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Ethisch-ökologisch riestern

Die Bundesbürger wollen wissen, ob Altersvorsorgeunternehmen das Geld ihrer Kunden nach Umweltgesichtspunkten anlegen. Doch die Unternehmen müssen es ihnen nicht unbedingt sagen

Bei grüner Rentenversicherung wird nach grünen Kriterien investiert

Die Riester-Rentenreform bot eine Chance für die Altersvorsorge mit gutem Gewissen: Das Altersvermögensgesetz verlangt, dass die Anbieter von Riester-Produkten ihren Kunden jedes Jahr berichten müssen, ob und wie sie ethische, soziale und ökologische Belange bei der Anlage der eingezahlten Altersvorsorgebeiträge berücksichtigen.

Doch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat diese Chance verspielt. In ihren Durchführungsrichtlinien zum Riester-Gesetz hat die Aufsichtsbehörde die ökologische Berichtspflicht so weit verwässert, dass Unternehmen nur über solche Produkte berichten müssen, bei denen grüne Kriterien für die Geldanlage überhaupt eine Rolle spielen.

Erklärt ein Unternehmen im Vertrag, dass ethisch-ökologische Kriterien für seine Geldanlage unbedeutend sind, ist es von der jährlichen Berichtspflicht befreit. Außerdem gibt es für diejenigen, die berichten müssen, keine Vorgaben, über welche Punkte sie den Kunden in welcher Form Auskunft geben müssen. Wer seinen Riester-Vertrag in Grün abschließen will, muss sich also viele Informationen selbst beschaffen.

Richtige Variante wählen

Doch zuerst muss er sich entscheiden: Welche Riester-Variante ist für die eigene Lebenssituation überhaupt geeignet – klassische oder fondsgestützte Rentenversicherung, Fondssparplan, Banksparplan? Oder eine riestergeförderte betriebliche Altersvorsorge? Riesterfähige Grünanlagen gibt es hauptsächlich unter den klassischen und den fondsgestützten Rentenversicherungen. Bank- und Fondssparpläne sind die Ausnahme.

Bislang bekannt ist ein grüner Riester-Banksparplan der Paderborner Bank für Kirche und Caritas. Ihr Sparplan VR-Rente plus zeigt, dass ethische Kriterien und gute Erträge sich nicht widersprechen müssen. Der Zinssatz ist fest an die Rendite öffentlicher Anleihen gebunden und beträgt zurzeit 4,09 Prozent. Das Angebot ist damit Spitzenreiter bei den Banksparplänen mit klaren Regeln für den Zins. Es ist allerdings nur Mitarbeitern katholischer, kirchlich-karitativer Einrichtungen zugänglich.

Meist legen Versicherungen und Banken das Riester-Kundengeld in Ökofonds an. Wer es genau wissen will, dem bleibt nichts anderes übrig, als sich bei den Fondsgesellschaften direkt darüber zu informieren, nach welchen Kriterien sie investieren.

Grüne Anlagestrategien

Gängige Ansätze für Ökoanlagen sind beispielsweise Negativ- oder Ausschlusskriterien: Ausgeschlossen werden Wertpapiere von Unternehmen, die umweltschädliche Produkte herstellen oder die Menschenrechte verletzen. Es wird zum Beispiel nicht in Unternehmen investiert, die Autos, Kriegswaffen, atomare Brennstoffe, Alkohol oder Tabakwaren herstellen. Weitere Ausschlussgründe sind Kinderarbeit oder der Einsatz von Gentechnik.

Positivkriterien: Es werden gezielt Wertpapiere solcher Unternehmen gekauft, die ökologisch sinnvolle Produkte herstellen oder besonders umweltschonende Produktionsverfahren anwenden, also zum Beispiel Anbieter von Strom aus erneuerbaren Energiequellen oder Hersteller von Umwelttechnologien.

„Best-in-Class“-Ansatz: Dabei werden unter konventionellen Unternehmen diejenigen ausgewählt, die innerhalb ihrer Branche am ehesten umweltschonend oder sozialverträglich arbeiten. Mit diesem Ansatz kann es durchaus passieren, dass zum Beispiel der Mineralölkonzern Shell in einem grünen Portfolio auftaucht, weil er sich in einzelnen Punkten vielleicht mehr um Umweltschutz bemüht als die Konkurrenz.

Von Anbieter zu Anbieter unterschiedlich geregelt ist auch die Kontrolle der ethisch-ökologischen Kriterien: Bei den einen wacht ein externes Unternehmen darüber, ob die Vorgaben eingehalten werden, andere lassen sich von einem Beirat helfen, oder die Geschäftsführung prüft sie selbst.

Rentenversicherungen

Bei den klassischen grünen Rentenversicherungen wird der gesamte Sparbeitrag des Kunden nach grünen Kriterien investiert. Doch damit ist noch nicht gesagt, dass das grüne Kundengeld getrennt von den übrigen Mitteln der Gesellschaft verwaltet und zusammen mit den erwirtschafteten Überschüssen zu 100 Prozent nach ethisch-ökologischen Kriterien angelegt wird.

Die Bundesbehörde hat die Chance als lupenreine Ökorente verspielt

Das ist nur dann gewährleistet, wenn es für diese Anlagen eine separate Abrechnung gibt. Dann sind auch nur die Erträge aus diesen Anlagen für die Höhe der späteren Rente maßgeblich.

Häufig fließt jedoch alles Geld in einem großen Topf zusammen. Der Versicherer verpflichtet sich, einen Anteil in Höhe der Beitragssumme in ethisch-ökologische Anlagen zu stecken. Es kann aber sein, dass die Ökokunden einen ihrer Anlage entsprechenden Anteil an den Gesamtüberschüssen des Unternehmens bekommen. Damit profitieren sie auch von Erträgen nichtgrüner Anlagen.

Bei Rentenversicherungen mit begrenztem Fondsanteil wird nur der Überschussanteil in Fonds und damit nach ethisch-ökologischen Kriterien investiert. Die Anlage des Garantieteils läuft dagegen konventionell. Bei Rentenversicherungen mit hohem Fondsanteil wird ein höherer Anteil des Beitrags in ethisch-ökologische Fonds investiert. Nur ein kleiner Teil fließt in eine klassische Rentenpolice, die so kalkuliert ist, dass der Sparer am Ende garantiert seine eingezahlten Beiträge und Zulagen wieder herausbekommt. Der größere Teil des Beitrags sowie Überschussanteile aus der Garantiepolice fließen in Fonds.

Beide Varianten lösen bei Rentenbeginn die Fondsanlage auf und leiten das Kapital in den Versicherungstopf, um zusammen mit dem Garantieteil die Monatsrente zu finanzieren. Die spätere Rente finanziert sich also nicht nur aus ethisch-ökologischen Investments.

Eine lupenreine Grünanlage sind diese Rentenversicherungen also leider nicht. Immerhin können Anleger bei einigen Fondspolicen zwischen mehreren Fonds wählen und während der Laufzeit wechseln. So könnten sie auch einen Ökofonds wieder loswerden, wenn er ihnen nicht grün genug ist oder sich dann ein besonders grüner findet. ULRIKE STECKKÖNIG

Einen Überblick über Ökofonds und ihre Anlagekriterien bietet Finanztest 8/02. Alles rund um die staatlich geförderte Altersvorsorge mit vielen Vergleichen findet man im Finanztest Spezial „Riester-Rente“; am Kiosk, 7,50 €ĽDem Sonderheft entnahmen wir Text und Tabelle mit freundlicher Genehmigung der Stiftung Warentest.

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