Entscheidung zum Riff verschoben: Australien rettet Welterbe-Status

Das Great Barrier Reef stirbt zwar weiter, doch die Unesco setzt das „Weltnaturerbe“ erst mal nicht auf die Liste der gefährdeten Kulturgüter.

Falscher Clownfisch in Anemone

Falscher Clownfisch Amphiprion ocellaris in Prachtanemone Heteractis magnifica, Great Barrier Reef Foto: Norbert Probst/imagbroker/imago

CANBERRA taz | Die beispiellose Lobbyarbeit der australischen Regierung in den letzten Tagen hat sich für Canberra ausbezahlt: das Great Barrier Reef (GBR) kommt vorerst nicht auf die Rote Liste der gefährdeten Weltkulturgüter. Ein Komitee der UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation (Unesco) entschied im chinesischen Fuzhou mit klarer Mehrheit, eine entsprechende Empfehlung ihres Expertenkomitees nicht anzunehmen und den Entscheid um ein Jahr zu verschieben.

Die größte Korallenriffformation der Welt ist als Folge global steigender Wassertemperaturen akut von Korallenbleiche und damit dem Absterben bedroht. Unterwasserhitzewellen seien eine Folge der globalen Klimaveränderung, sagen Meereswissenschaftler. Studien zufolge sind bereits 50 Prozent der Riffe zerstört. Die australische Regierung soll nun einen weiteren Bericht über den Zustand des Riffs und die Erhaltung des einzigartigen Ökosystems erarbeiten und der Unesco vorlegen.

Canberra hatte einen massiven Imageschaden erwartet, sollte das Riff auf die Rote Liste genommen werden. Die Folgen für die Wirtschaft wären ebenfalls schwer gewesen: das GBR ist eine der wichtigsten Ziele für Australien-Besucher. Ob Tauchtouren, Schnorcheln oder Hotellerie: rund 60 000 Menschen leben vom Rifftourismus entlang der Küste des Bundesstaates Queensland. Nachdem die Unesco im Juni die Empfehlung ihrer Experten veröffentlicht hatte, delegierte die australische Regierung Umweltministerin Sussan Ley ab, um in Madrid, Sarajevo, Paris, Oman, Budapest und auf den Malediven die jeweiligen Regierungen zu überzeugen, gegen das Vorhaben zu stimmen. Gleichzeitig hatte Canberra die Botschafter aus 13 Ländern ans Riff eingeladen, um sich während einer Schnorcheltour einen Eindruck von der Situation zu verschaffen.

Ley dankte den Delegierten am Freitag für ihre Unterstützung. Die australische Regierung investiere Millionen, um die Wasserqualität zu verbessern und Korallen fressende Seesterne zu bekämpfen. Ein Aktionsplan zum Schutz des Riffs müsse erst mehr Wirkung zeigen, bevor darüber entschieden werden könne, ob es als Welterbe gefährdet sei. Viele der Delegierten meinten während der Sitzung, Australien leiste gute Arbeit beim Schutz des Riffs, etwa bei der Verbesserung der Wasserqualität.

Umweltschutzorganisationen wie der World Wide Fund of Nature (WWF) dagegen kritisieren, der von Ley genannte Plan gehe das Kernproblem des Korallenriffs nicht an, den Klimawandel. Dies, obwohl selbst die Wissenschaftler der Regierung „Klimaveränderungen als wichtigste Bedrohung für das Riff identifiziert haben“, so die Organisation. Die Reduktion der Treibhausgasemissionen müsse zentral sein bei jedem „glaubwürdigen Plan zum Schutz des Riffs“.

Kein Plan gegen den Klimwandel

Australien ist einer der führenden Produzenten und Exporteure von klimaschädigenden Rohstoffen wie Kohle und Erdgas und hat unter den industrialisierten Ländern eine der höchsten CO2-Emissionsraten pro Kopf. Gleichzeitig weigert sich das Land, ernsthaft Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen zu unternehmen. Während die meisten vergleichbaren Länder CO2-Neutralität bis 2050 oder früher anstreben, will sich Australien dafür keine Frist setzen. Es hat sich nur verpflichtet, seine Emissionen bis 2030 um mindestens 26 Prozent zu reduzieren, basierend auf dem Stand von 2005.

Daniel Gschwind, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Tourism Industry Council, meinte nach der Entscheidung der Unesco, das Riff werde von der Tourismusindustrie gut verwaltet. „Aber wir müssen uns diesen Herausforderungen frontal und ehrlich stellen“, so der gebürtige Schweizer. „Wir sind es uns allen schuldig, uns an die Wissenschaft zu halten“. Ob die Entscheidung der Unesco jetzt oder in Zukunft gefällt werde: „Ich glaube fest, dass dies unser Aufruf an die Welt sein muss, mehr gegen den Klimawandel zu tun. Das Riff ist bedroht und wir müssen etwas dagegen tun.“

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