Erweiterte DNA-Auswertung: Dem Täter auf der Spur
Der genetische Fingerabdruck führt oft direkt und ausgesprochen sicher zum Täter. Die Prognose von äußeren Merkmalen ist viel unsicherer.
Seit Ende der 1980er-Jahre kann die Polizei aus der Tatortspur eines unbekannten Täters – etwa Blut oder Sperma – ein DNA-Identifizierungsmuster gewinnen. Dieser genetische Fingerabdruck kann dann zum Beispiel mit dem genetischen Fingerabdruck eines Verdächtigen verglichen werden. Stimmen beide überein, ist die Wahrscheinlichkeit eins zu mehreren Milliarden, dass der Verdächtige am Tatort war – vorausgesetzt die Proben wurden im Labor nicht vertauscht und die benutzten Geräte waren nicht verunreinigt.
Beim genetischen Fingerabdruck werden nur die „nicht-kodierten“ Teile der DNA untersucht, also diejenigen, die keine Erbanlagen enthalten. Dies hat auch praktische Gründe, weil hier die Unterschiede von Mensch zu Mensch am größten sind.
Der Bundesgerichtshof erklärte die Verwendung des genetischen Fingerabdrucks 1990 für zulässig. Eine spezielles Gesetz sei nicht erforderlich. Ein sieben Jahre später dennoch beschlossenes Gesetz bestimmt, dass die DNA nur zur Identifizierung von Spurenlegern untersucht werden darf. „Feststellungen über andere Tatsachen“ wurden ausdrücklich verboten.
Ein Jahr später, 1998, wurde die DNA-Analyse-Datei beim Bundeskriminalamt eingerichtet. Dort sind heute die genetischen Fingerabdrücke von rund 870.000 Straftätern gespeichert, zudem rund 300.000 Tatortspuren, die noch niemandem zugerechnet werden konnten. Der genetische Fingerabdruck einer neuen Tatortspur wird heute fast routinemäßig mit der DNA-Analyse-Datei abgeglichen. Bei jeder dritten Abfrage gibt es einen Treffer. Seit Einrichtung der Datei konnten so rund 190.000 mutmaßliche Täter identifiziert werden, vor allem Einbrecher.
Frau oder Mann?
2003 erlaubte der Bundestag erstmals die inhaltliche Auswertung der Tatort-DNA. Seitdem darf die Polizei erfahren, ob der Spurenleger ein Mann oder eine Frau war. Die Rechtsmediziner sehen ohnehin, ob die DNA ein männliches Y-Chromosom aufweist.
Andere Auswertungen der DNA sind deutlich aufwändiger und lange nicht so präzise. Die Augenfarben blau oder braun könne mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 bis 95 Prozent identifiziert werden, heißt es in einem Bericht für die Innenministerkonferenz in der vorigen Woche. Bei Mischfarben einschließlich grau und grün ist die Trefferquote deutlich niedriger.
Die Haarfarbe (rot/blond/braun/schwarz) kann mit einer Wahrscheinlichkeit von 75 bis 90 Prozent festgestellt werden. Allerdings bezieht sich der Test auf die Haarfarbe im Jugendalter, durch Krankheiten und Alterung könne diese sich auch verändern, so der IMK-Bericht.
Auch die Hautpigmentierung könne prognostiziert werden, mit einer Wahrscheinlichkeit von 98 Prozent für weiße Hautfarbe, 95 Prozent für schwarze Hautfarbe und 84 Prozent für „Mischformen“.
Biogeographische Herkunft
Am präzisesten kann laut IMK-Bericht die „biogeographische Herkunft“ prognostiziert werden. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,9 Prozent kann die ursprüngliche Herkunft aus Europa, Afrika, Südasien, Ostasien, Ozeanien und Amerika festgestellt werden, wobei bei Letzterem nur Native Americans gemeint sind.
Das Alter kann laut IMK-Bericht in der Regel auf drei bis fünf Jahre genau prognostiziert werden. Vor allem daran ist die Polizei interessiert.
Genetische Aussagen etwa zur Gesichtsform sind noch nicht möglich. Ein Phantombild kann aufgrund von DNA-Auswertung noch lange nicht gezeichnet werden.
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