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Erotik ohne Exotik?

■ Kunstverein Nord sucht die erotische Seite der zeitgenössischen Kunst

hier bitte das

wirre Gemälde

Mona Fischer "Die Früchte in Margaretas Garten", Öl, Kreide auf Tuch, 1984, AusschnittFoto: Tristan Vankann

Ein bißchen Rummel wollte der im Januar 1990 gegründete Kunstverein Nord mit der Ausstellung „Erotik in der zeitgenössischen Kunst“ schon haben. Am Samstag, 23. Februar wurde im Vegesacker KITO eröffnet. Die Reaktion war heftig, weit über Vegesack hinaus.

Frau des Anstoßes ist Natascha Fiala, Aktions-Künstlerin aus

Kassel. Ihre Performance zur Eröffnung und die Bilder, die sie hinterließ, sind für den Vorsitzenden des KITO-Trägers Verein Altes Packhaus, Hermann Krauß, „nicht tragbar“, „pornographisch“.

Für die Performance hängte Fiala einen Teil des Packhaus-Bodens schwarz ab. Einlaß wurde nur nach einem Schuß mit einer Bolzen-Pistole gewährt. Hinter dem Vorhang ließ sich die tanzende Künstlerin von den Pfeilen treffen, tanzte blutend weiter (s.a. Kasten), schlagzeilenträchtig.

Packhaus-Verein und KITO- Belegschaft gingen auf Distanz. Nur die „Ehrfurcht vor der Freiheit der Kunst“ hat Geschäftsführer Claus Hößelbarth, Ausstelllungsmacherin Ulla Deetz und Boß Hermann Krauß daran gehindert, die rot und fleischfarben drohenden Phalli und klaffenden Mösen von Natascha Fiala wieder abzuhängen und die Performance abzusagen. Peter Krüger hat wenig Verständnis für die Aufregung: „Frau Fiala war zwei Wochen vorher hier, um ihre Konzeption zu erläutern.“ Gemeinsame Veranstaltungen mit dem KITO wird es nun nicht mehr geben. Der Kunstverein sucht sich andere Ausstellungsräume.

Die eigentliche Ausstellung ist hinter den Schlagzeilen um die Eröffnung fast verschwunden. Aber auch wenn die Wogen sich geglättet haben, wird man im KITO wenig Aufregendes finden. Zwischen den in barocker Pracht drapierten Äpfeln, Brüsten und quellenden Schenkeln des großformatigen Triptichons von Dorrit Nebe, das die Stirnseite des Ausstellungsraumes beherrscht, und dem esoterisch-quadratisch gold auf weiß gedruckten „Blutgold“ von Li Portenlänger hängt nur ein Teil der möglichen Palette. Aus Geldmangel mußte das ehrgeizige Projekt des Kunstvereins eine Nummer tiefer gehängt werden. Große Namen wie Elvira Bach, ter Hell oder Charly Banana waren zwar im Gespräch, blieben dem Bremer Norden aber fern. Transport und Versicherung der Star-Bilder konnte der Verein sich nicht leisten.

Am 5. März lädt der Kunstverein ab 20 Uhr zu einer Diskussion über die Ausstellung ins KITO ein.

asp

Die Ausstellung läuft noch bis zum 17. März, Sa-So 11-17 Uhr; Di-Fr 14-17 Uhr

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