Erhöhung der Lohnnebenkosten: Konservative und die Glaubwürdigkeit

Egal was die Union macht, sie selbst wird nicht an Zuverlässigkeit und Leistungsbereitschaft gemessen. Es ist, als wollte die Union absichtlich ihre Wähler provozieren.

Was für ein merkwürdiges Gut ist die Glaubwürdigkeit in der Politik. Was mit einer Partei passiert, die sie verspielt, ist am Beispiel der SPD zu beobachten. Sie hat sich in ihrer Regierungszeit unglaubwürdig gemacht. Dass sie in ihrer Kernkompetenz - dem Sozialstaat - die eigenen Leute verriet, hat ihren Ruf weit ins andere Lager hinein beschädigt. Was aber muss eigentlich noch passieren, bis der Union ihre Glaubwürdigkeit entzogen wird?

Soweit die Wirtschaftsexperten von CDU und CSU zu verstehen sind, schlagen sie nun vor, doch die Sozialbeiträge zu erhöhen, um die Steuerausgaben zu vermindern. Dieselben Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, die zu senken die Union in der großen Koalition einen regelrechten Kreuzzug veranstaltete, könnte man nun, na ja, wieder anheben. Lohnnebenkosten - egal. Mit den freigesetzten Steuermitteln könnte man den Haushalt über die Runden bekommen, der ja leider auch unter den soeben gewährten Steuersenkungen leidet.

Es ist, als wollte die Union absichtlich ihre Wähler provozieren: Na, ihr habt uns den Unsinn abgenommen, die Mehrwertsteuer für Hotels zu senken und Erben zu beschenken. Können wir eure Intelligenz jetzt auch noch damit beleidigen, dass wir unsere eigenen wirtschaftspolitischen Prämissen auf den Kopf stellen? Die Zuschreibung von Wirtschaftskompetenz, dies geben die Umfragen immer wieder her, macht den Kern des schwarzen oder auch schwarz-gelben Machtanspruchs aus.

Selbst Wähler der anderen Parteien vermuten die Wirtschaftskompetenz oft bei Schwarz-Gelb. Nichts, was die neue Regierung bislang getan oder angekündigt oder angedeutet hat, rechtfertigt dies. Ihr Lohnnebenkostengeschwätz der vergangenen Jahre haben die Konservativen offenbar noch nicht einmal selbst geglaubt. Jetzt fällt ihnen auf, dass viele kleine Beitragszahler sich immer noch widerstandsloser belasten lassen als Steuerhöchstsatzzahler.

Der durchschnittlich zynische Linke und Linksliberale mag es nun ohnehin immer gewusst haben: Konservativer Machtanspruch fußt weder auf den behaupteten Werten - Zuverlässigkeit, Leistungsbereitschaft und so weiter - noch muss er in der Sache logisch begründet sein. Die Schwarzen sollen regieren, weil sie regieren sollen, Punkt. Und solange sie sich bei ihren eigenen Wählern nicht ausreichend unmöglich gemacht haben, scheint das auch so zu bleiben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.