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Ermittlungen zu Gaddafis TodBestattung in Sirte verschoben

Gaddafis Beisetzung verzögert sich wegen Ermittlungen zu seinem Tod. Bestattet werden soll er nach islamischer Tradition in Sirte. Der UN-Menschenrechtsrat fordert eine Untersuchung.

Libysche Aufständische lassen sich mit dem toten Diktator fotografieren. Bild: reuters

MISDRATA/TRIPOLIS dapd/dpa | Die ursprünglich für Freitag geplante Beisetzung des getöteten früheren libyschen Machthabers Muammar al Gaddafi wird bis zum Abschluss von Untersuchungen zu den Umständen seines Todes verschoben.

Das teilte ein Mitglied des Nationalen Übergangsrats, Mohamed Sajeh, mit. Der Internationale Strafgerichtshof werde den Fall untersuchen, erklärte er. Gaddafis Leiche sei immer noch in Misrata, wohin sie am Donnerstag nach der Eroberung von Sirte gebracht wurde.

Die Umstände von Gaddafis Tod waren nicht restlos geklärt. Arabische Fernsehsender strahlten Aufnahmen aus, in denen zu sehen war, dass Gaddafi bei seiner Festnahme zwar verletzt, aber noch am Leben war. Ein blutiger Gaddafi wird darin von Kämpfern hin und her geschubst. Spätere Aufnahmen zeigen, wie seine Leiche über den Bürgersteig gerollt wird.

Libyens Ministerpräsident Mahmud Dschibril erklärte das in der Nacht so: Zuerst hätten die Milizen Gaddafi in Sirte gefangen genommen - lebendig. Dann hätten sie ihn auf einen Pritschenwagen gepackt und seien mit ihm Richtung Misrata gefahren, an die Küste. Auf dem Weg aber sei der Transport von Anhängern des langjährigen Diktators beschossen worden - Gaddafi sei schwer verletzt worden. So schwer, dass er kurz vor dem Krankenhaus von Misrata verblutete, erklärte Dschibril laut einem Bericht des Senders CNN.

Zweifel an dieser Version hat unter anderem die "New York Times". Genährt werden diese Zweifel durch ein wackliges Video des Fernsehsenders Al-Arabija: Dort ist Gaddafi nach seiner Festnahme in Sirte im blutgetränktem Hemd zu sehen - wankend, aber noch auf eigenen Beinen. Er scheint zu sprechen, seine rechte Hand zu bewegen. Auf späteren Bildern ist Gaddafi tot. Am Kopf ist mindestens eine Schusswunde zu sehen. Haben seine Anhänger bei dem Überfall so genau gezielt?

Wohl nicht, vermutet Al-Arabija am Freitag und liefert eine brutale, aber plausibel klingende Erklärung - samt Quelle: Der ehemalige Diktator wurde nach seiner Festnahme mit voller Absicht getötet. Zu dem Schluss komme zumindest ein libyscher Arzt, der Gaddafis Leiche in Misrata obduzierte. Seine These: Gaddafi wurde aus kurzer Distanz in den Kopf und in den Bauch geschossen.

Nato greift Konvoi an

Die Kugeln könnten nach Angaben des Senders Al-Dschasira sogar von seinen Getreuen selbst abgefeuert worden sein. "Einer von Muammar Gaddafis Leibwächtern hat ihm in die Brust geschossen", zitiert der Sender auf seiner Internetseite einen Kämpfer. Andere Soldaten sprechen davon, dass der ehemalige Diktator schon verwundet war, als er aus dem Kanalrohr gezogen wurde. Dorthin soll er geflüchtet sein, nachdem sein Konvoi auf der Flucht aus Sirte von NATO-Truppen aus der Luft beschossen worden sein soll.

Angesichts dieser Berichte forderte der UN-Menschenrechtsrat am Freitag eine Untersuchung des Todes Gaddafis. Das hatte zuvor auch schon die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verlangt. Es müsse eine "umfassende, unabhängige und unparteiische Untersuchung" geben, um die Umstände von Gaddafis Tod zu klären. Alle Mitglieder des ehemaligen Gaddafi-Regimes müssten human behandelt werden, hieß es.

Gaddafi sollte nach Angaben des Übergangsrats nach islamischer Tradition in Sirte bestattet werden. Der Übergangsrat kündigte an, Interimsführer Mustafa Abdul Dschalil werde am Samstag in der Stadt Bengasi, wo Mitte Februar der Aufstand gegen Gaddafi begann, formell die Befreiung Libyens bekannt geben.

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5 Kommentare

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  • K
    kakadu

    Hier zeigt sich der brutale Kern des Homo sapiens, wenn alle zivilisatorischen Schranken fallen. Schlimmer als viele Tiere lyncht man Gaddafi; wenn bei einem Tier der Gegner machtlos auf dem Boden liegt, ist der Kampf in der Regel beendet. Nicht so beim Homo sapiens, hier hält man noch direkt die Kamera drauf, zieht Gaddafi immer wieder in die Höhe, um ihn gleich mehrfach visuell sterben zu lassen. Und die Zuschauer ergötzen sich in einem Mix aus Abscheu, Voyeurismus und Neugier an den Bildern. Wir schreiben das Jahr 2011.

  • W
    Winnfield

    sic semper tyrannis ...

  • E
    enttäuscht

    hat die taz sich in letzter zeit mal gedanken zum thema presse und ethik gemacht?

    angesichts der fotos wohl eher nicht...

  • A
    Andrea

    Das westliche Bündnis wird einmalmehr Beweisen, dass es ihr um das Öl geht. Keine Nation wird so wahrhaftig sein, die Rebellen für ihr barbarisches Verhalten zu tadeln, wegen Wirtschaftsinteressen. Genauso, wie man Monate zuvor Gaddafi hoffiert hat.

  • P
    PeterPan

    Wie könnt Ihr dieses Bild veröffentlichen. Ich finde das eine ekelhafte Dokumentation eines Zivilisationsbruchs sondergleichen, der von Euch durch die Veröffentlichung unterstützt wird. Schämt Ihr Euch gar nicht oder sollen wir jetzt jubelnd, lachend und singend durch die Strassen laufen und skandieren:"Der Tyrann ist tot!"

     

    Mit rechtsstaatlichkeit hat das nichts zu tun sondern nur mit primitivster Barbarei. Jetzt sehen wir, was für Gesindel wir die ganze Zeit unterstützt haben. Ekelhaft, einfach nur ekelhaft, von den rassistischen Ausschreitungen, morden, Vergewaltigungen und Angriffen auf Schwarzafrikaner ganz zu schweigen. Kriegspropaganda, reine Kriegspropaganda und die Verarschung geht weiter. Demokratisch Strukturen in Lybien, das ich nicht lache. Solange in Europa keine, eine Regierung die Oberhoheit über Ihre Geldemission und die entsprechenden Zinsen hat, braucht hier absolut niemand mehr das Wort Demokratie in den Mund zu nehmen. Faktisch leben wir in einer Kapitaloligarchie, was durch die Berichterstattung der TAZ ganz offensichtlich bestätigt wird.