Eskalation in Thailand: Mindestens acht Menschen getötet

Die Proteste gegen Premier Abhisit eskalieren: Mehrere Regierungsgegner wurden getötet, über 100 verletzt, darunter ein übergelaufener General. Veranstalter sagen Reisen ab.

Am Freitag in Bangkok: Junge Frauen haben sich der anrückenden Polizei in Sicherheit gebracht. Bild: ap

BANGKOK taz | Die Zeichen stehen auf Konfrontation, Bangkok ist in Teilen zur Kriegszone geworden. Das Herz der Hauptstadt wird mehr und mehr zu einer No-go-Area. An mehreren Stellen lieferten sich Rothemden und deren Unterstützer Schusswechsel und Straßenschlachten mit dem Militär. In der Nähe eines Parks, der an das von den Rothemden besetzte Viertel grenzt, beschossen sich Demonstranten und Soldaten, auch mit scharfer Munition.

Zuvor hatten Protestler Reifen angezündet, dichter Rauch quoll über die Straße. Die Armee riegelte immer mehr Straßen ab, um zu verhindern, dass die Rothemden Zulauf bekommen. Augenzeugen berichteten, dass mindestens acht Menschen seit Donnerstag getötet wurden und über hundert verletzt, darunter auch drei Journalisten, einer davon aus Kanada.

Am Morgen waren Soldaten mit Tränengas gegen die demonstrierenden Roten vorgegangen, nachdem diese einige Armeeangehörige umzingelt hatten. Und sie hatten Polizeifahrzeuge in ihre Gewalt gebracht; ein Bus brannte wenig später lichterloh. Eine der Gruppen hatte bereits im Verlauf des vorherigen Abends zwei Wasserwerfer-Fahrzeuge "gekapert", die Luft abgelassen und die Ausrüstung der Wagen demoliert.

Die neuen Auseinandersetzungen sind ein weiteres Kapitel in der Abfolge blutiger Gewalt. Mehrfach hatte ein Armeesprecher erklärt, irgendwann werde man notfalls auch Gewalt einsetzen, falls die Rothemden sich weiterhin weigern würden, das seit Anfang April von ihnen besetzte Geschäftsviertel zu räumen. Doch die Anhänger der "Vereinigten Front für Demokratie gegen Diktatur" (UDD), wie sich die Protestler offiziell nennen, zeigten sich störrisch: Sie hatten auch das jüngste von Premier Abhisit gestellte Ultimatum vom Mittwoch verstreichen lassen.

Die Folgen ließen nicht lange auf sich warten: Schon am Donnerstagabend waren an einer Kreuzung, die dem von den Rothemden besetzten Gebiet gegenüberliegt, Schüsse und Granateneinschläge zu hören.

Mindestens ein Mensch kam dabei ums Leben, mehrere wurden verletzt, darunter auch der von der Armee suspendierte Generalmajor Khattiya Sawasdipol, berüchtigt für seine radikale Haltung und seine zum Unmut seiner Vorgesetzten offen zur Schau getragene Unterstützung für den 2006 vom Militär gestürzten Thaksin Shinawatra und die UDD.

Der auch unter seinem Spitznamen Seh Daeng (Roter Kommandeur) bekannte General gab gerade ausländischen Journalisten ein Interview, als er angeschossen wurde und schwerste Kopfverletzungen erlitt. Ein Rothemden-Sprecher sagte, der offiziell mit Haftbefehl gesuchte Khattiya sei von einem Scharfschützen der Armee angeschossen worden. Doch diese bestreiten das.

Wegen der zunehmenden Gewalt hatten die Botschaften der USA und Großbritanniens, die nahe dem von Rothemden besetzten Gebiet liegen, erklärt, am Freitag geschlossen zu bleiben. Das Auswärtige Amt in Berlin rät dringend von Reisen nach Bangkok ab, Transitflüge ausgenommen. Deutsche Reiseveranstalter sagten bis Ende Mai alle Bangkok-Reisen ab.

Die US-Regierung sei "sehr besorgt", sagte ein Außenamtssprecher in Washington. Nicht nur die USA, auch die EU sowie mehrere Staaten der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean hatten die rivalisierenden Lager aufgerufen, den Konflikt friedlich zu lösen.

Doch danach sieht es überhaupt nicht aus. Zumal es hieß, der seit dem 7. April für Bangkok geltende Ausnahmezustand solle auch auf fünfzehn Provinzen im Norden und Nordosten des Landes ausgeweitet werden - das sind die Hochburgen der Roten. Dabei hatte es gerade erst Anzeichen für eine Annäherung gegeben.

Der zunehmend unter Druck stehende Ministerpräsident Abhisit hatte sich letztlich zu vorgezogenen Neuwahlen Mitte November bereit erklärt und einen Plan zur nationalen Versöhnung vorgelegt. Prinzipiell waren die Rothemden damit auch einverstanden. Aber einige ihrer Anführer hatten neue Forderungen erhoben. Für Beobachter ist dies ein Indiz für zunehmenden Zwist innerhalb der UDD-Führerriege. Jetzt ist besagter Kompromissvorschlag ganz vom Tisch.

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