Erich Rathfelder über die Balkanpolitik der USA und der EU: Fatales Appeasement
Was kann sich ein Mann wie der serbische Nationalistenführer Milorad Dodik in diesem Europa noch alles erlauben? Da ehrt er am Sonntag offiziell den russischen Präsidenten Wladimir Putin als großen „Freund“ der serbischen Teilrepublik in Bosnien und Herzegowina, der sogenannten Republika Srpska. Da lässt er am Montag von Russen ausgebildete bewaffnete serbisch-nationalistische Milizen nahe dem ehemaligen Belagerungsring um Sarajevo aufmarschieren. Da lässt er trotz aller Proteste der serbischen Opposition und seiner Gegenkandidatin Jelena Trivic die Ergebnisse der Wahlen im Oktober „beschönigen“, indem er die eigentlich unabhängige Wahlkommission dazu manipuliert, eine wundersame Stimmenvermehrung zu seinen Gunsten zu verkünden.
Noch gar nicht betrachtet ist in diesem Sündenregister das von ihm entwickelte System der Korruption, die das halbstaatliche Gebilde Republika Srpska eigentlich erschüttern müsste. Unfassbar, wie sich ein solcher Provokateur an der Macht halten kann, der täglich systematisch gegen den Geist des Friedensabkommens von Dayton 1995 verstößt und damit vor allem die westlichen Mächte, die USA und die Europäische Gemeinschaft herausfordert.
Es gelingt ihm aufgrund der jahrzehntelangen Schwäche der westlichen Balkanpolitik. Statt zumindest nach dem Krieg die nationalistischen Kriegsverbrecher zu bekämpfen, versuchten vor allem die Europäer die nationalistischen extremistischen Kräfte in eine gemeinsame europäische Perspektive zu integrieren. Und sie scheiterten damit total. Vor allem in Bosnien hat man den Nationalisten und Kriegsverbrechern aus Angst vor neuen Konflikten die Macht auf dem Tablett serviert und gleichzeitig die demokratischen, zivilgesellschaftlichen und linken Kräfte ins Abseits geschoben.
Diese Politik des ständigen Nachgebens wird jetzt noch getoppt: Europa und die USA versuchen in Bosnien, die nichtnationalistischen Parteien des Landes in eine Koalition mit nationalistischen Extremisten wie Dodik zu bewegen. Wohin soll das nur führen?
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen