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Erlebnis statt Butter

■ Ein Jahr nach dem Ende des zollfreien Einkaufs haben viele Reeder umdisponiert

Die Flensburger Förde Reederei Seetouristik (FRS) schippert neuerdings auch zwischen Tarifa in Südspanien und Tanger in Marocko hin und her. Auf diese Weise versucht der größte Anbieter auf Ost- und Nordsee die Lücke im Geschäft zu stopfen, die sich durch das Ende des zollfreien Einkaufs innerhalb der Europäischen Union aufgetan hat. Andere schicken ihre Schiffe in deutsch-polnische Gewässer, wo noch zollfreier Einkauf möglich ist.

Das Aus des Duty-Free-Handels vor einem Jahr hat alle Branchen zu Kreativität gezwungen. Der Handel, die Flughafenbetreiber und Fluggesellschaften locken die Kunden mit einem breiterem Angebot – von Parfüm über Schlipse bis Modeschmuck – in zum Teil neu gestaltete Läden. Und die Schifffahrt, die Arbeitsplätze abbauen und Verbindungen aufgeben muss-te, hat aus der Not eine Tugend gemacht: Erlebnis- statt Butterfahrten heißt die neue Geschäftspolitik. Törns durch den Nord-Ostsee-Kanal oder längs der Flensburger Förde sollen die entgangenen Einnahmen ausgleichen, Raddampfer wie die „Freya“ im Wattenmeer oder die „Schlei-Princess“ Touristen anziehen.

Trotzdem ist die Schifffahrt für den Präsidenten des Duty-Free-Verbandes, Gunnar Heinemann, der größte Verlierer. „Fährverbindungen und Butterfahrten wurden eingestellt“, resümiert er. Rund 2500 Arbeitsplätze fielen Heinemann zufolge allein in Schleswig-Holstein weg. Wirtschaftsexperten hatten bundesweit mit 11.500 Arbeitsplätzen weniger gerechnet. Der schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Bernd Rohwer bilanziert allerdings, dass die Arbeitsplatz-Verluste deutlich hinter den Befürchtungen zurückgeblieben seien.

Auch bei Heinemanns Hamburger Familienunternehmen, das als Großhändler weltweit Läden auf Flughäfen und Fährschiffen beliefert, hielten sich die Folgen in Grenzen. 1999 stagnierten die Umsätze, in diesem Jahr sei ein Wachstum abzusehen. dpa

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