Eurofighter-Ausschuss in Österreich: Luftgeschäfte mit Schrottfliegern
Der zweite Untersuchungsausschuss zur Eurofighter-Beschaffung zeigt, wie sehr die verantwortliche Regierung über den Tisch gezogen wurde.
Mit der Befragung von Exvizekanzler und Exwirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner ging am Mittwoch der zweite Eurofighter-Ausschuss zu Ende. Der erste hatte vor zehn Jahren kaum Ergebnisse gebracht. Diesmal war die Ausgangslage günstiger. Ministerien, die damals eingeschwärzte Dokumente geliefert hatten, kooperierten diesmal mit brauchbaren Unterlagen. Die Überzeugung, dass Österreich beim Kauf der teuren Kampfjets über den Tisch gezogen wurde, hat auch bei den für die Anschaffung verantwortlichen Parteien ÖVP und FPÖ das Aufklärungsbedürfnis erzeugt.
Wegen der vorgezogenen Nationalratswahlen beschränkten sich die Abgeordneten im Ausschuss auf zwei Themen: den Vergleich, den SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos nach dem Regierungswechsel 2007 mit dem Eurofighter-Hersteller EADS schloss, und die Gegengeschäfte, die EADS zugunsten österreichischer Unternehmen vermitteln sollte. Die SPÖ hatte im Wahlkampf die Abbestellung der teuren Jets versprochen. Was Darabos erreicht hat, ist die Reduzierung der Stückzahl von 18 neuen auf 15 teils gebrauchte Abfangjäger. Wie erst später bekannt wurde, hätte EADS zu den ursprünglich vereinbarten Bedingungen gar nicht liefern können.
Der Vergleich ersparte dem Unternehmen nicht nur eine saftige Konventionalstrafe, sondern erlaubte ihm auch, teilweise fluguntaugliche Jets zu liefern. Darabos, der als einstiger Zivildienstleistender bei den Militärs keinen Rückhalt genoss, ging mit unzureichender Beratung in die Verhandlungen und erreichte einen Kompromiss, der die Republik trotz Preisnachlass Geld kostete, weil die tatsächlich gelieferten Geräte im Betrieb teurer sind.
Wenig ergiebig war die Befragung von Exbundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) und Exfinanzminister Karl-Heinz Grasser (damals FPÖ), die sich noch immer überzeugt gaben, alles richtig gemacht und die modernsten Flieger für die Luftraumüberwachung gekauft zu haben. Die Gegengeschäfte, die bei derartigen Deals üblich sind, seien für die heimischen Betriebe ein großartiger Gewinn gewesen.
Peter Pilz von den Grünen sieht das allein dadurch widerlegt, dass EADS zur Abdeckung des Gegengeschäftsriskos 5 Prozent auf den Kaufpreis von rund 2 Milliarden Euro draufschlug. Betriebe wurden laut Befragungen sogar dafür bezahlt, dass sie einen Deal als Gegengeschäft einreichten. Es gab Luftgeschäfte, die selbst bei großzügigster Auslegung nicht einrechenbar waren und dennoch mit absurden Beträgen angerechnet wurden.
Pilz will weiter ermitteln und auch die Justiz einschalten. Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) hat nun den Ausstieg aus dem Eurofighter bekannt gegeben. Sollte der Deal nicht wegen Betrugs rückabgewickelt werden können, will er die Jets verkaufen. Außerdem hat er versprochen, dass bei Rüstungsgeschäften keine Lobbyisten mehr zum Zug kommen sollen. Und auf Gegengeschäfte werde man verzichten.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Der Jahrestag der Ukraine-Invasion
Warum Russland verlieren wird
Nach der Bundestagswahl
Jetzt kommt es auf den Kanzler an
Sieger des rassistischen Wahlkampfes
Rechte Parolen wirken – für die AfD
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Alles zur Bundestagswahl
Oma gegen rechts hat Opa gegen links noch nicht gratuliert
Wahlniederlage von Olaf Scholz
Kein sozialdemokratisches Wunder