piwik no script img

■ Das PortraitErnst-Otto Czempiel

Schon immer hielt er Ordensverleihungen für Relikte aus einer vorrepublikanischen Zeit. Am Wochenende war er selbst dran. Professor Dr. Ernst-Otto Czempiel bekam vom hessischen Ministerpräsidenten Hans Eichel (SPD) das Bundesverdienstkreuz überreicht.

Es bedurfte vielerlei Zuspruchs, bis Ernst-Otto Czempiel diese Ehrung als das annehmen konnte, was sie ist: eine Auszeichnung für seine Verdienste um die Forschung und Lehre hinsichtlich der internationalen Beziehungen. Und da hat der Politikwissenschaftler, 1927 in Berlin geboren, durchaus einiges aufzuweisen.

Czempiel war Mitbegründer und ist heute geschäftsführendes Vorstandsmitglied des größten Friedensforschungsinstitutes in Deutschland, der Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, die 1970 von der hessischen Landesregierung ins Leben gerufen wurde. Jetzt wurde er auch zum Kuratoriumsvorsitzenden des neuen „Hessischen Friedenspreises“ gewählt.

Die eigene Erfahrung der Kriegsjahre als Jugendlicher hat den späteren Friedens- und Konfliktforscher entscheidend geprägt. Krieg und Gewalt als Mittel politischer Auseinandersetzung lehnt er ab. Aber anders als bei manch „traditionellem“ Pazifisten äußert sich diese Einstellung bei ihm nicht in einer grundsätzlichen Kritik am bürgerlichen Staat und der Macht an und für sich. Dies nahmen ihm besonders die 68er sehr oft übel. Jetzt müssen ihm viele seiner Kritiker zugestehen, daß seine grundlegenden Schriften und Analysen bis heute Bestand haben.

Friedens- und Konfliktforscher, seit kurzem mit Bundesverdienstkreuz Foto: H. Eifert

Czempiel versteht unter Staat eben nicht einen monolithischen Machtblock, sondern vielmehr ein dynamisches Herrschaftsverhältnis zwischen Regierung und Gesellschaft, in das immer wieder einzugreifen sich lohnt. Gerade angesichts der Rufe nach militärischer Intervention in den verschiedensten Teilen der Welt plädiert er für Prävention, die Politik ziviler Einmischung, die „sanfte Macht“.

Für regelrecht absurd hält er die Politik, Waffen an Diktatoren und in Krisenherde zu exportieren und dann, wenn es brennt, dort mit militärischer Intervention für eine Befriedung sorgen zu wollen: „Ein Innenminister, der an alle Verbrecherbanden Gewehre austeilt und sie ihnen dann, wenn sie sie gebrauchen, mit Polizeigewalt wieder wegnimmt, würde ins Sanatorium geschickt“, meint er. Erika Held

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen