Ergebnisse des G-7-Gipfels: Stillstand, Absichten, Hintertüren
Die Absichtserklärung der G7 enthält klare Aussagen zum Klimaschutz. Beim Meeresschutz sind diese durchwachsen.
Abschied von der fossilen Energie
Recht klare Aussagen finden sich in der Abschlusserklärung zum Klimaschutz: Um das Ziel zu erreichen, den Temperaturanstieg bis zum Jahr 2100 auf 2 Grad zu begrenzen, ist nach Ansicht der G-7-Staaten eine „Dekarbonisierung der Weltwirtschaft“ erforderlich, also ein Ausstieg aus den fossilen Energieträgern Kohle, Öl und Gas. Erreicht werden soll dieses Ziel „im Laufe dieses Jahrhunderts“. Gegen eine solche Aussage hatten sich vor allem Japan und Kanada lange gewehrt.
Der Rückgang der Treibhausgase bis zum Jahr 2050 soll „am oberen Ende“ der IPCC-Empfehlungen von 40 bis 70 Prozent liegen. Als eigenen Beitrag streben die G-7-Staaten eine „Transformation ihrer Energiesektoren“ an. Zudem wurde eine Initiative zur Absicherung von Klimarisiken beschlossen. 400 Millionen weitere Menschen aus armen Ländern sollen bis 2020 gegen entsprechende Schäden versichert werden. Zudem sollen afrikanische Staaten beim Aufbau erneuerbarer Energieerzeugung unterstützt werden.
Umwelt- und Entwicklungsorganisationen reagierten zustimmend bis begeistert. „Die G 7 hat heute das Ende des fossilen Zeitalters auf die globale Agenda gesetzt“, sagte Germanwatch-Direktor Christoph Bals. „Dieser Gipfel sendet ein starkes Signal für ein erfolgreiches Klimaabkommen Ende des Jahres in Paris.“ Auch Greenpeace-Energieexperte Tobias Münchmeyer ist hoch zufrieden. „Elmau hat geliefert“, sagte er. „Die Vision einer globalen Energiewende hin zu 100 Prozent Erneuerbaren hat heute deutlich Konturen gewonnen.“ (Malte Kreutzfeldt)
Stillstand bei der Entwicklungshilfe
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte schon vorab klargemacht: Der Gipfel sollte keine Geberkonferenz werden. So findet sich im Abschlussdokument zwar eine „Bekräftigung“, 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung für Entwicklungszusammenarbeit bereitstellen zu wollen. Diese Selbstverpflichtung ignorieren die Industriestaaten aber schon seit über 40 Jahren. „Ohne genauen Zeitplan ist die Bekräftigung ein Muster ohne Wert“, sagt Tobias Hauschild von Oxfam.
Stattdessen legt das Elmau-Dokument an verschiedenen Stellen nahe, dass sich die G-7-Staaten künftig auch private Investitionen auf die 0,7 Prozent anrechnen lassen wollen.
Das Thema hatte besondere Bedeutung, weil sich in einem Monat die internationale Gemeinschaft zur UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Addis Abeba trifft. Dort soll der finanzielle Rahmen für die „Post-2015 Agenda“ genannte neue Entwicklungsdekade abgesteckt werden.
Mit Blick auf diese Konferenz hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble die Bedeutung einer funktionierenden Steuerverwaltung in Entwicklungsländern betont. Das ist aber nicht das einzige Problem: Die Haushalte armer Länder leiden massiv auch darunter, dass internationale Konzerne zwar in Entwicklungsländern Geld verdienen, ihre Gewinne aber per interner Verrechnung außer Landes schaffen und so keine Steuern zahlen. Ihre Unternehmenssitze liegen oft in den G-7-Staaten. Die wollen nun bis zum Jahresende Vorschläge machen, legale Steuervermeidung zu Lasten armer Länder einzudämmen. (Christian Jakob)
Mit Kleinbauern den Hunger bekämpfen
Eigentlich zählte es gar nicht zu den vier offiziellen Kernthemen des Gipfels. Doch nach einer Initiative von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) haben sich die Staatschefs auch mit Ernährungssicherheit befasst. Das Ergebnis: 500 Millionen Menschen wollen die G-7-Staaten bis 2030 aus Hunger und Mangelernährung befreien.
Wie zu hören war, hat die Bundesregierung kalkuliert, dass die G 7 hierfür jährlich etwa 12 Milliarden Euro aufwenden müsste. Eine Finanzierungszusage wollten die großen Industriestaaten aber nicht machen.
Dafür betonen die G-7-Staaten in ihrem Abschlussdokument nun ausdrücklich die Wichtigkeit von kleinbäuerlicher Landwirtschaft für die Ernährungssicherheit. Diese sollen künftig besonders gefördert werden. Das ist in dieser Deutlichkeit ein Novum und wurde von Organisationen wie Oxfam begrüßt. In der Vergangenheit hatte die G 7 einseitig auf die Förderung von Privatinvestitionen durch die Agrarindustrie in Entwicklungsländern gesetzt.
Insgesamt allerdings mutete die deutsche Initiative bescheiden an. Derzeit gibt es rund zwei Milliarden Menschen auf der Welt, die nicht ausreichend zu essen haben. Die Vereinten Nationen streben an, bis 2030 Hunger ganz verschwinden zu lassen. Laut der Welternährungsorganisation FAO müsste allein die G 7 hierzu 30 Milliarden Dollar jährlich aufwenden.
Dennoch lobte auch Brot für die Welt die Abschlusserklärung von Elmau, warnte aber vor „Hintertürchen“, mit denen sich die G-7-Staaten aus der Verantwortung stehlen könnten. (Christian Jakob)
Wenig Konkretes für den Schutz des Meeres
Durchwachsen sind die Ergebnisse beim Thema Meeresschutz: Zwar stellte sich die G 7 hinter das Ziel, Plastikabfälle auf und in den Ozeanen zu verhindern und verabschiedete dazu einen Aktionsplan. Doch dieser enthält nur eher unverbindliche Appelle; Finanzzusagen der Industriestaaten und ein Zeitplan fehlen hingegen.
Darum sei der Beschluss zwar ein Fortschritt, aber kein Grund, sich zurückzulehnen, sagte WWF-Geschäftsführer Eberhard Brandes. „Ab jetzt müssen Taten eine deutlichere Sprache sprechen als die heutigen Ankündigungen.“ Einen Erfolg gab es hingegen beim Thema Tiefsee-Bergbau: Hier wollen die G-7-Staaten ein internationales Regelwerk unterstützen, das den Schutz der Umwelt beim Rohstoff-Abbau am Meeresgrund sicherstellt.
Um lebensgefährliche Arbeitsbedingungen wie in den Textilfabriken in Bangladesch zu verhindern, will die G 7 einen Fonds namens „Vision Zero“ aufbauen. Damit sollen Unternehmen gefördert werden, die ihre Produktion modernisieren wollen.
Ansonsten ist in dem Papier zwar viel von Menschenrechten und verantwortungsvollen Produktionsbedingungen die Rede – aber immer nur als bloßer Appell an die Industrie, deren „Bemühungen“ die G 7 „begrüßt“.
„Die Umsetzung soll weiter den Unternehmen überlassen werden“, kritisiert Marita Wiggerthale von Oxfam, „es soll keine verbindlichen gesetzlichen Regelungen geben, mit denen die G-7-Staaten die Einhaltung von Arbeitsrechten sicherstellen.“ (Malte Kreutzfeldt, Christian Jakob)
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