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Erdgasförderung in DeutschlandDie Frackles einigen sich

Schleswig-Holstein will Fracking in ganz Deutschland verbieten. Die Bundesregierung hat da allerdings andere Pläne.

Altmaier und Rösler ulken. Bild: dpa

BERLIN taz | Als erstes Bundesland wagt Schleswig-Holstein die Anti-Fracking-Offensive. Umweltminister Robert Habeck (Grüne) brachte am Freitag ein Gesetzentwurf in den Bundestag ein, der verbieten soll, mittels giftiger Chemikalien Erdöl oder Erdgas zu fördert. Zwar stehen auch andere Bundesländer der Fracking sehr kritisch gegenüber, trotzdem hat Schleswig-Holstein das Gesetz allein vorgelegt. „Andere Länder brauchen noch Bedenkzeit“, sagte Habeck der taz.

In Deutschland gibt es momentan keine einheitliche Regelung, wann und wie Fracking eingesetzt werden darf. Nicht nur hierzulande, weltweit ringen Länder um eine Position dazu. Vor allem, seit die Internationale Energie Agentur Ländern wie den USA ein neuer Gas- und Ölboom dank Fracking vorhersagt – was wiederum die deutsche Energy Watch Group für extrem übertrieben hält. Fracking ist eigentlich nicht neu und wird auch hierzulande bereits angewandt, allerdings nur um herkömmliche Lagerstätten von Erdöl und Erdgas besser auszubeuten.

Bei sogenannten unkonventionellen Lagerstätten, in Deutschland hauptsächlich Sandstein oder Kohleflöze, entweicht Erdgas nicht von selbst. Stattdessen wird das Gestein mit einem Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien aufgerissen. In den USA ist es zu massiven Umweltproblemen gekommen, wie etwa der Dokumentarfilm Gasland erzählt. Die US-Umweltagentur EPA sagt etwas nüchterner: Man forscht noch. In Deutschland sieht das Umweltbundesamt das Trinkwasser gefährdet.

Auf Bundesebene haben sich deshalb Umweltminister Peter Altmaier (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) in dieser Woche auf ein Gesetz geeinigt, das Fracking nicht generell verbietet, sondern erschwert. Das hofft zumindest Altmaier. Demnach darf in Trinkwasserschutzgebieten nicht gebohrt werden. Generell müssen Unternehmen bereits Probebohrungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterziehen, was bedeutet, dass die jeweiligen Behörden vor Ort die Auswirkungen auf Mensch und Natur bewerten sollen. Auch die Wasserbehörden werden dabei beteiligt.

Forschen oder nicht?

Eine mögliche Auswirkung dessen, so hofft Altmaier: Weil es über die Gefahren des Frackings in Deutschland viel zu wenig Wissen gibt, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung momentan kaum möglich. Die Verfahren könnten sich also über Jahre hinziehen, was einem Fracking-Moratorium gleich kommt. Rösler dagegen hofft, durch das Gesetz könne Fracking weiter erforscht werden. Nachdem beide bereits im Februar eine fast-Einigung erzielt hatten, hatten Konzerne wie BASF das Gesetz noch begrüßt.

Habeck ist die Regelung deshalb viel zu wenig. „Wir bringen den Entwurf ein, weil wir nicht glauben, das Fracking über den Verwaltungsweg verhindert werden kann“, sagte er. Altmaier setzt er unter Druck: Wenn er gegen Fracking sei, dann solle er auch ein entsprechendes Gesetz vorlegen. „Wenn sich Altmaier nicht mal gegen Rösler durchsetzt, wie will er dann mit der Öl- und Gasindustrie fertig werden“, sagt Habeck.

Sein Gesetz wird jetzt in den Bundesratsausschüssen beraten. Das Altmaier-Rösler-Gesetz muss erst noch vom Kabinett und dem Bundestag beschlossen werden. Dann wandert es ebenfalls in den Bundesrat. Vermutlich allerdings kaum bis zur Bundestagswahl im Herbst. Dann werden die Karten neu gemischt.

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12 Kommentare

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  • K
    kannes

    Das Bergrecht gehört endlich kassiert.

    Es ist die Wurzel allen Übels.

    Keine Bergbauprojekte ohne Kosten-Nutzen-Rechnung

    für die Länder, die Bundesrepublik Deutschland

    und eine langfristige Gesundheitsanalyse für

    Flora und Fauna, wie ebenso für den Menschen!!!

     

    Stoppt das bergbaurechtliche juristische Mittelalter!

     

     

    @vic

    Legen Sie mir doch bitte einmal dar, wo

    der Nutzen für die Zivilbevölkerung liegt

    und wieviel der Profite privatisiert werden.

