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Erbitterter Rechtsstreit um Namensgebung

■ Baby Nr. 2555/1991

Baby Nr. 2555/1991

Göttingen (taz) — Kommunale Behörden, so heißt es immer wieder, seien Brutstätten des Müßiggangs und der Faulheit. Daß dieses weitverbreitete Vorurteil in Wirklichkeit jeder Grundlage entbehrt, erweist sich derzeit wieder einmal in Göttingen. Die emsige Stadtverwaltung scheut weder Strapazen noch Zeit, um zu verhindern, daß ein mittlerweile zehn Monalte altes Baby den Namen „Lafayette“ erhält.

Begonnen hatte der skurrile Streit mit einem Besuch der damals noch schwangeren Mutter im Musical „Hair“, in dem ihr der Jungenname Lafayette so gut gefiel, daß sie beschloß, ihr Kind — sollte es denn ein Sohn werden — ebenso zu nennen. Doch das Göttinger Standesamt spielte nicht mit und verweigerte den Eintrag dieses Namens. Das örtliche Amtsgericht bestätigte die Entscheidung, der Name wurde nicht akzeptiert. Die Mutter aber gab so schnell nicht auf. Sie zog vor das Landesgericht — und bekam dort recht: Zusammen mit den Vornamen Jean-Michel, auf die sich die Eltern inzwischen geeinigt hatten, gehe Lafayette als dritter Name durchaus in Ordnung. Sitte und allgemeines Empfinden würden weder verletzt noch das Kindeswohl beeinträchtigt. Doch die Standesbeamten verweigerten wiederum den Eintrag. Das städtische Rechtsamt hatte nämlich nach mehrwöchiger Beratung beschlossen, erneut Beschwerde einzulegen, dieses Mal beim Oberlandesgericht in Celle. Rechtsdezernent Wolfgang Meyer, von Beruf selber Richter, sah die Gefahr noch nicht gebannt, daß der Name Lafayette „als Doppel-Familienname mißverstanden wird“. „Wenn ich meinen Sohn Jacob Fridolin Schroeder Meyer — nach dem Schroeder aus den Peanuts — nennen würde, dächte doch jeder, der heißt Schroeder-Meyer.“

Das Celler Urteil steht noch aus. Bis der Fall entschieden ist, bleibt der Junge namenlos. Die Eltern mußten sogar eine geplante Auslandsreise absagen, weil das Baby Nr. 2555/1991 noch in keinem Paß eingetragen ist. Reimar Paul

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