Erster Schwarzer Senator in Georgia: Eine historische Wende

Im Südstaat Georgia ist erstmals ein Afroamerikaner zum Senator gewählt worden. Pastor Raphael Warnock tritt das Erbe der Bürgerrechtsbewegung an.

Raphael Warnock

Als erster Afroamerikaner zum Senator in Georgia gewählt: Raphael Warnock Foto: Sue Dorfman/dpa

Die Ebenezer Baptist Church ist ein roter Backsteinbau an der Auburn Avenue in Atlanta, eröffnet vor 98 Jahren. Von 1931 an predigte dort mehr als vier Jahrzehnte lang Reverend Martin Luther King Sr. Ab 1960 assistierte ihm bei den Gottesdiensten sein Sohn, der berühmte Bürgerrechtler und Friedensnobelpreisträger Dr. Martin Luther King Jr., der im April 1968 ermordet wurde.

Man muss nur wenige Schritte gehen, um zum Grabmal Dr. Kings und seiner Witwe Coretta Scott King zu gelangen, einem Marmorquader in einem langgestreckten Wasserbecken. Aus dem ganzen Land pilgern Menschen dorthin.

Seit 2005 ist Reverend Raphael Warnock Pastor der Ebenezer Baptist Church. Die Gemeinde ist inzwischen auf 1.700 Mitglieder angewachsen und musste in ein neues, größeres Gebäude umziehen, das vom alten nur durch die Auburn Avenue und eine kleine Grünfläche getrennt ist.

Warnock ist sich des gewichtigen Erbes bewusst, das er als Pastor angetreten hat. „Die Schwarze Kirche ist das Gewissen Amerikas“, sagte er schon vor Jahren. Soziale Gerechtigkeit ohne Berücksichtigung der Hautfarbe ist für ihn ein zentraler Glaubenssatz.

Das Erbe von Sklaverei und Rassismus

Sein Lebensweg und der seiner Familie belegen, welche Hürden Schwarze in Georgia überwinden mussten. Das Erbe der Sklaverei, der Schinderei auf den Baumwollplantagen, der Lynchjustiz und Rassentrennung blieb dort lange in mehr oder weniger subtilen Formen lebendig.

Er wuchs mit elf Geschwistern in einem Pastorenhaushalt in Savannah auf, wo ihm ein Leben nach den Geboten der Bibel beigebracht wurde. Dank eines Stipendiums studierte er am traditionsreichen schwarzen Morehouse College in Atlanta, weil dort auch Martin Luther King studiert hatte.

Nach Stationen als Jungpastor in New York und Baltimore kehrte er nach Atlanta zurück und wurde der jüngste Pastor der Ebenezer Church. Schon früh setzte er sich für junge Schwarze ein, die mit der Polizei in Konflikt geraten waren. Vergeblich war 2011 sein Bemühen, die Hinrichtung des Schwarzen Troy Davis abzuwenden, der einen Polizisten ermordet hatte.

Sieg trotz Verleumdungen

In den folgenden Jahren stritt er dafür, dass sozial Schwache in Georgia staatlich geförderten Zugang zu medizinischer Versorgung erhalten. Dadurch wurde er als politische Stimme in seinem Heimatstaat bekannt. Er setzte sich für legalen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen und die gleichgeschlechtliche Ehe ein. Ein Horror war für ihn, dass es in Georgia erlaubt war, mit einer verdeckten Schusswaffe eine Kirche zu betreten.

Im Januar 2020 kündigte er an, im November gegen die republikanische Senatorin Kelly Loeffler anzutreten. Er gewann die meisten Stimmen, musste aber am 5. Januar in einer Stichwahl erneut gegen die glühende Trump-Anhängerin bestehen, die ihn als gefährlichen Radikalen darzustellen versuchte.

Die Wahl, die ihn zum ersten Schwarzen Senator aus einem der US-Bundesstaaten macht, die bis 1865 im Bürgerkrieg für die Sklaverei kämpften, ist ein historischer Meilenstein.

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