Erleichterung an den Börsen: US-Notenbank rettet AIG
Aus Angst vor einer Verschärfung der Krise an den Finanzmärkten greift die US-Notenbank noch mal ein und rettet AIG. Derweil schnappt sich die Barclays Bank die bankrotte Investmentbank Lehman.
Die US-Regierung rettet nun doch die American International Group (AIG), den weltweit zweitgrößten Versicherer. Nach den Hypothekenfinanzierern Freddie Mac und Fannie Mae ist das schon die zweite Verstaatlichung innerhalb von zehn Tagen. Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) nahm die Gefahr einer Pleite so ernst, dass sie der AIG einen Kredit von bis zu 85 Milliarden Dollar gewährte und dafür knapp 80 Prozent an dem Konzern übernimmt. Der Investmentbank Lehman Brothers hatte die Regierung in Washington dagegen am Wochenende jegliche Hilfe verweigert.
Die überraschende Rettung der AIG ließ die Börsianer erst einmal aufatmen. Schon auf die bloßen Gerüchte einer staatlichen Intervention hin war der New Yorker Aktienindex Dow Jones am Dienstagabend angestiegen. In Frankfurt ging es mit dem DAX ebenfalls wieder leicht aufwärts. Zur Erleichterung trug auch die US-Investmentbank Morgan Stanley bei, deren Quartalsergebnis mit einem Gewinnrückgang um nur acht Prozent glimpflich ausfiel.
Dass mit der AIG nun neben diversen Hypotheken- und Investmentbanken auch ein Versicherungskonzern in den Strudel der Finanzkrise geriet, liegt nicht zuletzt daran, dass die AIG viel mehr als nur eine Versicherung ist. Sie bietet Finanzdienstleistungen aller Art an, darunter Wertpapiere, die eine Art Versicherung für die Ausfallrisiken von Krediten, Anleihen und anderen Wertpapieren darstellen. Hätte die AIG diesen Versicherungsschutz nicht mehr gewährleisten können, dann hätten Finanzhäuser nicht nur in den USA den Wert ihrer Papiere schleunigst neu bewerten müssen - was mit zweifellos dramatischen Abschreibungen und Verlusten einhergegangen wäre. Überdies haben auch mehrere Geldmarktfonds, die gemeinhin als todsichere Geldanlage gelten, in AIG-Papiere investiert.
Die Fed begründete die Rettung der AIG damit, dass "ein chaotischer Konkurs die ohnehin schon große Fragilität der Finanzmärkte verschlimmern könnte und zu höheren Kreditkosten, geringeren Haushaltsvermögen und deutlich schlechterer Konjunkturentwicklung führen würde". Man könnte auch kürzer formulieren: Die AIG war einfach "too big to fail" - zu groß, um pleite zu gehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Parteitag der CDU im Hochsauerlandkreis
Der Merz im Schafspelz
Misogynes Brauchtum Klaasohm
Frauenschlagen auf Borkum soll enden