Ermittlungen zur Terrorzelle NSU: Zschäpe wohl an Taten beteiligt
Beate Zschäpe wusste, was in den Köpfen der mutmaßlichen Mörder der Terrorzelle NSU vor sich ging. Das belegen Beweise der Ermittler in der Mordserie. Ob Zschäpe an Tatorten war, ist unklar.
BERLIN dpa/afp/taz | Die Ermittler im Fall der Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ NSU haben nach den Worten von Generalbundesanwalt Harald Range Beweise für eine Tatbeteiligung der inhaftierten Beate Zschäpe. „Wir haben viele Beweismittel, die belegen, dass sie sehr genau wusste, was in den Köpfen (der mutmaßlichen Mörder) Mundlos und Böhnhardt vorgegangen ist und was sie getan haben. Und dass sie an den Taten beteiligt war, zumindest durch logistische Hilfe“, sagte Range der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS). Es sei aber noch nicht klar, ob sie „an einem oder mehreren Tatorten“ war.
Die Ermittler gehen davon aus, dass die Rechtsterroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in einer über Jahre dauernden Mordserie zahlreiche Personen mit muslimischem Hintergrund töteten. Zschäpe schweigt bislang zu ihrer Rolle. Die Generalbundesanwaltschaft arbeite „mit Hochdruck“ daran, Zschäpe eine Beteiligung an den Morden des NSU nachzuweisen, betonte Range. „Wenn wir ihr die Mittäterschaft zum Mord nachweisen können, ist eine lebenslange Freiheitsstrafe die Konsequenz. Bei so vielen Morden kann das auch wirklich heißen: lebenslang.“
Zschäpes Haftbefehl laute auf Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung - die Höchststrafe betrage zehn Jahre Haft - und besonders schwere Brandstiftung, die mit bis zu fünfzehn Jahren Haft bestraft werden könne, erläuterte Range.
Zschäpe schweigt bislang zu ihrer Rolle in dem Neonazi-Trio, das nach seinem Abtauchen Ende der 1990er Jahre die Terror-Gruppe NSU gegründet haben soll. Dem NSU werden zehn Morde, zwei Brandschläge und eine Serie von Banküberfällen zur Last gelegt. Mundlos und Böhnhardt waren im November nach einem gescheiterten Banküberfall in Eisenach tot in ihrem Wohnmobil gefunden worden, Zschäpe stellte sich der Polizei.
Vor dem Hintergrund der jahrelang unentdeckt gebliebenen Terrorzelle forderte Range zudem eine Ausweitung der Rechte seiner Behörde. Die Bundesanwaltschaft brauche „mehr und klare Initiativrechte, um in der Lage zu sein, selbst zu prüfen und zu bewerten, ob wir in einem konkreten Fall zuständig sind“, sagte er der FAS.
Laut Informationen des Spiegel hatte das Zwickauer Neonazi-Trio darüber hinaus Verbindungen nach Nürnberg. Das habe erstmals ein mutmaßlicher Unterstützer der NSU bestätigt. In der Stadt sollen die Terroristen drei ihrer insgesamt zehn Morde verübt haben. Mundlos habe in Nürnberg einen „Kamaraden“ gehabt, schreibt das Blatt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“