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Eskalation der Gewalt„UN meinen es nicht ernst mit Syrien“

Der syrische Nationalrat lehnt die Bildung einer Übergangsregierung ab. Der zivile Widerstand fühlt sich von den UN im Stich gelassen. Ein Hamas-Mitglied wurde gezielt getötet.

Tausende Menschenleben gingen bereits verloren. Die kleine Homsianerin glaubt trotzdem an den Sieg. Bild: reuters

BERLIN taz | Der Sprecher des Syrischen Nationalrats in Beirut, George Sabra, hat die jüngste Idee von Kofi Annan, dem UN-Sondergesandten für Syrien, entschieden zurückgewiesen.

Annan hatte die Bildung einer Übergangsregierung vorgeschlagen, an der die Opposition und Vertreter des Regimes teilnehmen sollten. „Wir werden an keinem Dialog oder politischen Arrangement mit dem Regime teilnehmen, solange Assad nicht abgetreten oder von der Macht entfernt ist“ sagte er am Donnerstag in Beirut.

Ein syrischer Aktivist aus Daraya erklärte per Email zum Abbruch der UN-Beobachtermission: „Ich glaube, die UN meinen es nicht ernst mit ihrem Syrienansatz. Dass sie die Beobachtermission ausgesetzt haben, ist der beste Beweis dafür.

Syrienhilfe

Falls Sie den zivilen, friedlichen Widerstand in Syrien unterstützen wollen, so spenden Sie bitte über diese Website an die junge Berliner Nicht-Regierungsorganisation Adopt a Revolution. In einem sehr transparenten Verfahren wird dargestellt, welches lokalen Koordinationskomittees man in dem Land, in dem sowohl Bürger- als auch Stellvertreterkrieg der Großmächte herrscht, unterstützen kann.

Trotz Gewalt am Boden und Bombardierung aus der Luft schaffen es die syrischen Aktivisten sogar, nach deutschem Standard Berichte zu schreiben, die nachvollziehbar werden lassen, was mit den Spenden geschieht, sogar mit Fotos.

Die taz berichtete im März über den Beginn der deutschen studentischen Internet-Initative, besuchte ihre Dependancen in Beirut und Berlin mehrfach und stuft sie als glaubwürdig ein. Mittlerweile will schon das US-State Department die Organisation mit Millionenbeträgen fördern. Doch die deutschen Aktivisten aus der linken Jugendszene lehnten ab - aus ideologischen Gründen.

Mit dem Anstieg der Gewalt hätten sie die Beobachter aufstocken sollen“, sagte der Aktivist. „Mit dem Anstieg der Gewalt hätten sie die Beobachter aufstocken sollen, 10.000 Mann hätte es gebraucht, nicht bloss ein paar Leute, die nicht in der Lage sind, sich selber zu schützen.“

Der friedliche Widerstand ist in Bedrängnis

Während der zivile und friedliche Widerstand der Aktivisten aufgrund mangelnder finanzieller Ressourcen immer schwieriger aufrechtzuerhalten ist, werden die Rebellen von den westlichen Mächten, allen voran die USA, reichen saudischen Privatleuten, der Muslimbruderschaft und anderen Kräften immer intensiver unterstützt.

Wie die taz in Erfahrung bringen konnte, wurde beispielsweise in Jordanien ein einmonatiges militärisches Training durch amerikanische Spezialkräfte für die Rebellen der Freien Syrischen Armee (FSA) soeben erfolgreich beendet. Auch finden immer mehr schwere Waffen ihren Weg in das umkämpfte Land. Die Türkei begann, ihre Grenze zu Syrien durch die Stationierung von Panzern und Raketenabwehrsystemen zu verstärken.

Städte des Weltkulturerbes werden vermint

Derweil kam es auch am Donnerstag in ganz Syrien wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Einzelne Städte, die von Rebellen als „befreite Zonen“ deklariert wurden, werden von Regierungssoldaten und Scharfschützen belagert. Sie schiessen Augenzeugenberichten zufolge auf „alles, was sich bewegt“. Zufahrten und Straßen werden vermint.

In Damaskus wirken nach Interpretation der palästinensischen Hamas auch noch andere Kräfte mit. Der ranghohe Funktionär der Hamas, Kamal Hussein Ghannadscheh, wurde in seinem Haus erschossen. Die Hamas machte den israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad für die Tat verantwortlich. Ghannadscheh galt als Stellvertreter von Hamas-Führer Mahmud al-Mabhuh, der im Januar 2010 in Dubai ermordet worden war. Israels Verteidigungsminister Ehud Barak sagte, er wisse nicht, ob das zutreffe, doch trauere er nicht um Ghannadscheh, der nicht zu den „Gerechten seiner Generation“ gehört habe.

Unterdessen explodierten auf dem Parkplatz des Justizpalastes im Zentrum von Damaskus zwei Sprengsätze. Drei Menschen wurden verletzt und 20 Fahrzeuge beschädigt, bestätigten Sicherheitskreise in der syrischen Hauptstadt. Zu dem Anschlag bekannte sich niemand. Präsident Baschar al-Assad machte, wie gewöhnlich, „Terroristen“ für die Tat verantwortlich.

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5 Kommentare

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  • A
    Ant-iPod

    Frieden schließt man nun mal mit seinen Feinden.... und dazu muss man sich mit ihnen zusammensetzen.

