Erste deutsche National-Akademie: Ein Rat-Haus für Deutschland
Die erste deutsche National-Akademie öffnet ihre Pforten. Sie berät die Politik.
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HALLE taz Für ihren Beratungsbedarf haben deutsche Politiker erstmals eine nationale Institution. Am Montag wurde in Halle die Naturforscher-Akademie Leopoldina feierlich zur Nationalen Akademie der Wissenschaften ernannt. Zu deren Hauptaufgaben gehört neben der Repräsentanz der Deutschen Wissenschaft im Ausland ausdrücklich die Beratung politischer Entscheidungsträger vor allem in großen Zukunftsfragen. Damit sind zugleich die bis ins 17. Jahrhundert zurückreichenden Bemühungen um eine deutsche Nationalakademie erfolgreich.
Gleich mehrere Redner sahen die Akademie am Montag auf gleicher Ebene mit der britischen Royal Academie oder der französischen Académie des sciences. Die Leopoldina vereinigt 1.250 Wissenschaftler, die zu drei Vierteln aus dem deutschsprachigen Raum kommen, und verfügt über eine Bibliothek von 260.000 Bänden. Präsident Volker ter Meulen hatte gegenüber der taz bereits die fortgesetzte Eigenständigkeit der Leopoldina betont. "Eine nationale Akademie buhlt nicht um Fördergelder für Forschung, sondern agiert unabhängig." Finanziert wird die Akademie mit 4 Millionen Euro vom Bund, 1 Million steuert Sachsen-Anhalt bei.
Während Bundespräsident Horst Köhler wieder ein "wachsendes Interesse an wissenschaftlichen Zusammenhängen" konstatierte, sah Festredner Jules A. Hoffmann, Präsident der Pariser Académie des sciences, eine Aufgabe in der Überwindung der gewachsenen Vorbehalte gegenüber den Naturwissenschaften.
Vier Mediziner hatten 1652 in Schweinfurt zunächst eine Academia Naturae Curiosum gegründet. Kaiser Leopold I. erkannte sie 1677 an und stattete sie ein Jahrzehnt später mit den Privilegien einer Reichsakademie aus. Im Jahr 1878 siedelte sich die Leopoldina dauerhaft in Halle an. Die älteste ununterbrochen existierende naturwissenschaftliche Akademie der Welt bewahrte auch in den 40 Jahren DDR ihre weitgehende Unabhängigkeit.
Seit fast zwei Jahrzehnten wird die Errichtung einer Nationalakademie im vereinigten Deutschland wieder diskutiert. Schließlich rang sich der Wissenschaftsrat, das von der Politik berufene Beratergremium, im Jahr 2004 dazu durch, sozusagen ein Konkurrenzgremium zu sich selbst zu empfehlen. Im Februar einigte sich Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) mit ihren Länderkollegen.
MICHAEL BARTSCH
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