Erinnerungen an Leonard Cohen: Schönheit, Liebe und Tod

Er gab dem Schmerz eine Grenze und öffnete ihn ins Unendliche: Die Musik von Leonard Cohen ist etwas, mit dem man sterben lernen kann.

Leonard Cohen im Anzug, den Hut nur in der Hand, tupft sich das Gesicht

Irgendwie war er immer da, wenn es um das Ende ging: Leonard Cohen Foto: reuters

Cohen denke ich immer vom Ende her. Irgendwie war er immer da, wenn es um das Ende ging. Als ich einmal von einem Mann verlassen wurde und im Hintergrund zufällig Cohen lief. Und auch später, als mein Vater sagte, er würde in den nächsten Tagen sterben und dann wirklich starb. Also dann, als sprachlich-kognitiv nichts mehr möglich war, und Ende wirklich Tod meinte.

Cohen gab dem Schmerz eine Grenze und öffnete ihn zugleich ins Unendliche. Das ist der Moment, in dem der Schmerz den Körper erfasst, die Klänge dich zugleich niederschmettern und wieder aufrichten. Wie wenn ein Schleier den Schmerz bedeckte, bloß um ihn zu kultivieren.

Die Musik von Leonard Cohen wurde für mich zu etwas, mit dem man sterben lernen kann. Doch wie lernt man zu sterben, wenn man sich dem Tod, wie Jacques Lacan schrieb, nicht einmal imaginär nähern kann, weil er völlig unrepräsentierbar ist? Vielleicht ist ja alles ganz anders und Cohen repräsentiert bloß den Moment, an dem das Verdrängte ins Leben einbricht.

Vielleicht berührt uns seine Musik genau an dem Punkt, an dem er es schafft, uns einer Verunsicherung auszusetzen. Etwa wenn er Schönheit, Tod und Liebe miteinander verrührt, und so dem Gedanken der Transzendenz Tür und Tor öffnet. In seinem Song „Dance Me to the End of Love“ etwa, wo das Ende und das Ewige eins sind.

Zu diesen Gedanken zwingt er uns mit seiner Musik. Um schließlich ein höfliches Lächeln darüber zu legen, Haltung zu bewahren und: abzutreten.

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