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Europa und sonst gar nichts

■ Europa-Tag: Käsehäppchen auf dem Markt, Fahnen und Gesprochenes

Markt

+ Roland

Gestern war Europa-Tag. Und deshalb gab es auf dem Bremer Marktplatz Käse aus 12 Ländern, Lakritz aus Holland, Spargel aus Nienburg, Rauchwurst aus Rostock. Sogar der holländische Blumenkönig bot seine schnellwüchsigen Yucca-Palmen mit Blick auf den Roland an; unter straff und feierlich wehende Europa- und Deutschland-Fahnen warteten lehrreiche Europa-Broschüren auf Tapetentischen wie die französischen Crepes auf Zubiß.

Innen, im Foyer der Bürgerschaft, hingen die Fahnen schlaffer, obwohl es hier durchaus Wind gab. Es gab nämlich nicht nur Schönwetterreden zwischen allerlei Grußworten und der Gute- Laune-Musik des Norddeutschen Salon-Orchesters. Bürgerschafts- Präsident Dieter Klink („zu Europa gibt es keine Alternative“) kritisierte, daß die EG gegenüber den Ostblock-Ländern ihre Märkte sperrt, „um liebgewordene Besitzstände in Frage zu stellen“. Zum neuen Nationalismus und zum Völkermord „am Balkan“ hatte Klink allerdings vorsichtshalber nur die vage Frage: „Was tut die EG, um das Blutvergießen zu stoppen?“

Prof. Hellwege, Hauptgeschäftsführer der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels, klärte auf, daß Europa „der größte geschlossene Wirtschaftsraum der Welt“ sei mit 325 Mio. Menschen. Erregistrierte „keine besondere Euphorie“ des Einzelhandels durch den Binnenmarkt, war gegen Subventionsmentalität und für flexibel reagierenden Handel.

Der Gast aus Italien, „dessen Name seit Jahrhunderten mit dem Handel in Europa verbunden ist“ (Klink), Marchese Piero Antinori, sprach kurz und deutlich. Das „magische Jahr 93“ des vereinten Kontinents sei ein Gespinst geblieben: „Nichts ist geschehen.“ Währungskrise und Rezession hätten zwischen den Ökonomien der Länder als Sprengsatz gewirkt, die Autobranche erwarte wie andere einen alarmierenden Absatzrückgang — und vor allem: Europa als Hoffnungsträger stecke in der Krise. Maastricht sei bedroht, die Gattverhandlungen steckten fest. Inflation, Schulden, Zinsniveaus der Länder zeigten das Gegenteil ihrer Annäherung: „Das Gesamtbild ist negativ.“ Was soll passieren? Forschung und Innovation orientiert an Angebot und Nachfrage, Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft zur Verbreitung von Innovation, und die alte Hoffnung: Integration durch Konzentration aufs Wirtschaftswachstum — „statt auf die Verteilung der Gewinne“. Was soll rauskommen? „Mehr Einigkeit und dadurch mehr Wohlstand und Freiheit“. S.P./F.: JO

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