Erklärung des Bundespräsidenten: Wulff entschuldigt sich für Kreditaffäre
In einer eilig anberaumten Erklärung hat sich Bundespräsident Wulff für seinen Umgang mit der Affäre um seinen Hauskredit entschuldigt. Er will sein Amt weiter ausüben.
BERLIN taz/dpa | Bundespräsident Christian Wulff hat sich für seinen bisherigen Umgang mit der Kreditaffäre entschuldigt. Der Privatkredit für sein Haus habe viele Menschen irritiert, sagte Wulff am Donnerstag in Berlin in einer kurzfristig angekündigten Erklärung. Er bedauere, den Niedersächsischen Landtag nicht über den Kredit informiert zu haben: "Das war nicht gradlinig. Ich sehe ein, dass nicht alles, was juristisch rechtens ist, auch richtig ist." Wulff fügte hinzu, er wolle sein Amt weiter ausüben. Nach der Erklärung beantwortete er keine Fragen.
Zuvor hatte er seinen Sprecher und langjährigen engen Vertrauten Olaf Glaeseker von seinen Aufgaben entbunden. Glaeseker bat dem Vernehmen nach selbst um seine Entlassung. Die Aufgaben soll ab sofort seine bisherige Stellvertreterin Petra Diroll kommissarisch wahrnehmen. Über die Gründe für den Schritt wurde offiziell nichts mitgeteilt.
Wulff sieht sich seit über einer Woche mit Vorwürfen wegen eines Hausdarlehens und zu enger Kontakte zu reichen Unternehmern konfrontiert. Am Donnerstag machte das Magazin "Der Spiegel" weitere Einzelheiten des Kredits öffentlich. Danach bekam Wulff das Darlehen für sein Eigenheim von 500.000 Euro bei der BW-Bank zu auffallend günstigen Konditionen. Wulff habe - nach der Ablösung des Kredits beim Unternehmerpaar Geerkens - bei der BW-Bank keinen normalen Immobilienkredit erhalten, sondern ein komplexes Finanzkonstrukt.
Opposition hatte persönliche Erklärung gefordert
Die Opposition im Bundestag hatte zuvor von Wulff eine persönliche Stellungnahme verlangt. Ernsthafte Forderungen nach seinem Rücktritt erhob sie bisher aber nicht. Kritisiert wurde, dass Wulff Fragen, die es in der Bevölkerung zu Recht gebe, von seinen Anwälten beantworten lasse.
SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte der Passauer Neuen Presse: "Ich gehe davon aus, dass der Bundespräsident alle offenen Fragen persönlich beantwortet." Der SPD-Chef fügte jedoch hinzu: "Niemand kann sich wünschen, dass innerhalb von zwei Jahren der zweite Bundespräsident zurücktritt. ... Damit würde das Vertrauen in die demokratischen Institutionen schwer beschädigt. Umso wichtiger ist jetzt Aufklärung."
Transparency International forderte Wulff auf, noch vor seiner Weihnachtsansprache mit einer öffentlichen Erklärung reinen Tisch zu machen. Eine Weihnachtsansprache Wulffs zum Zusammenhalt in der Gesellschaft sei "peinlich hoch drei", solange die gegen ihn erhobenen Vorwürfe im Raum stünden, sagte die Vorsitzende der Antikorruptions-Organisation, Edda Müller, der Neuen Osnabrücker Zeitung. Eine Erklärung biete für Wulff die Chance, neues Vertrauen und Respekt bei den Bürgern zu gewinnen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist