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Erbgut der Reispflanze entschlüsselt

Eine amerikanische und eine chinesische Forschergruppe analysierten zeitgleich die Gene zweier unterschiedlicher Sorten. Wissenschaftler hoffen, bald schädlingsresistente Pflanzen zu züchten. Reis ist eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel

von WOLFGANG LÖHR

Genforscher haben jetzt erstmals das Erbgut einer Nutzpflanze entschlüsselt. Gleich zwei Forscherteams stellen in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Science die Genanalysen zweier weit verbreiteter Reissorten vor. Oryza sativa, so der wissenschaftliche Name von Reis, gehört zu den wichtigsten Nutzpflanzen. Für mehr als zwei Milliarden Menschen ist Reis das Grundnahrungsmittel, oftmals auch das einzige. Die Forscher hoffen, durch die Kenntnisse über die Gensequenzen die Zucht besonders ertragreicher und krankheitsresistenter Sorten zu beschleunigen.

Während die Forschergruppe um Stephen A. Groff vom Torrey Mesa Research Institute in San Diego, im US-Bundesstaat Kalifornien, das Genom der Reissorte „Japonica“ untersuchte, analysierte die zweite Gruppe, ein Forscherteam am Beijing Genomics Institute (BGI) der chinesischen Akademie der Wissenschaften das Erbgut der Variante „Indica“. Beide Gruppen veröffentlichten eine erste Arbeitsversion. Das heißt, dass sie jeweils rund 90 Prozent der rund 420 Millionen Bausteine des Reisgenoms entziffert haben.

Den Studien zufolge besitzt Japonica zwischen 42.000 und 63.000 Genen, bei Indica sollen es 45.000 bis 56.000 Gene sein. Sollten diese Schätzungen bestätigt werden, hätte eine Reispflanze somit mehr Gene als ein Mensch, dessen Anzahl sich auf 30.000 bis 40.000 belaufen soll. Ein erster Vergleich mit dem Genom des Ackerschmalwands, der bisher einzigen Pflanze, deren Erbgut vollständig entschlüsselt wurde, zeigt, dass bei beiden Pflanzenarten einen Großteil der Gene identisch ist. Bei Japonica sind es rund 80, bei Indica 50 Prozent.

Dieses Ergebnis zeigt auch, dass zwischen den beiden Reisvarianten große genetische Unterschiede bestehen, die bei künftigen Sortenzüchtungen oder gentechnischen Eingriffen genutzt werden könnten, hoffen die Forscher. Doch zuvor müssen die Funktionen der einzelnen Gene ermittelt werden. Das kann bis zu zehn Jahre dauern.

Auch zwischen den beiden Forschergruppen besteht ein wesentlicher Unterschied. Während die chinesischen Forscher ihre Daten vollständig und für jeden über Internet frei zugänglich in die Datenbank „Genbank“ einspeisen, sind die in den USA ermittelten Gensequenzen nur beschränkt zugänglich. Das zu dem Schweizer Chemikonzern Syngenta gehörende Torrey Mesa Research Institute will ihre Gensequenzen nur für Forschungszwecke freigeben. Wenn Patente angemeldet oder kommerziell nutzbare Produkte entwickelt werden sollen, muss zuvor eine Lizenz eingeholt werden. Lediglich für Entwicklungsländer will Syngenta eine Ausnahme zulassen. Diese Patente oder Produkte dürfen dann aber nicht an die Industrienationen verkauft werden.

Schon im Vorfeld der Science-Veröffentlichung gab es deshalb Kritik. Eine Gruppe von 20 international prominenten Genforschern äußerten in einem Aufruf ihre Befürchtung, dass durch diese Firmenpolitik der Genforschung ein „ernsthafter Schaden“ entstehe. Das es auch anders geht, zeigt der Biotech-Konzern Monsanto. Das Unternehmen hatte schon vor zwei Jahren ihren gesamten umfangreichen Datenbestand über das Reisgenom dem International Rice Sequencing Project (IRGSP) zur Verfügung gestellt. Das von der japanischen Regierung initiierte und mitfinanzierte Projekt will bis Ende des Jahres eine vollständige Version des Reisgenoms vorlegen. Der öffentlich geförderte internationale Verbund, der seine Daten frei zur Verfügung stellt, will dann rund 99 Prozent des Reisgenoms mit einer Genauigkeit von 99,9 Prozent entschlüsselt haben.

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