    Die Rohstoffe stehen auch unseren Kindeskindern zu!

    Wissen Sie, dass 1 Tropfen Öl 1000l Grundwasser verseucht? Nennen Sie mir doch eine Technologie

    die 100%ig sicher ist? In der Geotechnik gibt

    es keine solche Technologie!

    Fassen Sie sich an die eigene Nase und betreiben

    Sie bitte kein Lobbying.

  • RB
    Rainer B.

    Aus meiner Sicht darf man eine solche Technik nicht ohne Zustimmung der Betroffenen anwenden. Betroffen sind hier doch alle, die sich im Einzugsbereich des kontaminierten Grundwassers befinden. Wenn das Bergrecht bislang diese Betroffenen ausklammert, muss es dringend abgeändert werden. Da die Länder letztlich auf den Kosten zur Beseitigung der Folgeschäden (soweit das überhaupt möglich ist) sitzenbleiben werden, wird Fraking für sie zu einem unwägbaren Finanzierungsrisiko. Da sich Grundwasser nicht an Ländergrenzen hält, macht der schleswig-holsteinische Gesetzesvorschlag Sinn, kommt aber vermutlich erst viel zu spät zum Tragen. Nur ein sofortiges Fraking-Moratorium kann uns vor Trinkwasser-Vergiftungen bewahren. Das Gas läuft uns nicht weg. Vielleicht gibt es schon in ein paar Jahren bessere, umweltverträglichere Fördermethoden!?

  • B
    Battenbrook

    Der Artikel enthält eine Fehlinformation: In Niedersachsen gibt es bereits Hunderte von Gasbohrungen in Sandstein, ca. 300 mal wurde zudem "gefrackt". Das so genannte "Fracking" (mit dem Verpressen von Chemikalien) ist nur ein kleiner Teil des gesamten Produktionsprozesses, zuvor wird die Deckschicht, die Grundwasservorkommen schützt durch die Tiefenbohrung perforiert. Diese (zementierten) Bohrungen schaffen Wegsamkeiten, die (Langzeit-) Dichtigkeit der Zementierung ist nicht erwiesen. Nach der Bohrung und ggf. Frac-Behandlung folgt die eigendliche Produktionsphase, bei der wesentlich größere Stoffmengen aus dem Untergrund in die Grundwasserschicht gelangen. Das Gas tritt zusammen mit hochsalzigem Formationswasser an die Oberfläche. Je nach Beschaffenheit des Gesteins sind Nebenprodukte wie Quecksilber, Benzol, Radium und Schwefel enthalten. Bei der Trocknung des Gases werden dies abgesondert, das Abwasser wird in so genannten "Versenkbohrungen" wieder verpresst. Die Bohrungen sind durch ein Leitungssystem in ca. 1,40m Tiefe verbunden. Bisher wurden ca. 80 Schäden mit Quecksilber- und Benzolaustritten um diese oberirdischen Anlagen und Rohrsysteme bekannt. Die Information wird erschwert, da das gesamte Verfahren dem Bergrecht unterliegt, das die Öffentlichkeit weitgehend ausschließt. In Niedersachsen liegen etwa ein Drittel der Gasbohrungen in Trinkwassereinzugsgebieten.

  • V
    vic

    Hier scheint jemand meinen Nick zu nutzen. Also nochmal: Ich hasse Rösler nicht wegen seiner asiatischen Wurzeln und ich habe was gegen Atomkraft - Fracking finde ich sehr sinnvoll, es ist wissenschaftlich unstrittig völlig ungefährlich für Mensch und Natur. Der Auror "Ingo Arzt" lügt wie gedruckt und ist offensichtlich von den Solar-Milliarden-Konzernen bestochen worden. Nochmal: Der Mann lügt. Außerdem ist er ein Rassist und macht sich wegen seiner Behinderung über Altmaier lustig. So ein rechtsradikaler Hetzer gehört in den Knast.

     

    vic (The real one)

  • V
    vic

    Rösler, der erste Lobbyist im Lande. Kleiner Mann, großer Einfluss.

    Warum darf der das?

    Und Altmaier, der arme. Wiegt das Doppelte und hat nix zu melden.

  • OD
    Opus Dominus

    Die Frage zur "Chemie" läßt sich leicht beantworten. Pro Bohrloch benötigt man neben tausenden Tonnen von Wasser eben noch 80-300 Tonnen bestehend aus Toluol, Benzol, Dimethylbenzol,Äthylbenzol,Arsen und Salzsäure.

    Toluol ist der Grundstoff zur Herstellung von TNT-Sprengstoff. Die Giftigkeit und Gefährlichkeit der anderen Stoffe dürfte bekannt sein. Eine Abdichtung von Bohrlöchern gegenüber den Grundwasserschichten ist im Falle des austretenden Methan`s derzeit mit technischen Mitteln überhaupt nicht darstellbar. Und dieses Methan ist dann mit den oben genannten Stoffen verseucht.

  • PS
    Peter S.

    @Nuke: Das "Gefährliche" an Fracking ist, dass die sogenannten Erneuerbaren auf Dauer unwirtschaftlich bleiben und das Gerede von Trittin, Institut für solare Energiesysteme und andere "Experten" über die Höhe EE-Umlage das bleiben, was sie sind, Lügen.

  • F
    Florian

    In Deutschland wird bereits gefrackt??? Als ich das las, ist mir die Luft kurz weggeblieben.

    Und dann dieses Gesetz, auf dem groß vorne drauf steht: Kreiert und gefördert für Sie, liebe Bürger. Ihre Wirtschaftsbosse.

     

    Wie kann es sein, dass die Öffentlichkeit (Menschen, incl Gehirn) es einerseits gerade mit den eigenen Augen sieht, wie sehr "saubere" Atomkraft über Jahrtausende die Umwelt zerstört, und andererseits die Vertreter eben jener gerade ein neues Gesetz vertreiben, das weitere unabsehbare und wahrscheinlich unbeherrschbare Umweltsünden der Energie wegen zur Folge hat?

     

    Was sollen wir mit Energie, wenn wir sie bald nur noch dazu nutzen, um Energiegewinnungsschäden zu minimieren? Ist der Öffentlichkeit es wirklich wichtiger, sich heute in ihrem materiellen Wohlstand zu suhlen, als ihren Enkelkindern zu erklären, was für einen Bockmist man selbst zu verantworten habe?

     

    Noch etwas direkter zum Thema: Fracking. Also man pumpt ein hochgiftiges Chemiegemisch mit Wasser und Sand unter Hochdruck in den Gesteinsbereich, wo das wertvolle und als sauber promotete Gas liegt, um das Gestein explodieren zu lassen.

     

    Es sollte doch eigentlich jedem reichen, zu wissen, wie Fracking funktioniert, um es klar abzulehnen. Falls man Kant folgt. Aber selbst nachzudenken, ist sehr rar geworden. Viel schöner ist doch, sein neues I-PhoneMacPodGalaxyS1234 in der Hand zu halten, danach pleite zu sein und die Fresse zu halten. Genau so, wie es die Elite gerne hätte, damit sie weiter in Katar Skifahren kann, kleine Jungs vergewaltigen zu dürfen, etc.

     

    Lehnt euch endlich auf! Seht ihr nicht, welche Folgen auf uns zukommen?

  • F
    fallout

    @Nuke:

     

    http://www.unkonventionelle-gasfoerderung.de/was-ist-unkonventionelle-gasforderung/chemikalien/

     

    und mal den Film Gasland anschauen, dort wird allem nachgegangen.

  • S
    steffen

    wenn schon kein erbauliches thema, dann wenigstens mal wieder (mecker mecker) eine schöne überschrift in der taz.

  • KF
    Öko Fritz

    "Altmaier-Rösler-Gesetz"

     

    Genau das ist falsch: Es müssen Bürgergesetze sein!!!!

     

    Nachhaltigkeit und tragfähige Gesetze FÜR das Gemeinswesen sind die Kriterien!

     

    Hier wird regiert wie im alten Rom... Sauerei!!!

  • N
    Nuke

    Was ist denn nun mit dem Fracking? Ist es nun so gefährlich oder nicht? Überall widersprüchliche Meinungen. Wenn es gefährlich sein soll, was dann genau? "Chemie" ist ein weiter Begriff. Und schädlich ist auch so einiges, was auch in den Lebensmitteln und in Kosmetikartikeln verarbeitet wird, trotzdem stirbt keiner daran. Wenn "Chemie" in 2 km Tiefe in ölhaltige Gesteinsschichten eingepresst wird, sehe ich erst mal keine Gefahr für das Grundwasser nahe der Erdoberfläche. Oder ist das Problem das anschließend wieder hochgepummte Abwasser, dass dann zur Kläranlage gelangt. Was ist genau das speziell gefährliche an den beim Fracking angewandten Chemikalien? Mit Korrosionsschutzmittel wird doch fast jedes Metallstück geschützt. Und Biozide werden vor allem in der Landwirtschaft und entlang der Bahngleise in den Boden gespritzt (schlimm genug!). Also was ist die speziell so giftige Substanz beim Fracking, die es für manch einen mindestens genau so schlimm wie Kernkraft macht? Bitte um Aufklärung!