Erstmals weniger Gas eingespeist: Düstere Zeiten für Biomethan
Bislang haben Bioerdgas-Anbieter schwarze Zahlen geschrieben. Mit der Energiepolitik der Bundesregierung droht jeder vierten Anlage das Aus.
Jahrelang war es stets aufwärtsgegangen mit der Biomethanerzeugung, seit im Jahr 2006 im bayerischen Pliening erstmals eine Biogasanlage ihr aufbereitetes Gas ins Netz speiste.
Nun aber ist der Höhepunkt überschritten. Die Anlagen produzierten 2019 rund 3 Prozent weniger Gas als im Vorjahr, weil einige von ihnen vorübergehend den Betrieb einstellten oder die Produktion reduzierten. Bundesweit erzeugten die 219 Anlagen im vergangenen Jahr insgesamt 9,8 Milliarden Kilowattstunden Biomethan – etwa 1 Prozent des deutschen Erdgasverbrauchs. Das Potenzial liege bei etwa 100 Milliarden Kilowattstunden, schätzt die Dena.
Dieses Potenzial zu erschließen, lohnt sich heute nicht mehr – aus mehreren Gründen. Zum einen wurden den Biogasanlagen immer neuen Auflagen gemacht, etwa was die Beschaffenheit der Fermenter betrifft, in denen das Gas unter Luftabschluss durch Vergärung entsteht. Viel entscheidender jedoch sind die Änderungen des regulatorischen Rahmens. 2008 hatte der Gesetzgeber noch entschieden, dass Erzeuger für ihr Biogas, das sie ins Erdgasnetz speisen, einen Bonus in Höhe von 0,7 Cent je Kilowattstunde bekommen – weil das dezentral erzeugte Gas Netzkosten vermeidet.
Entgelte für vermiedene Netzkosten fallen weg
Ökonomisch gesehen ist dieser Gedanke durchaus sachgerecht: Das eingespeiste Biomethan wird stets in räumlicher Nähe verbraucht, es muss also nicht über Fernleitungen transportiert werden. Diese Unabhängigkeit von den vorgelagerten Netzen wurde dem Erzeuger honoriert.
Doch 2010 befristete der Gesetzgeber den Bonus auf zehn Betriebsjahre jeder Anlage, obwohl der Vorteil für das Netz auch danach fortbesteht. Für eine mittelgroße Einspeiseanlage bedeutet das rund 300.000 Euro weniger Einnahmen pro Jahr. Frühe Anlagen, wie etwa jene der Stadtwerke im baden-württembergischen Mühlacker rutschten bereits tief in die roten Zahlen. Im badischen Forchheim hat Badenova den Wert ihrer Gasaufbereitungsanlage bereits per Sonderabschreibung komplett auf null reduziert und prüft wegen der Neuregelung bei den Netzentgelten inzwischen, ob der Weiterbetrieb überhaupt noch lohnt.
Die Dena warnt: Bis Ende 2020 werde jede vierte Anlagen keine Entgelte für vermiedene Netzkosten mehr erhalten – dabei sind diese oft entscheidend für die Wirtschaftlichkeit. Es sei in der Folge davon auszugehen, dass „spätestens im Jahr 2027 ein Großteil der heute noch im Betrieb befindlichen Biomethaneinspeiseanlagen außer Betrieb gegangen sein wird, wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht verbessern“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich