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Erste Plenarsitzung seit 6 WochenDas Parlament ist zurück

Erkenntnisse nach der Pause: Eine neue Kultursenatorin, die auf Gott schwört, zwei neue, alte Gesichter und eine wieder erstarkte Franziska Giffey.

Die von der CDU ausgesuchte, aber parteilose neue Kultursenatorin Wedl-Wilson und ihr Vor-Vorgänger Lederer (früher Linkspartei) Foto: Jens Kalaene/dpa

Berlin taz | Es kann etwas zusammenkommen, wenn ein Parlament sechs Wochen lang nicht mehr zusammengesessen hat – die beiden jüngsten Donnerstags-Feiertage standen Plenarsitzungen im Abgeordnetenhaus im Weg: Die neue Kultursenatorin schwört auf Gott, die Wirtschaftssenatorin kann auch noch kämpferische Auftritte, und Grüne und Linkspartei können im Abgeordnetenhaus wieder auf bewährte Kräfte früherer Jahre zurückgreifen.

In der Mitte des Plenarsaals stehen schon zwei Mikrofonständer, bevor die Sitzung überhaupt beginnt. Die parteilose bisherige Staatssekretärin Sarah Wedl-Wilson ist schon früher am Morgen von Regierungschef Kai Wegner (CDU) im Roten Rathaus zur Kultursenatorin ernannt worden, nun hat sie ihren Amtseid zu leisten. Den schwört sie mit der Bekräftigung „so wahr mir Gott helfe“, wie ihr zurückgetretener gläubiger Vorgänger Joe Chialo. Der erzählte der taz mal, dass er beim Pilgern auf dem Jakobsweg 2020 beschloss, in die Politik einzusteigen.

Die erste Umarmung nach der Vereidigung kommt nicht von der CDU, die sie ausgewählt hat, sondern von ihrem Vorvorgänger: Klaus Lederer eilt aus den Reihen der Linksfraktion und herzt seine Nachnachfolgerin, von der er sich sichtlich mehr erwartet als von dem von ihm kritisierten Chialo.

An die folgende zentrale Debatte zur wirtschaftlichen Lage Berlins und der Senatspolitik dazu gab es geringe Erwartungen – es schien allein auf ein „Wir machen’s richtig“ versus „Eben nicht“ hinauszulaufen. Dass es anders kommt, liegt an Franziska Giffey (SPD). Die wirkte zuletzt weit weg von früheren, teils mitreißenden Auftritten. Nun aber, angestachelt durch Kritik, gelingt ihr ein Auftritt, der die jüngst nicht immer einige schwarz-rote Koalition zu lautem Beifall vereint.

Giffey will keine „Sonnenkönigin“ sein

Denn der Grüne Christoph Wappler hatte ihr vorgehalten, sich als „Sonnenkönigin“ zu inszenieren. Giffey würde mit ihrer Förderpolitik „auch das verstolpern, was nach Ihrem Haushaltschaos noch davon übrig ist“. Und die AfD redete bei der Wirtschaftspolitik des Senats schier alles klein. „Herr Wappler, ich lasse mich von Ihnen nicht als Sonnenkönigen diffamieren, weil ich für internationale Kooperation unserer Stadt sorge“, kontert Giffey. Reisen und Kontakte im Ausland seien wichtig, „nicht nur Bullerbü-Machen“. Und Richtung AfD sagt sie: „Weltoffenheit ist der wichtigste Standortfaktor für Berlin“, ein Rechtsruck schwäche Wachstum und Wohlstand.

Das verfolgen in den Fraktionsreihen auch zwei, die dort mal prägend waren, deren Zeit als Abgeordnete aber zumindest bis zur nächsten Wahl vorüber zu sein schien. Michael Efler, Experte der Linkspartei für Demokratie- und Klimafragen, und Benedikt Lux, langjähriger Innenpolitiker der Grünen, waren 2021 beziehungsweise 2023 nicht wieder gewählt worden.

Zurück kommen sie als Nachrücker für Abgeordnete, die nach der Neuwahl des Bundestags nun dort Mitglieder sind. Restmandatszeit für die beiden: fast auf den Tag genau 16 Monate – wahrscheinlich am 20. September 2026 steht die nächste Abgeordnetenhauswahl an.

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