Es tanzt die Göttin

■ Das Moviemento zeigt eine Filmreihe mit Rita Hayworth

Eine Sphinx, so will es der Mythos, ist ein Rätsel ohne Lösung, und alles, was nach diesem Muster gestrickt ist, garantiert zeitlose Faszination. Zu ihren säkularisierten Varianten zählen besonders jene weiblichen Stars, die der modernen Mythosfabrik entspringen: dem Kino. Im Zusammenhang mit der aktuellen Wiederaufführung des Musicals „Cover Girl“ („Es tanzt die Göttin“), kann auch in Filmen wie „Die Lady von Shanghai“ und „Gilda“ einer der repräsentativsten Kultfiguren nachgespürt werden: Rita Hayworth – rothaariger Massentraum schlafloser Nächte, insbesondere für die vierziger und fünfziger Jahre.

Mit ihr explodierte jener Pin- up-Boom, der als Antwort Hollywoods auf die Zeit der Kriegswirren galt: Legendäre fünf Millionen Pin-up-Bilder wurden von der Hayworth allein bis Kriegsende in die Welt verschickt. „Cover Girl“ gehört zu den Hayworth-Filmen jener Epoche, in denen einfach alles auf die Spitze getrieben wird: knalligste Ausstattung und kontrastreiche Kostüme verselbständigen sich zu einem bombastischen Farbenmeer, durch das die Hayworth mit Gene Kelly gleich multitalentiert hindurchtanzt und -steppt und singt und spielt. Als lasziv-spröde Schönheit mit Persönlichkeitsflair zieht sie die Männer an sich, die an ihrer selbstbewußten Disziplin sogleich wieder abprallen.

Eroberte Eroberin ist sie bis zum Schluß nur für ihre große Liebe. Praller Kitsch in Technicolor. Ambivalent düster dagegen ist ihre Rolle in „Gilda“ (1946), wo sie körperlicher und aggressiver als zuvor in „Cover Girl“ die Schwelle zwischen noch erlaubter Erotik und schon verbotener Sexualisierung ausspielt. Als kalkulierende Verführerin hat sie immer schon ihre Unschuld verloren und in einem abgründig-artifiziellen Szenario von Spelunken, finsteren Straßen und Spielhöllen verstrickt sie heillos gleich zwei Männer. Daß es am Ende doch nicht tragisch ausgeht, wirkt fast wie ein letzter Gnadenakt der Regie Charles Vidors: Ihrer hexischen Magie soll schließlich mit einer schallenden Ohrfeige ein adäquates Ende bereitet werden. Trotz (oder wegen) dieser Erziehungsmaßnahme wird gerade durch „Gilda“ der Hayworth-Mythos vom unwiderstehlichen Vamp nur noch verstärkt.

Erst in „Die Lady von Shanghai“ (1948) bereitet Orson Welles, der sie während der Dreharbeiten zu „Cover Girl“ heiratete, dem teuflischen Spiel der falschen Göttin ein ultimatives Ende. Um eine rote Trophäe beraubt, wird sie blond, kalt und kaum wiederzuerkennen als eiskalte Intrigantin entlarvt und hingerichtet. Mit dem signifikanten Spiegelkabinett, in dem Welles und Hayworth sich zum Schluß duellieren, zerschlägt Welles – als Rächer der Verstoßenen – auch den Hayworth-Mythos in tausend Scherben. Diese Züchtigung hat immerhin eine vierjährige Drehpause der Hayworth zur Folge. In den Fünfzigern rehabilitiert sie sich und ist ab nun eine seriöse und stilvolle Dame, die „dazugelernt hat“. Bis in die sechziger Jahre hinein beherrscht die Hayworth unter dem neuen Image auch weiterhin die Leinwand. Das klirrende Echo der mystifizierten „Lady“ allerdings hallt weiterhin nach. Christiane Voss

Rita-Hayworth-Filmreihe: noch bis zum 5. Mai im Moviemento 2. Spieltermine: siehe Programmteil