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Europa-Wahlprogramm der Linken„Zu national“ für Gysi

Die Linke ist uneins über ihren europapolitischen Kurs, der auf einem Parteitag im Februar entschieden wird. Fraktionschef Gysi findet den Entwurf zu kritisch.

Gysi wünscht sich Subtilität: Kritik am EU-Neoliberalismus, ohne als Gegner der europäischen Integration zu erscheinen Bild: reuters

BERLIN dpa | Linksfraktionschef Gregor Gysi hat sich von einzelnen Formulierungen im Entwurf für das Europa-Wahlprogramm seiner Partei distanziert. Die Präambel, in der die EU als „neoliberale, militaristische und weithin undemokratische Macht“ bezeichnet wird, sei nicht ganz gelungen, sagte er der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. „Ich bin sicher, dass da noch etwas geändert wird.“

Gysi kritisierte auch die Forderung nach Austritt aus den militärischen Strukturen der Nato. „Das ist mir zu national gedacht“, sagte er. „Das hieße ja, die Nato bleibt wie sie ist, nur Deutschland nimmt nicht mehr daran teil.“ Gysi sprach sich stattdessen dafür aus, die Auflösung der Nato und die Gründung eines neuen Systems für Sicherheit und Zusammenarbeit zu fordern.

Die Linke will auf einem Parteitag am 15. und 16. Februar über das Europa-Wahlprogramm entscheiden. In den Entwurf der Parteispitze wurden auf Druck der EU-Kritiker im Vorstand nachträglich mehrere Änderungen eingebaut. Es handele sich trotzdem im Kern um einen pro-europäischen Programmentwurf, sagte Gysi. „Für uns linke Internationalisten gibt es kein Zurück zum früheren Nationalstaat. Wir müssen Befürworter der europäischen Integration sein.“

Das heiße aber nicht, dass die Linke der EU nicht kritisch gegenüberstehen könne. „Die betreibt eine neoliberale Wirtschaftspolitik, und sie steht jetzt für das Unsoziale, wenn ich an die knallharten Sparauflagen der Troika denke“, sagte Gysi.

Der niedersächsische Bundestagsabgeordnete Diether Dehm hat für den Hamburger Parteitag einen Gegenentwurf vorgelegt, der noch deutlich EU-kritischer als der des Vorstands ist. Die Linke will bei der Wahl am 25. Mai 2014 mindestens das Ergebnis der Bundestagswahl von 8,6 Prozent wiederholen. Bei der letzten Europawahl kam sie auf 7,5 Prozent.

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18 Kommentare

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  • Nachdem ich mir gestern beim Nachmittagskaffee mit Kuchen Gysis preisgekrönte Rede mit dem Grinsen eines Schadenfreudigen reingezogen hab und grad dabei war diesen Artikel zu lesen wo in einer Präambel der Linken die EU als Neoliberal, militaristisch und als eine weithin undemokratisch Macht dargestellt wird, was ich absolut abnicken kann, da kommt der Gysi daher und sagt:"Quatsch so wie das dasteht ist zu nationalistisch, da wird sicher noch was geändert." Dann tönt er weiter:" Für uns linke Internationalisten, gibt's kein zurück mehr zum Nationalstaat"

    Soweit versteh ich auch noch.Weil er sich aber so gern reden hört, setzt er fort: "Das heisse aber nicht, dass die Linke der EU nicht kritisch gegenüberstehen könne, die betreibt eine Neoliberale Wirtschaftspolitik, steht für das Unsoziale und wenn ich nur an die knallharten Auflagen der Troika denke.Da kann man ja kaum den 18. Februar erwarten, wo am Parteitag der Linken die EU Vorgangsweise beschlossen wird.

    Gysi sagt im Grund genommen das selbe was in der Präambel steht, nur will er es eben Gysi mässig ausgedrückt sehen und ihm stöst die militaristische Macht auf, er möchte die Nato aufgelöst sehen.

    Da bin ich bei ihm, aber es klingt mir zu utopisch, gleich so wie bei seiner Rede, wo er ein Bleiberecht und die Sicherheit Snowdens einfordert, wo er als Jurist doch weiss, dass die BRD ein Auslieferungsabkommen mit den USA hat, und Snowden würde kaum in der BRD angekommen im nächsten Flieger in die USA sitzen.

    Oder wollte Gysi uns grad sagen, man müsse das Auslieferungsabkommen aufkündigen.

    Na, das würd' ich mir gern ansehen,sowas ist Gefasel, sowas sollen die Menschen glauben und auch wählen.

    Die 8% und ein paar zerquetschte, auch mehr traue ich zu,es wird darauf ankommen wie man das Wahlvolk zu den Urnen bringt.

  • C
    cosmopol

    Huhu Ali G.

    Ja, ich habe Probleme, wer denn auch nicht? Aber zum Glück andere als du. ;)

     

    Und dein Voltaire könnte mir im Bezug auf menschenfeindlichen Müll so was von den Buckel runterrutschen.

