piwik no script img

Ermittlungen zu PolizeigewaltNeun von zehn Verfahren eingestellt

Laut einer Untersuchung wird gegen gewalttätige Polizisten kaum Anklage erhoben. Ein Kriminologe fordert eine unabhängige Ermittlungsstelle.

Anzeigen wegen Polizeigewalt bleiben häufig folgenlos Foto: dpa

Mainz afp | Neun von zehn Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte wegen Verdachts auf rechtswidrige Gewaltausübung werden einem Bericht zufolge eingestellt. Nur in drei Prozent der Fälle wird Anklage erhoben, wie das ARD-Politikmagazin „Report Mainz“ am Dienstag unter Berufung auf eine gemeinsame Auswertung mit dem Kriminologen und Juristen Tobias Singelnstein von der Ruhr-Universität Bochum berichtete. Der Wissenschaftler forderte angesichts der Zahlen eine unabhängige Ermittlungsstelle.

Die Zahlen beziehen sich den Angaben zufolge auf die Jahre 2010 bis 2016. So gab es demnach beispielsweise 2016 insgesamt 2383 Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte wegen Anfangsverdachts auf rechtswidrige Gewalt. 2132 dieser Verfahren seien eingestellt worden.

Als Grund für die hohe Zahl der eingestellten Verfahren nannte Singelnstein in dem Bericht die besondere institutionelle Nähe der ermittelnden Behörden – also Polizei und Staatsanwaltschaft – zu den beschuldigten Polizeibeamten.

„Besser wäre es, das Ganze auf eine Art und Weise zu lösen, wie das auch andere Länder tun, das heißt eine eigenständige Institution zu schaffen, die auch für solche Vorfälle zuständig ist“, sagte der Bochumer Kriminologe.

Ein hochrangiger Polizeibeamter bestätigte dem TV-Magazin die Erkenntnisse des Wissenschaftlers. „Ich kenne die Statistiken. Das ist rechtswidrig, was da passiert“, sagte er „Report Mainz“. „Da wird nicht sauber ermittelt. Meines Erachtens gehört eine unabhängige Prüfungsstelle dazwischen geschaltet, die ordentlich ermittelt.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Das geht ja noch weiter. Von 10 angeklagten Polizisten werden nur 0,5 auch tatsächlich verurteilt.

  • Bei Polizei und Armee gibt es noch keine demokratische Gewaltenteilung.

  • Wie jetzt, wenn die rechte Hand gegen die linke ermittelt fehlt ihr die nötige neutralität?



    Schön dass das Problem schon wieder erkannt wurde, unschön dass es schon wieder ignoriert wird.

  • Bereits vor 25 Jahren hat die Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizistinnen und Polizisten (Hamburger Signal) e.V. “unabhängige Ermittlungsstellen“ in diesem Bereich (z.B. Körperverletzung i. Amt) gefordert - ohne Erfolg. Wie beschrieben ist ein Problem hierbei die Nähe der Polizei zu den Staatsanwaltschaften; nicht umsonst sind Polizeivollzugsbeamte auch “Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft“. Die Staatsanwaltschaften sind auf die gute Zusammenarbeit mit der Polizei angewiesen.

    • @Thomas Brunst:

      Und was ist an "so einer" Zusammenarbeit gut?

      Können sich die Staatsanwält*innen nicht durchsetzen, nicht für Einhaltung von Recht und Gesetz sorgen, das auch und gerade für Polizist*innen?

      Sollen die Polizist*innen die wahren "Herr*innen" sein, die die Zügel in der Hand halten?



      Das ist doch wohl hoffentlich nicht Ihr Ernst.

      Wer andere misshandelt oder unwürdig behandelt, ist dafür verantwortlich – besonders in Uniform, sonst kann der Rechtsstaat gleich abdanken.

      Mit diesem "angewiesen auf die Polizei" darf m. E. keinesfalls Rechtsbeugung oder gar Rechtsbruch einhergehen.

      Red lines are not for crossing.



      Was könnte daran unklar sein?

  • "Da wird nicht sauber ermittelt. Meines Erachtens gehört eine unabhängige Prüfungsstelle dazwischen geschaltet, die ordentlich ermittelt."

    Und wann wird diese unabhängige Prüfungsstelle ENDLICH eingesetzt??



    Und zwar mit ausreichend vorhandenem Etat und Mitarbeitern/Juristen??

    Wenn dieser m. E. "Sumpf" nicht endlich trocken gelegt wird, können wir gleich warten, bis die Rechten, Nazis, Hetzer an der Macht sind – DIE können eine "rechtswidrig" agierende Polizei gut gebrauchen.



    Gibt ja reichlich 1000-jährige Erfahrung…



    Armselig.

    • @Frau Kirschgrün:

      Naja. Bock Gärtner Goldener Zügel - wa! & Der arme Hund* beim Bund!

      Gröfimaz II. van Oil of Olaf I.



      Anne Registrierkasse - Schau.



      Fand Polizei - Genau - bei



      G 20 - Nix Gesehn! Klasse.



      So soll's halt weiter gehn*!*

      * - Liegt u.a. dort - Begraben!



      Habedere & Zu Gnaden.

  • Ja wie? Ich weiß - Ich weiß*!*

    “Mein Reden seit 33!"

    Ein böser Satz. Schonn.



    Aber wahr. Normal.