Erste Klimaschutzregelung auf hoher See: Klimapiraten drehen bei
Die UN-Schiffsorganisation IMO will CO2-Emissionen bis 2050 halbieren. Jahrzehntelang hatte sie sich gegen so eine Regelung gewehrt.
Damit hat nach der Luftfahrtorganisation ICAO nun auch der letzte Gesetzlose der internationalen Klimapolitik seinen Widerstand gegen Grenzwerte aufgegeben. Fast alle Staaten und alle Branchen sind damit nun zum Klimaschutz verpflichtet.
Der Beschluss der IMO sei „ein Kompromiss, der nicht alle zufriedenstellt, aber alle an Bord behält“, sagte IMO-Generalsekretär Kitack Lim. Eine Klimaallianz unter anderem von EU und Marshall Islands hatte dafür plädiert, die Emissionen bis 2050 um 70 bis 100 Prozent zu verringern.
Damit soll das Ziel aus dem Pariser Abkommen zum Klimaschutz eingehalten werden, die Erwärmung der Erde möglichst bei 1,5 Grad Celsius bis 2100 zu stoppen. Der 50-Prozent-Kompromiss reiche aber nur für 2 Grad, kritisierten Umweltgruppen.
„Fairer Deal“
Auch der Umweltminister der Marshall Islands, David Paul, hatte mehr erhofft, zeigte sich aber mit dem „fairen Deal“ zufrieden. „Mit dieser Obergrenze kann die Schifffahrt nachhaltig weiterwachsen.“
Eine schärfere und schnellere Reglementierung war am Widerstand wichtiger Staaten gescheitert. Vor allem die USA, Saudi-Arabien und Brasilien wehrten sich nach Angaben von Teilnehmern anfangs gegen eine Obergrenze. Manche Länder fürchten um ihre Ausfuhren, wenn Schiffstransporte teurer werden.
Reedereien und die Industrieländergruppe OECD dagegen hatten für Regeln geworben, um langfristig Planungssicherheit zu haben. Eine OECD-Studie fand außerdem, dass Seetransport auch mit CO2-freiem Antrieb, effizienteren Schiffen und besserer Planung schon bis 2035 möglich sei. Die Regelung jetzt bedeute, dass ab 2030 die meisten neuen Meeresschiffe mit Antrieb aus erneuerbarem Treibstoff gebaut würden, hieß es.
So viel Klimagase wie Deutschland
Der Seeverkehr wickelt über etwa 50.000 Schiffe 80 Prozent des weltweiten Handels ab. Dafür verursacht er knapp 3 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen, etwa so viel wie Deutschland. Ohne Begrenzung könnte dieser Anteil bis 2050 bis auf 17 Prozent der weltweiten Emissionen steigen, warnen Experten. Der internationale Verkehr auf See und in der Luft war sowohl 1997 im Kioto-Protokoll als auch 2015 im Pariser Abkommen von einer Regelung ausgenommen worden.
Für den Fall eines unzureichenden CO2-Ziels bei der IMO hatte die EU gedroht, den Schiffsverkehr in den Emissionshandel aufzunehmen. Mit dem Kompromiss habe sich die IMO nun „Zeit gekauft“, sagte der grüne Europa-Abgeordnete Bas Eickhout der taz. „Das ist ein großer Schritt für die IMO. Jetzt müssen sie zeigen, dass sie möglichst schnell konkrete Maßnahmen ergreift.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen