Eurogruppen-Chef Juncker: Luxemburg verlässt den Euro
Sieben Jahre sind genug: Jean-Claude Juncker gibt das Amt des Eurogruppen-Chefs ab. Nebenbei segneten die Euro-Finanzminister auch weitere Hilfen für Spanien ab.
BRÜSSEL rtr | Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker zieht sich in den kommenden Wochen von seinen Posten an der Spitze des Gremiums zurück. Er habe seine Kollegen darüber in Kenntnis gesetzt, dass er das Amt Ende des Jahres 2012 oder zu Beginn des kommenden Jahres abgeben wolle, sagte Juncker nach einem Treffen der Euro-Finanzminister am Montagabend in Brüssel. „Ich habe sie darum gebeten, alles Mögliche zu tun, um einen anderen Minister als Euro-Gruppen-Chef zu ernennen“, ergänzte er.
Er bestätigte damit frühere Aussagen, wonach er bald seinen Posten niederlegen wollte. Der Luxemburger Ministerpräsident wollte eigentlich schon im Juli aufhören, erklärte sich aber dann doch noch zu einer Verlängerung von ein paar Monaten bereit. Die Bundesregierung hatte im Sommer Finanzminister Wolfgang Schäuble informell als Nachfolger für Juncker ins Gespräch gebracht.
Der 57-jährige Juncker regiert Luxemburg seit 1995 und ist damit der dienstälteste Regierungschef in der Europäischen Union. Er gilt als entschiedener Verfechter der europäischen Integration. Allerdings weiß er die Interessen Luxemburgs als Finanzstandort zu verteidigen. Juncker hat den Schlüsselposten der finanzpolitischen Koordination in der Euro-Zone inne, seit dieser 2005 geschaffen wurde.
39,5 Milliarden Euro für Spanien
Die Euro-Finanzminister segneten bei ihrem Treffen wie erwartet den Antrag Spaniens auf Hilfen aus dem Euro-Rettungsfonds zur Rekapitalisierung der angeschlagenen Banken des Landes ab. Spanien erhalte 39,5 Milliarden Euro Mitte nächster Woche, sagte Juncker. Spanien hatte zuvor bei seinen Euro-Partnern die Auszahlung milliardenschwerer Gelder offiziell beantragt und damit an den Märkten eine Erleichterungsrally ausgelöst.
Die EU-Kommission hat bereits grünes Licht gegeben, und auch der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hatte den Antrag passieren lassen. Der spanische Finanzsektor wurde vom Platzen der Immobilienblase kalt erwischt, milliardenschwere Abschreibungen und Verluste waren die Folge. Die Rettung etlicher Geldhäuser brachte den Staat an seine finanziellen Grenzen. Inzwischen gilt das gesamte Land als Kandidat für den Euro-Rettungsschirm, doch Ministerpräsident Mariano Rajoy zaudert.
Hilfe auch für Portugal
Portugal soll im Januar die nächste Hilfstranche von 2,5 Milliarden Euro erhalten, fügte Juncker hinzu. Zudem sei er zuversichtlich, dass Griechenland die nächste Hilfszahlung am 13. Dezember bekomme, ergänzte Juncker.
Über Zypern wolle die Euro-Gruppe ebenfalls Mitte des Monats beraten. Er gehe nicht davon aus, dass Irland und Portugal bei den Krediten die gleichen Bedingungen wie Griechenland eingeräumt bekämen. „Ich glaube nicht, dass die Euro-Gruppe darauf vorbereitet ist, diesen beiden Ländern eine gleiche Behandlung zukommen zu lassen mit Blick auf die einzelnen Entscheidungen“, sagte Juncker.
Schäuble stieß ins gleiche Horn. Griechenland sei ein besonderer Fall. „Für Irland und Portugal, die dabei sind, Schritt für Schritt an die Märkte zurückzukehren, wäre dies ein verheerendes Zeichen“, sagte Schäuble.
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