    Die Totalverweigerung des Nationalrats ist aus meiner Sicht nicht zielführend.

     

    Klar ist, dass Baschar Al-Assad keine Zukunft in der syrischen Politik haben darf. Seine Verbrechen sind offensichtlich und hinlänglich dokumentiert.

     

    Klar ist aber auch, dass diejenigen mit den Fähigkeiten dazu, nicht bereit sind, Assads Herrschaft zu beenden und diejenigen, die dies in einem langwierigen, verlustreichen und ausdauerndem Kampfe erledigen werden, eben dadurch die Spaltung der syrischen Gesellschaft vertiefen, die danach ja irgendwie zusammenleben muss.

    Je länger der Konflikt dauert und je brutalter er wird - und da gab es in den vergangenen Monaten ja nur eine Richtung - desto länger, trauriger und verlustreicher wird auch der Aussöhnungsprozess werden.

     

    Dies wissend, verwundert mich die Haltung des Westens, die auf eine Unterstützung der FSA und einen langwierigen Bürgerkrieg hinausläuft.

    Der entsteht nicht alleine deswegen, weil die Mehrheit der Syrer die Schnauze voll hat von ihrer korrupten Regierung, sondern auch gezielt durch westliche Politik direkt und indirekt via Saudi-Arabien und Katar.

     

    Ist dies verantwortungsvolle Politik? Ist diese Politik geeignet, um die Leiden des syrischen Volkes so gering wie möglich zu halten?

    Nein, im Gegenteil ist es genau diese Haltung, welche die Leiden noch vergrößern wird und das wissen wir schon heute.

     

    Assad hatte in den vergangenen Monaten jeden einzelnen Tag die Gelegenheit, die Politik in seinem Land zu gestalten und gesellschaftliche Verbesserungen einzuleiten. Das Gegenteil hat er getan. Es gab und gibt keine Anzeichen dafür, das er und seine Mischpoke ihre Haltung geändert hätten.

    Sie haben endlich die Realitäten zur Kenntnis genommen, was aber nicht in politische Veränderungen mündet, sondern in mehr Krieg.

     

    Aufgrund der Entwicklung der letzten Monate komme ich mehr und mehr zu der Überzeugung, dass gut Zureden nicht hilft.

    Wenn Assad keine substantiellen Angebote an die Opposition macht, dann ist das militärische erzwingen immer noch besser, als ein langjähriger Bürgerkrieg.

     

    Weil Waffengewalt aber die schlimmste aller Lösungsmöglichkeiten ist, sollte jede Möglichkeit zu deren Vermeidung genutzt werden.

    Wenn der Abtritt Assad's Verhandlungsgegenstand ist - oder kein erneuter Antritt zur Abstimmung im kommenden Jahr, dann ist dies eine Basis für Verhandlungen.

    Wenn konkrete Maßnahmen besprochen werden und der Bruch mit dem jetzigen System der sich gegenseitig kontrollierenden Geheimdienste, der Schabiha-Milizen und der Korruption, der Despotie und der Gewalt als Dikussions- und Verhandlungsziel festgeschrieben werden und sich die Regierung Assad zum Wohle des syrischen Volkes in diese Richtung begibt, weil sie das Beste für Land und Volk will - dann darf sich die Opposition nicht einfach verweigern.

    Es gibt keine Anzeichen dafür, dass Assad dies will, aber wenn er sich dieser Entwicklung verweigert, dann kann man immer noch die nächste Eskalationsstufe wählen.

     

    Bis dahin werden viele Menschen gestorben sein und jeder Einzelne ist eine Tragödie für die Familien.

    Man fragt sich, ob ein Ende mit Schrecken vielleicht besser wäre als ein Schrecken ohne ende???

  • D
    D.J.

    Die USA unterstützen gemeinsam mit dem Verbrecherregime in SA religionsfaschistischen Abschaum übelster Sorte. Ich befürchte, diese Schande wird mit gutem Grund in die Geschichtsbücher eingehen.

  • S
    simon23

    Zumindest hat man den Eindruck, das man bei der Taz langsam merkt, woher der Wind weht.

  • P
    pressewolf

    Mir fällt ein seltsam anmutender diplomatischer Vorschlag ein: Russland bekommt seinen sicheren warmen Hafen in Syrien und einen neuen Geschäftpartner: die neue syrische Regierung, frei gewählt. Russland stoppt die Waffenlieferungen bis Wahlen abgeschlossensind und eine nee Regierung bestimmt ist. Zur Not lässt sich noch ein Asyl für für Assad in Moskau aushandeln. Besser wäre zwar ein Prozess und lebenslange Haft, aber Hauptsache das Abschlachten, Brandschatzen, Vergewaltigen hat endlich ein Ende. Was halten Sie davon?

  • NK
    Neuer Kunde

    Berichterstattung von einem anderen Planeten

     

    Auf meinem Planeten wurde kürzlich ein Anschlag auf den Sat-TV-Sender al-Ikhbariya durchgeführt. Das Personal (Journalisten, Techniker und Wachpersonal) wurde hingerichtet. Sicherlich gehört ein solcher Sender aus Sicht der TAZ verboten, aber sie könnten sich mal vor Augen führen, dass diese Leute Berufskollegen aus ihrer Welt waren.