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Erste islamische Bank in DeutschlandLeasing im Namen Allahs

2013 soll die erste islamische Bank in Frankfurt eröffnen. Dabei gilt das Sharia-Prinzip: keine Zinsen. Eine Bedingung, die in Deutschland teuer werden kann.

In islamischen Banken gilt: keine Geldgeschäfte ohne Risiko. Bild: kaischoening / photocase.com

BERLIN taz | Geschäfte mit Pornografie, Alkohol, Schweinefleisch – alles verboten. Zinsen sowieso. Diese strengen Glaubensregeln mit modernen Finanzgeschäften in Einklang zu bringen, das ist das Ziel des „Islamic Banking“. Das Istanbuler Institut Kuveyt Türk will im Jahr 2013 eine islamische Bank in Frankfurt eröffnen, eine Filiale in Berlin soll folgen – sie wären die ersten ihrer Art in Deutschland.

Die mehrheitlich kuwaitische Bank will dafür im Oktober eine Vollbankenlizenz bei der Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungen (Bafin) beantragen. Dem stehe grundsätzlich nichts im Wege – wenn die üblichen Auflagen erfüllt werden, heißt es bei der Bafin. Kuveyt Türk wollte sich auf Anfrage der taz nicht äußern.

Banken, die streng nach dem religiösen Gesetz des Islam, der Scharia, handeln, müssen ihre Kunden stets am Risiko beteiligen. Alles andere gilt als Wucher. In der westlichen Welt ist Sparen ohne Risiko dagegen ausdrücklich erwünscht. Die gesetzliche Einlagensicherung in der EU wurde gerade im Zuge der Finanzkrise auf 100.000 Euro erhöht – das läuft dem islamischen Verbot risikoloser Profite diametral entgegen.

Eng mit der Ablehnung von Geschäften ohne Risiko hängt das Zinsverbot zusammen. Diese Regel wirkt sich in der Praxis so aus: Will der Kunde ein Haus, kauft dies zunächst die Bank. Der Kunde zahlt dann an das Institut regelmäßige Raten, die rechtliche Form ist oft die eines Leasing-Vertrags. Der Preisaufschlag entspricht etwa den Zinskosten eines konventionellen Kredits. Das Problem dieses Modells in Deutschland: Es wird nach dem Gesetz zweimal verkauft, also fällt auch zweimal Grunderwerbsteuer an.

Blasen sind nicht ausgeschlossen

Wegen des Zinsverbots investieren Islam-Banken meist direkt in Unternehmen. Das kann der Wirtschaft Stabilität bringen, wenn der Finanzsektor dadurch nicht schneller wächst als der reale. Blasen, das zeigen Immobilienkrisen etwa in Dubai, sind dadurch aber nicht ausgeschlossen. „Der islamische Bankensektor wächst seit Jahren zweistellig“, sagt Matthias Casper, Professor für Unternehmens- und Kapitalmarktrecht in Münster.

In der EU gibt es bislang nur in Großbritannien echtes „Islamic Banking“. Dort haben die Behörden Ausnahmen für Grunderwerbsteuer, Einlagensicherung und Eigenkapital geschaffen.

Julian Kühn vom Institute for Social Banking vermisst bei den Islam-Banken positive Auswahlkriterien, etwa für ökologische oder soziale Investments. Einen Teil der Verbote, etwa bei Geschäften mit Waffen, begrüßt er. Insgesamt seien deren Geschäfte aber kaum ethischer als die „normaler“ Banken.

In Deutschland dürfte „Islamic Banking“ zunächst eine Nische bleiben. Die meisten deutschen Muslime kommen aus der Türkei und Osteuropa. Dort ist diese Form des Geschäftemachens selbst noch relativ neu, sagt Casper. Den bisher einzigen deutschen Scharia-konformen Investmentfonds schloss die Commerzbank 2005 – mangels Nachfrage. Sollten sich deutsche Institute wieder an solche Produkte wagen, sieht Casper Chancen für Sparkassen und Genossenschaftsbanken: „Zur Bank an der Ecke haben die meisten Muslime längst mehr Vertrauen als zu Geldhäusern in ihrem Herkunftsland.“

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9 Kommentare

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  • IY
    Ihr Yago

    Es geht beim Islamic Banking doch nur darum das Kredite Sachwert gebunden sind ! Wer den Unterschied zwischen Sachwert gebundenen und Spekulation verbietenden Islamischen Krediten und des konventionellem Bankgeschäftes nicht kennt , hat die Letzten 4 Jahre geschlafen oder ist einfach nur voller Vorurteile. Lehmann Brothers hat regelrecht mit Luftwerten gehandelt und Kredite verkauft (und die Käufer an andere Banke etc) was ja im Endeffekt zu der Kriese geführt hat.

     

    Ich freue mich auf die erste Islamische Bank und bin GANZ sicher nicht nur Muslime sondern auch viele anders Gläubige als Kunden dieser Banken sehen werde.

  • IB
    islamic banking

    Im "Islamic banking" geht es darum das Geld aktiv in der Wirtschaft zu nutzen, also Geld gegen Leistung bzw. Ware und nicht Geld gebärt Geld.

     

    Es geht darum, dafür zu sorgen, dass Menschen ihr Geld nutzen und kein Monopol und "Sklaventum" bilden in dem die Reichen reicher werden und die Schuldner nur für diese arbeiten um eben die Zinsen (das faule Geld) abzuarbeiten.

     

    zweitens, wenn die Islamische Bank mir mein Haus kauft, verkauft sie das Haus für bestimmte Raten in einer bestimmten Zeit ohne den Zinses-Zins....

