Erstattungen wegen Verspätung: Bahn steckt noch im Papierzeitalter
Fahrgäste verzichten auf Geld, das ihnen die Bahn wegen einer Verspätung erstatten müsste – auch weil das Prozedere sehr aufwendig ist.
Denn online ist das bislang nicht möglich. „Erstattungen müssen einfacher werden“, fordert Philipp Kosok, VCD-Bahnreferent. Ein weiteres Problem bei Verspätungen: KundInnen ärgern sich über die schlechte Information durch die Bahn. Rund 60 Prozent der Befragten wollen bei Verspätungen besser über Anschlüsse informiert werden. Allerdings sieht mehr als ein Drittel der Befragten auch Verbesserungen in den vergangenen drei Jahren, etwa das WLAN im ICE oder kürzere Reisezeiten. Insgesamt geben die befragten KundInnen der Bahn die Note 2,8 für das Fernreiseangebot.
Rund jeder vierte Fernzug hatte in diesem Jahr Verspätung. Reisende haben Anspruch auf eine Rückerstattung von 25 Prozent des Ticketpreises, wenn ihr Zug mehr als eine Stunde Verspätung hat. Bei zwei Stunden sind es 50 Prozent. Der VCD fordert die Möglichkeit, Rückerstattungen auch online eintreiben zu können. Möglich wäre das etwa über die App der Bahn, den DB-Navigator. Außerdem wünscht sich der VCD, dass es bereits Erstattungen ab einer Verspätung von 30 Minuten gibt. Das wollen auch 55 Prozent der Befragten.
Bahn räumt Fehler ein
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen sieht ebenfalls Handlungsbedarf. „Die Bahn muss ihre Kommunikation verbessern“, sagte Bahnexperte Gregor Kolbe. „Wer online bucht, soll auch online entschädigt werden.“ Die Bahn betont, dass sie die Regeln für die Erstattung bei Verspätungen einhält. „Bei den Fahrgastrechten setzen wir vollumfänglich die gesetzlichen Vorgaben um“, sagte ein Sprecher. Er räumt ein: „Es ist verständlich, dass das derzeitig praktizierte Verfahren der Fahrpreisentschädigung und -erstattung von unseren Kunden als nicht mehr zeitgemäß empfunden wird und einfache Lösungen gewünscht werden.“
Die Bahn will keine Entschädigungen schon ab einer Verspätung von einer halben Stunde. Aber sie arbeitet an einer Online-Lösung für das Eintreiben der Erstattung. Die Bahn habe sich „mit einer konzernweiten Digitalisierungsoffensive“ das Ziel gesetzt, Prozesse und Angebote zu verbessern, sagte der Sprecher. „Auch für das Bearbeiten von Fahrgastrechtsfällen verfolgen wir dieses Ziel und arbeiten hier an einer digitalen Lösung.“ Das sei „allerdings sowohl fachlich wie auch technisch gesehen komplex und herausfordernd“. Wann die Online-Lösung kommt, kann die Bahn nicht sagen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Olaf Scholz in der Ukraine
Nicht mit leeren Händen