Entwurf für Berliner Radgesetz fertig: Bahn frei für Radler
Der Entwurf für das Radgesetz ist fertig. Bis Ende 2017 wird es verabschiedet, jubelt die Rad-Initiative. Nicht alle sind so optimistisch.
Tags zuvor hatten sie zusammen mit der Senatsverwaltung für Umwelt und Verkehr in einer fünfstündigen Sitzung die letzten Details und Veränderungen am Entwurf besprochen. Das Ergebnis wurde überaus positiv aufgenommen: „Das ist ein großer Erfolg für alle Beteiligten“, sagte Heinrich Strößenreuther von der Initiative der taz – und schloss in sein Lob explizit die Verkehrssenatorin ein. „Wir sind sehr zufrieden“, betonte Nikolas Linck, Sprecher des ADFC. Und der grüne Verkehrsexperte Stefan Gelbhaar erklärte: „Der Entwurf kann sich sehen lassen.“
Zu sehen kriegt ihn bisher jedoch kaum jemand. Im Mai hatte die Initiative Volksentscheid Fahrrad eine frühere Version entgegen den Absprachen öffentlich gemacht, um den Druck auf die Senatorin zu erhöhen. Als Konsequenz bekamen die Teilnehmer des sogenannten Raddialogs am Montag den von Juristen im Auftrag der Senatsverwaltung noch einmal überarbeiteten Entwurf lediglich per Beamer präsentiert. „Noch im August wird der Entwurf dann der Öffentlichkeit vorgestellt“, kündigte Matthias Tang, Sprecher der Verkehrssenatorin, auf Anfrage an.
Danach werden laut Tang Verbände in das Gesetzgebungsverfahren einbezogen und schließlich die weiteren von dem Gesetz betroffenen Senatsverwaltungen sowie der Rat der Bürgermeister. Erst dann beschäftigt sich das Abgeordnetenhaus mit dem Entwurf. Heinrich Strößenreuther ist dennoch sicher, dass das Gesetz noch 2017 in Kraft tritt, worauf die Initiative zuletzt gedrängt hatte: „Wir gehen davon aus, dass es am 14. Dezember vom Parlament beschlossen wird – spätestens.“ An diesem Tag findet die letzte Sitzung in diesem Jahr statt.
Nicht alle Beteiligten sind so optimistisch. Eine Verabschiedung 2017 sei „im Bereich des Möglichen“, formuliert es Günthers Sprecher Tang vorsichtig. Andere halten dieses Ziel für sehr ambitioniert und verweisen darauf, dass weder Radlobbyisten noch Senatsverwaltung eine Kontrolle über den Zeitplan haben, sobald der Entwurf im Parlament angekommen ist.
Der Optimismus der Radvertreter erstaunt auch aus einem anderen Grund: Der das Gesetz begleitende Radverkehrsrahmenplan existiert bisher nicht. Dabei sei der Plan „genauso wichtig wie das Gesetz“, betont ADFC-Sprecher Linck. In dem Plan werden die wichtigen Details für den Ausbau der Infrastruktur geregelt: Bis wann kommen zum Beispiel die Radschnellwege und in welchem Umfang? Wie sehen sichere Radstreifen genau aus? Wie werden sie vom Autoverkehr getrennt? Wie viele Abstellplätze werde wo geschaffen? Am Donnerstag wird darüber weiter diskutiert.
Das neue Vertrauen in die rot-rot-grüne Koalition von Seiten der Radlobbyisten rührt offenbar daher, dass die Sitzung am Montag sehr konstruktiv ablief und der im Mai veröffentlichte Entwurf durch die Juristen in den letzten Wochen deutlich weniger angepasst wurde als befürchtet. „Die Änderungen sind nicht so gravierend“, sagt der Grüne Gelbhaar. Als „gelungen“ bezeichnet sein Parlamentskollege Harald Wolf (Linke) die Überarbeitung: „Alles, was an Eckpunkten verabredet war, wurde untergebracht.“
Im Sommer 2016 sammelte die Initiative Volksentscheid Fahrrad in kurzer Zeit 90.000 Unterschriften für einen Ausbau der Radinfrastruktur. Hauptforderungen: zwei Meter breite Radwege an jeder Hauptverkehrsstraße, 100 Kilometer Radschnellwege, 100.000 neue Abstellanlagen.
Rot-Rot-Grün hat die Forderungen in seinen Koalitionsvertrag übernommen. Seit Anfang Februar verhandelnn die Initiative, der ADFC, Abgeordnete und die Senatsverkehrsverwaltung über den Inhalt des Radgesetzes. (taz)
Strößenreuther spricht denn auch von einem Bewusstseinswandel in Sachen Radsicherheit, der inzwischen bei allen Beteiligten angekommen sei. Und er sieht bei den Bezirken den dringenden Wunsch, endlich die gesetzliche Grundlage zu bekommen, damit sie mit ihrer Arbeit loslegen, sprich Radwege anlegen können.
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