piwik no script img

Erste deutsche Frau im WeltraumRabea Rogge ist keine Berufsastronautin

Bei einer Skiexpedition lernte die Doktorandin einen Milliardär kennen. Er ermöglicht ihr, am Dienstag mit einer Musk-Rakete ins All zu fliegen.

Raumfahrerin Rabea Rogge (links): Seit August 2024 trainiert sie dafür, ein paar Tage im All zu sein Foto: SpaceX via dpa

Die erste deutsche Frau im All wird wahrscheinlich keine Berufsastronautin sein. Rabea Rogge hat es einem glücklichen Zufall zu verdanken, dass sie am Dienstag zwischen 3 und 4 Uhr morgens deutscher Zeit mit einer Rakete von Elon Musks Firma SpaceX von Cape Canaveral in Florida ins All starten soll.

Die 29-jährige Robotik-Doktorandin an der Norwegischen Technischen Universität in Trondheim lernte bei einer arktischen Skiexpedition den chinesischen Bitcoin- und Blockchainmilliardär Chun Wang kennen. Der ist nicht nur reich, sondern offensichtlich auch ein Abenteurer. Er hat nicht, wie bei Weltraumtouristen üblich, einen Platz in der Kapsel gebucht, sondern gleich die ganze Mission gekauft. So konnte er sich auch die drei anderen Crewmitglieder aussuchen.

Als Rogge Wang beim Expeditionstraining in der Arktis kennenlernte, habe sie ihm von ihrem Team studentischer Satellitenbauer an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich erzählt, sagte Rogge dem Magazin National Geographic in einem ihrer wenigen Interviews. „Dass er mich ein halbes Jahr später fragt, ob ich bei einer astronautischen Mission mitfliegen will, hätte ich im Traum nicht gedacht“, erinnert sich die gebürtige Berlinerin.

Dass Rogge, Chang und ihre zwei Mit­strei­ter:in­nen, die norwegische Filmemacherin Jannicke Mikkelsen und der australische Polarguide Eric Philips, ins All fliegen können, verdanken sie den Fortschritten in der Raumfahrttechnik. Ihre Kapsel, die Crew Dragon, ist vollautomatisiert, ein Berufsastronaut mit Pilotenerfahrung muss auf der Mission nicht dabei sein. Die Kapsel wird auch von Weltraumagenturen gebucht, etwa, um ihre As­tro­nau­t*in­nen zur internationalen Raumstation ISS zu bringen.

Bisher nur 12 Männer im All

Die europäische Weltraumagentur ESA hat bisher 12 Männer und keine einzige deutsche Frau ins All geschickt. Unter den As­tro­nau­t:in­nen der ESA sind zwar zwei deutsche Frauen, Amelie Schoenenwald und Nicola Winter. Sie warteten als Reserve-Astronautinnen bislang aber vergeblich auf ihren Flug ins All. Außerdem sammelt seit 2016 die private Initiative „Die Astronautin“ Gelder dafür, eine Deutsche auf die ISS zu bringen. Mit den zwei Finalistinnen Insa Thiele-Eich und Suzanna Randall stehe Rogge in gutem Austausch, erzählte sie National Geographic.

Dass nun, fast 50 Jahre nach dem ersten deutschen Kosmonauten Sigmund Jähn, als erste Frau eine ins All fliegt, die nicht Berufsastronautin ist, hat mit dem Strukturwandel zu tun. Neben dem technischen Fortschritt liegt das auch an der Kommerzialisierung und Privatisierung des Weltraums, die es für Reiche immer einfacher machen, ins All zu fliegen – sowie für die, die ihre Bekanntschaft schließen.

Training im Schnelldurchlauf

Der private Raumfahrtsektor hat mehr Geld und kann risikofreudiger sein. Prozesse wie die Planung und Durchführung eines Weltraumflugs sind daher oft wesentlich schneller. Während die Agenturen dazu jahrelang ausbilden, weil sie auf einen mehrmonatigen Aufenthalt auf der ISS mit Außenbordeinsätzen und wissenschaftlichen Experimenten vorbereiten, trainieren Raum­fah­re­r:in­nen wie Rogge quasi im Schnelldurchlauf: Seit August 2024 ist sie für ihr Trainingsprogramm in Kalifornien. Rogge und ihre Mit­strei­te­r:in­nen werden aber auch nur für 3 bis 5 Tage im All sein.

Kurz vor ihrem Abflug sprach Rogge mit der dpa: Sie werde eine historische Medaille aus der Sammlung des Deutschen Technikmuseums Berlin mitnehmen, die den Flugpionier Otto Lilienthal ehrt, sowie die Kopie der Freiheitsglocke aus dem Rathaus Berlin-Schöneberg, die sie an ihre Heimatstadt erinnere.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Würden Sie Superreichen, die Sie kennenlernen, eher die Meinung geigen, na aber mal sowas von, oder mit ihnen ein nettes, unverbindliches Gespräch führen? Wenn dafür ein Raumflug rausspringt, und Sie ein space geek sind, werden Sie sich unter diesen Bedingungen eher für Option B entscheiden. Und, ganz ehrlich, eine superreiche Person zahlt das aus der Portokasse und kann die Presse, egal ob gut oder schlecht, fürs Image ausschlachten. Für schlechte Zeiten zurücklegen.

  • Ziemlich nervig, eine Studentin als Astronautin zu bezeichnen. Hätte sie den chinesischen Milliardär aus Malta nicht kennengelernt, wäre sie nicht dabei.

  • Ach ja, was wäre die Welt ohne durchgeknallte Milliardäre.

  • Bitcoin- und Blockchainmilliardär ... da ist er, der direkte Bezug: hirnlos Geld- und Planeten-Verbrennen, genau das ist dieser strukturell neue Teil der Raumfahrerei.

  • Zuerst einmal: Raumfahrt ist gut, wichtig und spannend. Punkt.



    Nur wäre es schön, wenn man einen größeren Fokus darauf läge, welchen Nutzen die Ressourcenverbrennung und Schadstoffemissionen dieser Reise rechtfertigt? Wenn ich es richtig sehe geht‘s darum Polarlichter zu knipsen und der Beobachtung von nach kurzer Zeit eintretenden Einwirkungen von Flügen ins All auf den menschlichen Körper. (Das untersucht man zwar auch auf der ISS, aber eher die Auswirkungen nach mehreren Tagen und Wochen, nicht nach lediglich 48 Stunden.)



    Nun gut, ganz wertlos ist der Flug damit zumindest nicht. Dennoch riecht das nach einem Vergnügungsflug mit aufgesetzter Mission fürs bessere Image. Aber Ressourcenverschwendung passt ja zu einem „Bitcoinmilliardär“. Andererseits kann er so für das Geld nicht noch eine Superyacht bauen lassen. Die hätte noch weniger Nutzen für die Forschung.

  • Irgendwie fehlt mir hier die kritische Auseinandersetzung mit solchen privaten Weltraumausflügen, wo es doch sonst schon ein riesen Drama ist, wenn vermeintlich Reiche mit ihre Privat"jets" die kaum mehr als ein SUV verbrauchen, durch die Gegend fliegen. Wäre scho interessant, wie oft Friedrich Merz nach Sylt fliegen müsste, um den CO2 Ausstoß der Rakete zu erreichen