig Schluß sein. Zumindest bekräftigten die in Thüringen versammelten Verteidungsminister der zehn Vollmitglieder der Westeuropäischen Union sowie der drei assoziierten Staaten einen Beschluß, den WEU-Tagungen in den letzten Jahre schon mehrfach gefaßt hatten: die Schaffung einer „Europäischen Rüstungsagentur“. Sie soll die „Europäisierung der Rüstung“ von der Entwicklung bis zur Produktion vorantreiben. Innerhalb der nächsten zwölf Monate soll ein „Aufbauplan“ für diese Agentur erarbeitet werden.

Angestrebt wird ein Verhaltenskodex, in dem sich die beteiligten Regierungen verpflichten, Rüstungsprojekte künftig nicht nur national, sondern in allen WEU- Staaten auszuschreiben. Auf diese Weise sollen die von Rühe kritisierten „Parallelentwicklungen“ häufig sehr ähnlicher Rüstungsprojekte in verschiedenen europäischen Ländern verhindert werden. Sie sind wesentlicher Grund für die bisherige „europäische Schwäche“ (Rühe) im Konkurrenzkampf mit den USA. Die größte „Herausforderung“ sehen Rühe und seine Amtskollegen in dem kürzlich durch Fusion entstandenen US- Konzern Boeing-McDonald- Douglas, der derzeit den Weltmarkt für militärisches Fluggerät beherrscht. Nur durch die Einsparung von Kosten und die Bündelung von Ressourcen, insbesonders durch „Zusammenführung von Spitzentechnologie“, hat Europa nach Überzeugung der WEU-Minister eine Chance gegen die US- amerikanische Konkurrenz.

Ein zentrales Argument der Verteidigungsminister für eine gemeinsame Entwicklung und Produktion von Flugzeugen, Panzern und Schiffen sind künftige Militäreinsätze europäischer Staaten in Krisenregionen; in Ex-Jugoslawien ist das in den letzten Jahren bereits passiert. Ohne eine „Standardisierung der Ausrüstung“ seien derartige Einsätze schwer durchführbar. Um künftig auch „Kriseneinsätze ohne Beteiligung der USA“ durchführen zu können, müßten sich die westeuropäischen Staaten gemeinsam auch all die Waffensysteme und Transportmittel beschaffen, über die bislang lediglich die USA verfügen. Andreas Zumach

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