Ermittlungen gegen Dieter Romann: Bundespolizei-Chef ein Rechtsbrecher?
Dieter Romann flog in den Irak um einen mutmaßlichen Mörder nach Deutschland zu holen. Nun wird gegen ihn wegen Freiheitsberaubung ermittelt.
Nun könnte die Mission auch ein juristisches Nachspiel für den obersten Bundespolizisten haben: Am Donnerstag wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main gegen Romann wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung ermittelt. Das Verfahren werde schon seit Längerem geführt, bestätigte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main der taz. Zuvor hatte der SWR darüber berichtet. Das Ergebnis der Ermittlungen ist offen.
Bereits nach der Aktion im Juni gab es Anzeigen gegen Romann, unter anderem von einem Strafverteidiger. Ali B. soll im Mai Susanna F. vergewaltigt und ermordet haben. Die Tat sorgte für große Schlagzeilen. Der Iraker setzte sich in seine Heimat, die kurdische Region im Nordirak, ab. Kurdische Sicherheitskräfte nahmen Ali B. dort schließlich fest und übergaben ihn am Flughafen Erbil mehreren Bundespolizisten – darunter dem eigens angereisten Chef Dieter Romann. Zusammen flogen sie in einer Lufthansa-Maschine zurück nach Frankfurt/Main.
Schon kurz danach gingen mehrere Anzeigen gegen Romann ein, unter anderem von einem Strafverteidiger. Was hatte Romann in Erbil zu suchen? Und wie konnte Ali B. im Flieger landen, obwohl es kein offizielles Auslieferungsersuchen des Auswärtigen Amtes an die irakische Regierung in Bagdad gab? Die Bundesregierung deklarierte den Vorgang damals als Abschiebung. Aber auch das Bundesinnenministerium lavierte: Erst wurde behauptet, man habe von der Aktion erst nachträglich erfahren, dann wusste man doch vorab Bescheid.
„Niemand der Freiheit beraubt“
Romann selbst ließ sich am Donnerstag von seinem Sprecher verteidigen. „Ich darf Ihnen versichern, dass der Präsident des Bundespolizeipräsidiums niemanden der Freiheit beraubt hat“, beteuerte dieser. Es seien kurdische Behörden gewesen, die Ali B. damals festgenommen und in das Flugzeug in Erbil gebracht hätten. Die Bundespolizisten an Bord – darunter auch Romann – hätten „ausschließlich ihre Aufgaben zum Schutz des Luftverkehrs und der an Bord befindlichen Passagiere“ wahrgenommen, so der Sprecher.
Ob diese Version die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main überzeugt, wird man sehen. Ali B. sitzt bis heute in Untersuchungshaft. Die Tötung von Susanna F. soll er gegenüber Ermittlern eingeräumt haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen