Ermittlung gegen Bremer Staatsanwälte: Die Pflicht zum Geständnis
Bremens Staatsanwaltschaft braucht neues Personal: Ihr Chef hat zugelassen und gefördert, dass sie während der Bamf-Ermittlungen Recht bricht.
P rophet muss man nicht sein, um zu erkennen: Die Chance, dass Janhenning Kuhn, der Leiter der Bremer Staatsanwaltschaft, die rechtlichen Folgen seines Tuns tragen muss, sind minimal. Zwar gilt als sicher, dass er dabei war, als ein „Zeit-online“-Journalist ein Exklusiv-Gespräch mit dem Behördensprecher und Ermittler*innen im vermeintlichen Skandal um die Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) erhielt.
Klar ist auch, dass die sexistischen Unterstellungen, die dann Eingang in den Artikel und dessen Reprisen durch andere fanden, illegal waren. Aber außer dem Behördensprecher Frank P., der sich trotz anwaltlicher Mahnung noch tags drauf vor die Radio-Bremen-Kameras stellte und den Müll wiederholte, war niemand so unschlau, seinen Namen mit den ehrenrührigen Äußerungen zu verbinden.
Vielleicht sollte man Frank P. eine Kronzeugen-Regelung anbieten, um zu klären, wer welches schmutzige Gerücht gegen Ulrike B. mit Veröffentlichungsabsicht geschildert hat. Im Fernsehkrimi gilt ja auch: Man muss den Idioten in der Familie ausfindig machen und zum Singen bringen, um die dicken Fische zu kriegen.
Sonst sorgt ein Ehrenkodex dafür, dass niemand aus Clique oder Clan die anderen verrät: Oft genug verzweifeln Ermittler*innen daran. Dass Staatsanwälte auf denselben Winkelzug zurückgreifen, mit dem Banden den Rechtsstaat verspotten, mag ihrer Glaubwürdigkeit schaden. Es ist aber juristisch nicht zu beanstanden.
Oberstaatsanwalt Kuhn verhöhnt den Rechtsstaat
Politisch sieht es anders aus, und das sollte auch der Justizsenatorin klar sein: Kuhn ist verantwortlich. Er kann seine Behördenmitarbeiter*innen anweisen, Ermittlungen durchzuführen. Er kann sie stoppen. Er kann ihnen erlauben, Äußerungen zu tätigen. Er kann es verbieten – was er hätte tun müssen.
Der Respekt vorm Gesetz geböte ihm nun, auf sein individuelles Recht zu verzichten: Nur wenn er ein Geständnis ablegt und seinen Fehler einsieht, beweist er die nötige moralische Integrität, um die Behörde weiterhin zu leiten. Ob er es dann noch darf, hinge allerdings von der Strafzumessung ab.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“