Entwicklungshilfe: Niebel fusioniert Hilfsorganisationen
Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel fusioniert die großen Organisationen GTZ, DED und Inwent. Die Opposition will auch noch die KfW hinzunehmen.
Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) ist bisher nicht so recht vorangekommen. Kurz nach seinem Antritt wollte er die Entwicklungszusammenarbeit mit China streichen - und behält sie nun doch bei.
Er wollte nur noch den Hilfsorganisationen in Afghanistan Geld geben, die mit der Bundeswehr kooperieren – musste dann wieder davon abrücken, weil die Arbeit als "embedded Helfer" lebensgefährlich wäre. Und nach seiner ersten Afrika-Tour blieb ein peinlicher Eindruck, weil er mit verspiegelter Sonnenbrille und Bundeswehr-Mütze durch die Gegend lief.
Doch jetzt tut Niebel was, er krempelt die Entwicklungshilfe in Deutschland um. Das zeigt ein Brief, der der taz vorliegt und den er an die drei großen deutschen staatlichen Entwicklungshilfeorganisationen geschickt hat.
Niebel setzt den Chefs der drei großen staatlichen Hilfsorganisationen darin eine Frist bis zum heutigen Mittwoch. Das sind die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) mit Sitz in Eschborn, der Deutsche Entwicklungsdienst (DED) und die Bildungsagentur Inwent (beide Bonn). Sie sollen auf "etwa drei DIN-A4-Seiten" die "wichtigsten strategischen Eckpunkte" für eine "Fusion auf Augenhöhe" vorlegen.
Ex-FDP-Generalsekretär Niebel, der Entwicklungspolitik vor allem als Außenwirtschaftspolitik versteht, wollte sein Ressort vor der Bundestagswahl noch abschaffen. Nun, so schreibt er, will er die "Vielzahl der organisatorischen Strukturen" im "Interesse einer höheren Wirksamkeit" straffen.
Niebel formuliert das auch gerne so: "Spötter sagen, wenn sie irgendwo auf der Welt ein Deutsches Haus besuchen, stünden dort zig Jeeps der verschiedenen deutschen Durchführungsorganisationen vor der Tür." In den Deutschen Häusern sind die Büros der verschiedenen Entwicklungsinstitute untergebracht. Sachlicher bemängelten auch die Beamten des Bundesrechnungshofs im letzten Jahr Doppel- und Dreifachstrukturen, mit denen Geld verschwendet werde.
Schon Niebels SPD-Vorgängerin Heidemarie Wieczorek-Zeul versuchte nach der Wahl 2005, die Entwicklungshilfe neu zu strukturieren. Sie allerdings wollte die größte der Organisationen, die GTZ, und die Entwicklungsbank der mächtigen KfW zusammenlegen – und damit die sogenannte technische und die finanzielle Zusammenarbeit. Wieczorek-Zeul zog die Unternehmensberatungsgesellschaft PwC hinzu, fragte nicht die Betroffenen – die fühlten sich düpiert. Wieczorek-Zeul scheiterte. So blieb fast alles beim Alten.
Schwarz-Gelb nahm sich dann im Koalitionsvertrag vor, mit der "Zusammenführung der Technischen Zusammenarbeit beginnen" zu wollen. Den Entwicklungshilfeexperten der Opposition reicht das nicht. Für eine "Hilfe aus einem Guss" müsse auch die Kfw-Entwicklungsbank hinzukommen, sagt die grüne Ute Koczy. Die schwarz-gelbe Idee sei zwar "durchaus sinnvoll", aber nur die "kleine Lösung". Auch Sascha Raabe von der SPD meint: "Niebel verkauft eine Minireform als Erfolg."
Niebel will die Reform jedenfalls schnell und im März dem Kabinett die "Eckpunkte" vorstellen. Im Oktober soll es die Reorganisation beschließen. Danach kann sie sofort umgesetzt werden. Inwent "begrüßt den Start in den gemeinsamen Reformprozess". Der DED äußert sich genauso. Die GTZ sagt offiziell nichts. Im Hintergrund ringen die Organisationen aber bereits um ihre Geschäfte, sagt einer, der es wissen muss. Immerhin wird zum Beispiel aus drei Personalabteilungen eine.
Rund 4.700 Mitarbeiter sind betroffen, 3.000 davon sind in Deutschland, die anderen im Ausland tätig. Die Betriebsräte haben sich in einem gemeinsamen Schreiben, das der taz vorliegt, an Minister Niebel gewandt. Sie stellen die Reform nicht in Frage, da sie die "Wirkung" der Entwicklungshilfe erhöhen könne. Aber sie fordern eine "sozialverträgliche Reform", ohne "betriebsbedingte Kündigungen", die alle "Standorte sichert". Und sie pochen auf einen "konstruktiven Dialog".
Der 46-jährige Niebel hört zu, lässt sich beraten, stellt viele Fragen, heißt es. Nach gut hundert Tagen im Amt sagt er von sich selbst: "Natürlich muss ich mich in viele Themen einarbeiten und gerade am Anfang gilt es, zuzuhören und zu lernen." Auf seiner zweiten Afrika-Reise letzte Woche trug der Ex-Zeitsoldat keine verspiegelte Sonnenbrille mehr, die Mütze schon.
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