Erneuerungsversuche in der Linkspartei: Ideen reichen nicht
Gut so: Die Linkspartei setzt sich mit Klimagerechtigkeit auseinander. Aber entscheidend ist, dass sie damit mehr Menschen erreicht als bislang.
D ie Klimabewegung gehört raus an die Werkstore und an die Haustüren – darin schienen sich alle einig zu sein bei der Konferenz „System Change“. Klimabündnisse und mehr Vernetzung wollen die Bewegungslinken, die das digitale Treffen organisiert haben und ein Teil der Linkspartei sind. Und sie wollen die Partei erneuern, Politik von unten machen, von der Straße. Schließlich ist Klimapolitik auch eine Klassenfrage.
Das ist richtig. Klimapolitik und soziale Gerechtigkeit gehen einher. Es ist gut, dass sich die Linkspartei – wohl als einzige Partei – ernsthaft damit auseinandersetzt, wie die Frage nach der Klimagerechtigkeit zu lösen ist. Die Ideen sind da, die Ideen sind gut. Doch das allein reicht nicht.
Die Linke sollte erst einmal eine Ebene tiefer schauen. Forderungen aufzustellen ist gut und wichtig – aber diese Forderungen sollten auch bei der breiten Masse ankommen. Und wenn ein Wahlprogramm, von dem über 90 Prozent der Bevölkerung profitieren würden, nicht mal die 5-Prozent-Hürde bei der Bundestagswahl knackt, dann sollte man sich vielmehr zunächst mit diesem grundlegenden Problem auseinandersetzen. Wenn man Proteste plant, muss man reflektieren, warum man so wenig Leute für sich gewinnt.
Selbst mehrere tausend Menschen, die im März wieder für Klimagerechtigkeit auf die Straße gehen werden, sind viel zu wenig. Am Inhalt kann es nicht liegen. Sind es Uneinigkeiten in der Partei? Fehlende Auseinandersetzung mit der SED-Vergangenheit? Auf der Konferenz wurde darüber kaum geredet. Nur der Begriff „Ökosozialismus“ wurde kurz diskutiert. Vielleicht sei „Gemeinwohlökonomie“ die bessere Terminologie? Das ist zu wenig. Schlimmer noch: eine weitere verkopfte Diskussion, die den Fokus in die falsche Richtung lenkt.
Wer eine Bewegungspartei sein möchte, braucht eine Bewegung. Dass man sich vernetzen und organisieren muss, ist nicht die Frage – das kann man planen. Aber eine Klimabewegung an Haustüren und Werkstoren heißt noch lange nicht, dass sich die Menschen dahinter dieser anschließen werden. Wie man sie dazu bekommt, das ist die wahre Challenge.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers