piwik no script img

Ermittlungen gegen Berliner GroßfamilieVorwurf Geldwäsche

77 Immobilien im Wert von fast 10 Millionen Euro wurden beschlagnahmt. Am Anfang der Ermittlungen stand ein Einbruch in eine Sparkasse.

Drei Monate nach dem Raub der Goldmünze nahm die Polizei ein Clanmitglied fest

Den Ball flach halten – das war die Devise der Staatsanwaltschaft. Mit 40 Polizeibeamten führte sie am vergangenen Freitag an 12 Orten in Berlin und dem näheren Umland Durchsuchungen durch. Die Aktion ging mit der Beschlagnahmung von 77 Immobilien, Schätzwert 9,3 Millionen Euro, einher. Geldwäsche lautet der Vorwurf. Erhoben wird er gegen 16 Angehörige einer Großfamilie, die seit Jahrzehnten in Berlin lebt. Haftbefehle wurden aber nicht beantragt.

Fünf Tage gelang es, den Ball flach zu halten. Dann bekamen die Medien Wind von dem Vorgang. Auf einer Pressekonferenz am Donnerstag folgte deshalb die offizielle Bestätigung. „Die Beschlagnahmung von Grundstücken ist nicht ganz einfach“, sagte der Leiter der Staatsanwaltschaft Jörg Raupach. Man habe verhindern wollen, dass es vor dem Zugriff noch zu einem schnellen Eigentümerwechsel komme. Auch deshalb habe man die vermögenseinziehenden Maßnahmen lieber ohne mediale Begleitung vollzogen.

Ermöglicht wurde die in Berlin in dieser Größenordnung bisher einmalige Beschlagnahmung von Immobilien durch eine Reform des Geldwäschetatbestands im vergangenen Jahr. Die Staatsanwaltschaft kann jetzt einfacher auf Vermögen Zugriff nehmen, wenn die Herkunft unklar ist. Früher musste der Verdacht bestehen, dass das Vermögen primär aus einer Straftat stammt. Bei den 77 Immobilien handelt es sich größtenteils um Eigentumswohnungen, aber auch Mehrfamilienhäuser und Grundstücke sind darunter. Die Wohnungen seien ganz normal vermietet. Dass auch eine Kleingartenkolonie darunter ist, wie in den Medien zu lesen war, wollte Staatsanwalt Bernhard Mix am Donnerstag nicht bestätigen. Auch nicht, dass der Geldtransfer über Konten im Libanon abgewickelt worden sei. „Das kann ich weder bestätigen noch dementieren.“

Die Pressekonferenz, die von drei Staatsanwälten und einem leitenden Kripobeamten bestritten wurde, war von dem Bemühen getragen, möglichst wenig Details herauszulassen. Erkenntnisse, woher das Vermögen stamme, verspreche man sich von der Sichtung der Unterlagen, die bei der Durchsuchung der 12 Orte beschlagnahmt wurden, hieß es.

Immerhin erzählte Mix, wie die Ermittler auf den Fall gekommen waren: Es begann mit einem Einbruch in einer Sparkasse in Mariendorf Ende 2014. Über 100 Schließfächer wurden damals ausgeraubt und der Geldautomat gesprengt. Die Beute, schätzungsweise 9 Millionen Euro, „ist bis heute nicht aufgetaucht“, so Mix. Verurteilt wurde dafür ein Angehöriger der Großfamilie, die jetzt im Fokus steht. Genau gesagt, stieß man bei den Ermittlungen auf den Bruder des Verurteilten. Der Mann, der viele Jahre Transferleistungen bezogen habe, habe auf einmal eine Eigentumswohnung erworben. Das Schwierige beim Nachweis von Organisierter Kriminalität sei, dass man diese oftmals „nicht sieht und hört“, sagte Raupach. Aber manchmal würden eben auch Fehler gemacht. Hier der, dass der arme Bruder plötzlich zum reichen Bruder wurde. Diesen Faden habe man aufgenommen und sich Stück für Stück – Mix sprach von einem riesigen Puzzle – vorgearbeitet. Kontobewegungen seien verfolgt und Grundbücher eingesehen worden.

2016 sei dann das Ermittlungsverfahren ­gegen die 16 Beschuldigten eröffnet worden. Über deren Alter und das Geschlecht war nichts zu erfahren. Die Immobilien seien jetzt unter Zwangsverwaltung des Staates gestellt worden. Ziel sei die endgültige Einziehung. Aber das sei erst möglich, wenn in dem Verfahren ein rechtskräftiges Urteil ergangen sei. Die Höchststrafe für Geldwäsche ist fünf Jahre. Aber bis zur Anklage dürfte es noch dauern.

Bleibt die Frage nach der 100 Kilo schweren Goldmünze, die im März 2017 aus dem Bode-Museum geklaut wurde. Der Goldwert beträgt 3,7 Millionen Euro. Mitglieder derselben Familie stehen im Verdacht, die Münze gestohlen zu haben. Die Durchsuchungen hätten nicht der Goldmünze gegolten, sagte Mix dazu. „Wir haben sie auch nicht gefunden.“

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

20 Kommentare

 / 
  • Nun könnte ja mal ein wirklich dicker Fisch, z.b. ein Immobilienfonds aus Delaware oder Luxemburg, bzw. seine Treuhänder ins Netz gehen. Da geht es dann vielleicht um 500 Mio.

  • Nach dem Lesen des Artikel und der vielen "zweckmäßigen" Kommentare hier,



    möchte ich an dieser Stelle der Berliner Polizei und den zuständigen Behörden mein Lob und meine Dankbarkeit, für ihre ausgezeichnete Arbeit mitteilen.

    (keine Ironie, keine Zweideutigkeit sondern reiner Respekt und Freude für gut angewendete Steuermittel) DANKE

  • Berliner oder Deutscher !



    Hat Berlin einen anderen Status !



    Bzgl. Stammtischrassismus !



    Der kommt doch hier in den Kommentaren schon zum Ausdruck! ODER !

    • @Doma69 :

      Rassismus wird ja inzwischen sehr inflationär gebraucht, aber können Sie ihn wirklich nicht mehr erkennen?

  • Nachtrag, Teil II.

    Die politische Rolle des Lumpenproletariats

    Gefährder dürfen bleiben, die Braven müssen gehen.



    {…}

    „Das Lumpenproletariat, diese passive Verfaulung der untersten Schichten der alten Gesellschaft wird durch eine proletarische Revolution stellenweise in die Bewegung hineingeschleudert, seiner ganzen Lebenslage nach wird es bereitwilliger sein, sich zu reaktionären Umtrieben erkaufen zu lassen“ K. Marx, Kommunistisches Manifest, MEW 4, 472.

    Auch die bürgerlichen und christlichen 'Gutmenschen' bei den Grünen und (Pseudo-) Linken sollten sich damit mal ernsthaft auseinandersetzen!

    - medial ungeschminkt.

  • Die politische Rolle des Lumpenproletariats

    Gefährder dürfen bleiben, die Braven müssen gehen.

    So läuft es nicht nur seit Jahren bei den Islamisten, auch seit Jahrzehnten bei den kriminellen Familienclans. So bei großzügig aufgenommenen und wenig sozial integrierten Teilen der osteuropäischen, der arabischen, türkischen, Balkan-kosovarisch-albanischen und Maghreb-afrikanischen und West-Ost-Zentralafrikanischen Welt.

    Wer diesen Zustand der kapitalistischen bundesdeutschen Wirklichkeit kritisiert, der wird häufig auch zu unrecht als Rassist und Fremdenfeind diffamiert. Dabei sind es doch vor allem auch die kriminellen Gefährder, die ohne Bündnisvereinbarung mit den deutschen Neofaschisten und Rechtsparlamentariern, die mit ihren menschenfeindlichen und kriminellen Handlungen, die rassistische Diffamierung von Minderheiten und Migranten auf den ideologischen und mörderischen Weg befördern. Auch die Islamisten und anderen kriminellen Gefährder betreiben letztlich das Geschäft des NS-U im Massenbewusstsein der deutschen und europäischen Gesellschaft.

    Mit diesem Lumpenproletariat hatte sich auch schon Karl Marx und Friedrich Engels befasst, was wohl auch bei 'unseren' Gutmenschen und Teilen der (bürgerlichen) Linken verloren ging:

    Zur politischen Rolle des Lumpenproletariats

    „Das Lumpenproletariat, dieser Abhub der verkommenen Subjekte aller Klassen, der sein Hauptquartier in den großen Städten aufschlägt, ist von allen möglichen Bundesgenossen der schlimmste. Dies Gesindel ist absolut käuflich und absolut zudringlich. Wenn die französischen Arbeiter bei jeder Revolution an die Häuser schrieben: Mort auy voleurs! Tod den Dieben! Und auch manche erschossen, so geschah dies nicht aus Begeisterung für das Eigentum, sondern in der richtigen Erkenntnis, dass man vor allem sich diese Bande vom Hals halten müsse. Jeder Arbeiterführer, der diese Lumpen als Garde (= Kerntruppe) verwendet oder sich auf sie stützt, beweist sich schon dadurch als Verräter an der Bewegung.“

    • @Reinhold Schramm:

      mir kommen die tränen!



      staatenlose palästinenserinnen+kurdinnen, die vor/aus dem libanesischen bürgerkrieg flohen, wurden "großzügig aufgenommen"?



      nö.



      mann hatt sich fast schwarz geärgert, dass mann die noch weniger wieder loswerden konnte als die bürgerkriegsflüchtlinge mit libanesischem paß.



      und: integration stand da schon mal garnicht auf der offiziellen tagesordnung, sondern deren glattes gegenteil.



      also haben sich die meisten gegen widerstände im kriechgang in die unauffälligkeit integriert - und ein paar andere via jugendliche delinquenz in kriminelle milieus.

  • was für ein erfolg....

    den ermittlern sei für ihre spürnase gedankt.

    wobei:



    sicherlich handelt es sich hierbei um die spitze des eisberges, den es noch zu ermitteln gilt.

  • Nach 30 Jahren in Berlin können Geflüchtete doch sehr wohl als Berliner bezeichnet werden?!

    • @Taztui:

      Natürlich kann man.

      Die Frage ist, ob die Leute sich so sehen wollen.

      Wenn ich meinen Kriminellen-Club aufmache, dessen Mitgliedschaft eine bestimmte nicht-deutsche ethnische Zugehörigkeit verlangt, dann werde ich mich wohl nicht vorrangig als Deutscher oder Berliner fühlen.

      Man sollte niemandem eine Zwangsidentität überstülpen, meinen Sie nicht?

      Dabei hätten die Leute natürlich jedes Recht dazu, sich als Berliner zu bezeichnen.

      • @rero:

        Die Mitgliedschaft hängt weniger an der Ethnie sondern vielmehr an der Verwandtschaft. Was wiederum die Forderungen nach Familiennachzug in ein anderes Licht rückt.

  • Wieso wird von einer Berliner Großfamilie gesprochen, wenn es sich um eine arabische Großfamilie handelt?

    • @Nicky Arnstein:

      interessant, dass ausgerechnet Sie diese frage stellen!

    • @Nicky Arnstein:

      Man spricht von Berliner Großfamilie, damit die rosarote Welt einiger taz-Leser nicht zusammenbricht.

      Der Berliner Senat freut sich sicherlich auch über solche Formulierung, denn dann muss er nicht erklären, wie eine arabische Großfamilie so ein Theaterstück in Berlin überhaupt aufführen konnte.

      taz: „Fünf Tage gelang es, den Ball flach zu halten. Dann bekamen die Medien Wind von dem Vorgang.“.

      Die Berliner Polizei hat aber schließlich auch wichtigere Aufgaben in Berlin zu bewältigen. Die Berliner Polizei muss vor dem Reichstagsgebäude patrouillieren und vor dem Schloss Bellevue im Berliner Ortsteil Tiergarten dafür sorgen, dass unsere Volksvertreter von dem einfachen Volk nicht belästigt werden. Berliner trauen sich schon seit Jahren nicht mehr nach 21 Uhr auf den Alexanderplatz, weil da dann Ausnahmezustand herrscht und kein Polizist sich mehr dort sehen lässt.

      Ja, für den Bürger ist keine Polizei in Berlin da. Es sei denn man sitzt als Bürger auf dem Fahrrad und telefoniert oder begeht eine andere Verkehrsordnungswidrigkeit, dann sind sie plötzlich da und erklären dem Bürger, dass man ein "Sicherheitsrisiko" darstellt und man jetzt ein Bußgeld entrichten muss, weil dem Kühlschrank des Berliner Senats der Schampus (Champagner) ausgegangen ist.

      Am Kottbusser Tor wird auch seit Jahren nur noch "Schadensbegrenzung" betrieben, anstatt da endlich einmal richtig durchzugreifen. Die Drogendealer lachen sich dort über die Polizei seit Jahren schlapp. Für den einfachen Bürger gibt es schon lange keinen Schutz mehr in Deutschland durch die Polizei, und damit das alles nicht zu sehr auffällt, wird die ethnische Zugehörigkeit der zusätzlich "importierten Verbrecher" entweder überhaupt nicht mehr genannt oder einfach als Deutsche Großfamilie bezeichnet.

      Berlin Kottbusser Tor: Gewalt, Drogen und Kriminalität



      www.youtube.com/watch?v=QhJeUKGrgO4

    • @Nicky Arnstein:

      Wissen Sie genaueres welche Pässe die Familie hat? Nein?

      Wenn jemand in Berlin wohnt, vor allem nach Jahrzehnten, ist es ein Berliner....

      Mir ist es ehrlich gesagt Wurst woher jemand ursprünglich stammen könnte. Wenn er ein Verbrechen begeht ist es ein Verbrecher.

      • @Zeitwesen:

        Ja, man weiß genau, welche Pässe die Leute haben. Das ist in anderen Zeitungen zu lesen.

        Die älteren Familienmitglieder sind staatenlos und stammen aus dem Libanon.

        Ein*e Verbrecher*in ist ein*e Verbrecher*in, da haben Sie recht.

        Wenn aber die Zugehörigkeit zur Verbrecherorganisation sich nach ethnischer Zugehörigkeit richtet, ist es manchmal ganz spannend, welche Ethnie es denn ist.

        Hat die Familie denn eine Identität als Berliner oder Deutsche?

        Wissen Sie da mehr, oder wollen Sie den Leuten die Berliner Identität einfach überstülpen?

        • @rero:

          "Hat die Familie denn eine Identität als Berliner oder Deutsche?"

          "Erhoben wird er gegen 16 Angehörige einer Großfamilie, die seit Jahrzehnten in Berlin lebt."



          ->steht im Artikel.



          ein Link bezüglich der Pässe wäre schön.

          "Wenn aber die Zugehörigkeit zur Verbrecherorganisation sich nach ethnischer Zugehörigkeit richtet, ist es manchmal ganz spannend, welche Ethnie es denn ist."



          Inwieweit?

          • @Zeitwesen:

            Das stimmt nicht, das steht nicht im Artikel.

            Nur weil die Leute seit 30 Jahren in Berlin, bedeutet das noch lange nicht, dass sie sich als Deutsche fühlen.

            Und wenn ich meine Kriminalität nach ethnischer Zugehörigkeit organisiere, spricht das nun wahrlich nicht für eine deutsche oder Berliner Identität.

            Das wäre nach der Anfangserfahrung auch nicht verwunderlich.

            Hier ist der Link:

            www.berliner-zeitu...ufgeteilt-30986292

          • @Zeitwesen:

            Na aus Gründen des allgemeinen Stammtischrassismus.

            • @Ano Nym:

              Verbrechen müssen bekämpft werden, auch wenn es sich um Menschen einer anderen Herkunft und Hautfarbe handelt! -- Auch solche Täter und Täterinnen sorgen für die rassistische Diskriminierung und "Stammtischrassismus". Kriminelle mit migrantischen Hintergrund befördern den Rassismus, ebenso wie NS-U Faschisten!

              Natürlich müssen auch Kapital- und Wirtschaftsverbrechen von Bio-Deutschen entsprechend verfolgt werden!