    Wenn er das denn jemals geäußert hätte. Der Spruch ist von Evelyn Hall und rein spekulativ auf den Typen bezogen. Ich könnte jetzt mit echtem, entkontextualisiertem Voltaire auch wunderbar argumentieren - wär aber Zeitverschwendung, ne?

     

    Bushido wird so weit ich weiß nicht von Linkspartei-Leuten hofiert, das Beispiel kann mir also in diesem Kontext hier herzlich egal sein. Abgesehen davon habe ich hier Bushido abgefeiert? Zweierlei Maß? Kennst du eigentlich den Begriff "Strohmann-Argument"? In diesem Fall wohl eher ein "Strohkopf"-Argument.

     

    "Ein Parteiordnungsverfahren wird nur bei schwerwiegenden Verstößen gegen die Satzung oder die Prinzipien der Partei eingeleitet" - sehe ich bei Dehm mehr als gegeben (siehe Beispiele). Die Partei aber offensichtlich (noch) nicht, auch wenn es bereits mehr als genug Stimmen gibt die Dehm untragbar finden.

     

    Bzgl. Sarrazin, sei doch mal ehrlich, die SPD hat da zweimal einen (vorhersehbaren) Rückzieher gemacht und sich damit schwer blamiert. Eine gütliche Einigung ist auch noch lange kein Beleg für die horrende Schwierigkeit von Ausschlussverfahren.

     

    Ach, Meinungsfreiheit? Ta, schon wichtig aber hier eben nur deine nette Umschreibung für Geblöke a la "Das wird man(n) ja wohl noch sagen dürfen" (bezogen auf Diskriminierng und Chauvinismus) ... + "Argumente? Brauch ich nicht!" und dazu hat hier jemand was nettes für dich geschrieben: http://www.untergrund-blättle.ch/gesellschaft/kritik_der_meinungstoleranz.html

     

    Respektier jetzt gefälligst auch meine Meinung das Dehm schnellstmöglich zur MLPD wechseln sollte. ;) Und merci für diesen amüsanten Beutel komprimierten Quatsch zur Mittagspause. ^^

  • AG
    ALI G

    @COSMOPOL

     

    Also echt jetzt: Sie haben Probleme!

     

    Nur mal so zur "Aufklärung":

     

    "Ich teile ihre Meinung NICHT, aber ich werde dafür streiten, dass sie sie vertreten dürfen."

    (Voltaire)

     

    Ob es sich bei den Liedtexten von "Bandbreite" um Verschwörungstheorien oder Sexistische Aussagen handelt:

    Schon mal was von Burdas "Integrationsbambi" für den Muslimmafiosi Bushido gehört?

     

    Aber egal - einfach mit zweierlei Maß messen... weils hat so bequem ist!

     

    Die Hürden für einen Parteiausschluss sind - vielleicht erinnern Sie sich noch an den Sarrazenen in der SPD! - extrem hoch und das ist auch dringend notwendig, weil sonst jedwede Diskussion in einer Partei von vorn herein zum Scheitern verurteilt wäre, wenn man aus Angst vor einem Parteiausschlussverfahren seine Meinung nicht frei äußern darf.

     

    "MEINUNGSFREIHEIT" - schon mal von dem Begriff gehört?

  • L
    Lol

    Gysi bereitet wohl schon den Wechsel zur SPD vor...

    • C
      cosmopol
      @Lol:

      ... oder nimmt linke Werte einfach ein bisschen ernster als andere.

  • F
    Frieden

    es braucht keine "Gründung eines neuen Systems für Sicherheit und Zusammenarbeit", es gibt die Vereinten Nationen (UN)

  • Schade das Gysi das kritisiert, denn es stimmt genauso wie es da steht - Wort für Wort. Diese EU führt uns gegen den Willen der EU-Bevölkerung - zumindest da wo abgestimmt werden durfte, wurde mit Nein gestimmt - in den Ruin. Und die Arschkriecherei gegenüber den Amis ist auch unerträglich geworden. Die Töne müssen jetzt rauer werden. Wenn das bei den Linken nun in die entgegengesetzte Richtung geht, wähle ich halt AfD.

    • @muds0r:

      Komisch, dass die EU-Bevölkerungen dann zu blöde sind, ihre nationalen Regierungen abzuwählen, wenn sie doch so sehr dagegen sind.

      • @Micha:

        jo, die Medien tun mit ihrer unreflektieren unkritischen "Weiter-so-es-ist-doch-alles-prima"-Stimmung ihr übriges.

        • C
          cosmopol
          @muds0r:

          Die Kritik offensichtlich nicht verstanden. Es kann nicht darum gehen die EU als Ganzes abzuwürgen sondern sie anders, demokratischer, progressiver zu gestalten. Gysi vertritt da einen simplen Sachverhalt: Wer zurück zum Europa der Zollschranken und Grabenkriege will hat sie entweder nicht mehr alle oder argumentiert reaktionär-nationalistisch. Von der Linken einfach mal so zur AfD schwenken zu können wäre für beides ein guter Indikator.

          • @cosmopol:

            Ich will die EU schon - die EU ist eigentlich eine linke Idee. Ich sehe nur eins: So wie die EU jetzt ist, funktioniert sie nicht.

            Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten, Reformen oder Revolution.

             

            Reform setzt voraus, dass die Leute, die jetzt an der Macht sind, diese auch abgeben zu Gunsten einer breiteren Wählerschicht. So wie ich die Konservativen a la CDU und Juncker kenne, scheuen die die Demokratie wie der Teufel das Weihwasser. Das gleiche wird wohl für die SPD gelten. Und wenn Reformen nicht greifen, hilft nur noch: Haus abreißen und neu bauen.

  • C
    cosmopol

    Wann werfen die diesen nahezu kryptorechten, Ex-Stasi-Mann Diether Dehm eigentlich endlich aus der Partei? Jetzt Deutschnationalismus im "EU-Bashing"-Mantel, vorher Apologie für die Reichsbürger-Kapelle Bandbreite ( http://www.spiegel.de/politik/deutschland/linken-spitzenkandidat-verteidigt-frauenverachtende-band-a-907808.html ), Mafia-Methoden gegen eine Parteigenossin ( http://jungle-world.com/artikel/2011/27/43544.html ), nahm Lafontaines Rassismus in Schutz ( http://de.indymedia.org/2009/04/246255.shtml ), und Antisemitismus gibt es laut Dehm ja auch schon länger keinen mehr ( http://tapferimnirgendwo.com/2013/01/16/hurra-wir-haben-keinen-antisemitismus-mehr/). Und so weiter. Der Typ steht wirklich für alles, was an der Linken scheiße ist. Das ist zwar im Vergleich zu anderen Parteien nicht so viel, aber doch beachtlich, wie sich das alles in Personalunion verkörpern lässt. Was ist den eigentlich das das HIndernis für ein Parteiausschlussverfahren? Das der Mann der gerne gegen "Spekulanten" hetzt zu viel Geld hat um ihn ohne zweimal darüber nachzudenken aus einer antikapitalistischen Partei zu kicken?

     

    Wenn "Linke" mit diesem Hintergrund ihrer Partei dann noch allen Ernstes vorwerfen den Nationalstaat zu kritisieren ( http://www.freiheit-durch-sozialismus.de/?p=831 ) dann sollte eine linke Partei ( wenn sie es mit diesem Adjektiv, im Sinne von progressiver, emanzipatorischer Politik, ernst meint) ihnen doch freundlich aber bestimmt nahelegen endlich ihren Hut zu nehmen und sich zu verpissen.

    • @cosmopol:

      Mir ist Diter Dehm zu weilen auch suspekt, aber mir gefällt es sehr, wie er mit bestimtmen Dingen abrechnet (man denke nur an sein Vergleich bei der Wahl des Bundespräsidenten) - das find ich gut. Hoffentlich bleibt er weiter so bissig.

      • C
        cosmopol
        @muds0r:

        Naja, Menschenfeindlichkeit ist nicht bissig. Und die Gleichsetzung von Stalin und Hitler, ergo die dummdreist-totalitarismustheoretische Relativierung des Holocaust ebenfalls nicht. Aber vielleicht ist das auch ein Grund warum der Mann in der Partei bleiben darf. Es gibt genug wählende Menschen die auf so einen Dreck abfahren. =_=

  • „Ich bin sicher, dass da noch etwas geändert wird.“ sagte Herr Gysi... ja, ganz einfach: aus dem davor zitierten Satz das Wörtchen "weithin" streichen, dann stimmts.

  • N
    noeffbaux

    Naja, Formulierungen - man darf in der Politik die Wahrheit eben immer nur andeuten, wenn man den deutschen Wahlmichel nicht verschrecken möchte.

    Die EU ist ein neoliberales Ausbeutungsinstrument, mit dessen Apparat die Mehrheit der Bürger Europas in die menschenunwürdige Lohnsklaverei oder direkt in die Arbeitslosigkeit gezwängt werden, um der Oligarchie ihre Gewinne zu sichern - das zu erkennen, dazu braucht's nicht viel. Das zu bekämpfen, dazu schon eher.

  • D
    duesbor

    und wie wir wissen, ist das wort national ein böses wort. außer wenn die staatsgläubigen einen "nationalen" mindestlohn einführen wollen, oder die bildung "national" vergleichbar machen wollen.

     

    alles unssinnige wortfetzerei, genau wie der umgang mit dem wort neoliberal.

     

    eine politische einrichtung neoliberal zu deklarieren ist leider (unter dem derzeitigen bildngsniveau des volkes und der derzeitigen aufklärungsarbeit der großen privaten und staatlichen medien) irreführend. diese würde bedeuten, dass die einrichtung heimlich kapitalistische ziele verfolgt. das ist zwar wahr, verschleiert aber die tatsache, dass es ja eben eine politische einrichtung ist und der kapitalismus daran gar nicht schuld sein kann. eine kapitalistische politische institution ist immer noch eine politische institution. politik ist also schuld, wenn sich der kapitalismus noch ungehinderter ausbreiten kann, es es selbst fähig wäre, zu tun.

     

    ein kluger geist sagte mal: "kommunismus ist der blutigste weg zum kapitalismus"

    • @duesbor:

      Ein kluger (Geist)?