     

    In Malaysia z.b. bekommen eben solche Leute die einen festen Job, als Angestellter etc. haben , oder durch eine Arbeitslosigeitversicherung, eben ihr Haus, Auto, für z.b. einen 30 Monatigen Vertrag für RM 500.

    Das heißt die Bank darf von mir nur pro Monat rm 500 verlangen nicht mehr.

     

    Jedenfalls ist es nicht gerecht dem "Islamic Banking" mit dummen Kommentaren wie "ist doch das gleiche wenn die Bank das Haus verkauft und später Gebühren verlangt"

     

    ist es eben nicht!

    bei den zinsen gibt es einen p.a wert und real wert und zinses-zins.

     

    aber bei einem ratenverkauf ist alles eindeutig klar, darum geht es im islamic banking um den schutz des käufers, so dass nach 5 jahren sich niemand fragt wie von 100.000€ schuden auf einmal 150.00€ oder mehr wurden.

     

    das zins system dient nur dazu damit eine kleine minderheit uns mehrheit ausbeutet.

    ich empfehle folgendes video

    http://www.youtube.com/watch?v=2ojNg5DwqFE

  • B
    Brandt

    Die Auslandstürken machen schlechte Erfahrungen mit islamischen Bankprodukten. Der letzte große Skandal war in den 90er Jahren. Beim Konya Modell erwarben Moslems Anteilsscheine an islamischen Holdinggesellschaften, die sie in unprofitablen Kaufhäuser investierten.

     

    Das Prinzip der Verlustbeteiligung hatte in den 90er Jahren beim Konya Modell zwischen 200 und 300 Tsd. Auslandstürken um ihre Ersparnisse gebracht. Der Schaden lag zwischen 5 und 50 Mrd.

     

    Das islamische Bankwesen leidet an der Geldillusion, weil es den Kunden weismacht, dass mit Zins ein risikoloser Gewinn erzielbar wäre. Die Inflation sorgt immer dafür, dass Zinsgewinne auch negativ sein können in realer Kaufkraft gemessen.

     

    Im Prinzip existieren keine zinslosen Banken. Das gilt auch, wenn man Zinsen als Bearbeitungsgebühr ausgibt wie bei der JAK. Wenn man in einer Excel Tabelle die angeblich zinslosen Kredite mit zinstragenden Kredite vergleicht, dann sind die zinslosen Kredite effektiv teurer. Der Sparer hat nämlich immer die Wiederanlage-Möglichkeit für seinen Zins.

     

    Die finanziellen Beziehungen der "Moslems" mit den deutschen Banken geht stark zu Lasten der "Moslems", weil sie keine Firmenkredite erhalten im Gegenzug zu ihren Ersparnissen.

     

    Die Bundesregierung hat einen Fehler gemacht, diese Kreditlücke mit dem Mikrokredit-Programm der GLS Bank stopfen zu wollen. Mikrokredite sind sehr spekulationsanfällig, und sind in der Wissenschaft und in ihrem Ursprungsland inzwischen verschrien.

     

    Die GLS Bank profitiert vom populären Mythos, dass ethische Geldanlagen keine Rüstungsindustrie, Atomkraftwerke etc. finanzieren. Die Existenz eines Interbanken-Handels der ethischen Banken und dem "unethischen" Banksektor wird ignoriert. In ethische Geldanlagen investiertes Geld landet immer mit einem Multiplikator aus der Buchgeld-Schöpfung bei Banken, die die Rüstungsindustrie finanzieren.

     

    Beide Bankideologien ethische und Islamische Banken versprechen eine Finanzwelt ohne Blasen. Das ist falsch.

     

    Ökonomisch wäre den Auslandstürken und auch allen anderen Minderheiten mehr geholfen, wenn die EU die us-amerikanische "Community Development Banks" übernehmn würde für die Lenkung von Ersparnissen in die lokale Ökonomie der Diasporas.

  • WS
    Wendelin Sandkühler

    @broxx und Florestan:

    Die Kuveyt-Türk-Filiale in Mannheim ist keine "deutsche Bank", sie sammelt lediglich Geld ein. Angelegt wird in der Istanbuler Zentrale. Ein Experte sprach auch von einer "Drittbankenlizenz".

  • AH
    Alles Humbug

    Banken haben schliesslich die Fugger erfunden, um indianisches Raubgold und -silber zu bunkern ohne das der Kapitalismus nicht entstanden wäre. Dementsprechend sind muslimische Banken nur eine billige Kopie der christlichen Schlächter.

  • F
    Florestan

    Interessantes Thema weil es als Alternative zumindest zum Überdenken unseres Finanzsystem anregen könnte. Ob es besser sei damit noch lange nicht gesagt...

     

    Nicht ganz richtig ist "2013" und "Frankfurt": In Mannheim gibt es bereits seit 2007 eine Niederlassung die seit 2010 im normalen Kundengeschäft tätig ist.

  • B
    broxx

    Das mit den Zinsen ist natürlich Augenwischerei! Wenn die Bank mein Haus kauft und ich es bei ihr abzahle dann sind da doch auch Mehrkosten (Erträge für die Bank) drauf. Aber wenn´s selig macht...

  • T
    Thomala

    Komisch das es in Mannheim seit 2010 schon eine Bank existiert die hallal ist.

     

    Kuveyt Türk Beteiligungsbank A.G.

    U 1- 9 68161 Mannheim

  • AG
    Anton Gorodezky

    Geschäfte ohne Zins? - Lächerlich, letztendlich wird das ganze nur anders genannt. Wen meinen die damit veralbern zu können? Den allmächtigen, allwissenden Allah? Wenn da im Leben nach dem Tod nicht mal die böse Überraschung kommt.