: Entgleiste Party, entgleiste Polizei
■ Eingebuchtet, um eine Fete zu beenden: Einsatzleitung wegen dreistündiger Freiheitsberaubung zu Geldbuße verurteilt
Der honorige Papa hat den Polizisten überhaupt nicht beeindruckt. Der Sohn saß auf der Polizeiwache, Handschellen um die Gelenke, und dessen Vater – „der ist Präsident des Oberverwaltungsgerichtes“ – interessierte den Beamten Thomas R. einfach nicht. „Was willst Du kleiner Student?“, höhnte er, als Kai M. drohte: „Sie können froh sein, wenn Sie in Zukunft noch auf der Straße Tickets schreiben dürfen.“
Mittlerweile ist aus dem kleinen Jurastudenten ein Richter und aus dem Polizisten ein Angeklagter geworden. An jenem Februartag vor dreieinhalb Jahren trafen sie als Gastgeber einer Party und als Polizist, der von gereizten Nachbarn gerufen worden war, aufeinander. Das erste Mal steht die Polizei vor der Tür und rückt nach der Zusage, dass die Musik leiser gestellt werde, wieder ab. Dann der zweite Anruf des Nachbarn, der zweite Einsatz vor Ort. Jetzt ist es mit der Höflichkeit vorbei. Die Beamten ziehen zwei Leute aus der Menge und nehmen sie in Handschellen zur Revierwache mit.
Da mussten die beiden zunächst in ein Röhrchen pusten. Der Alkoholtest ergab, dass sie nur leicht angetrunken waren. Trotzdem wurden sie auf der Wache behalten, „zur Ausnüchterung“, gab der heutige Angeklagte damals zu Protokoll. Drei Stunden saßen die beiden noch auf dem Revier, während Thomas R. seelenruhig „eine saubere Vorgangsfertigung“ schrieb, wie er es ausdrückt. Der Richter am Amtsgericht findet das „schlimm“: „Sie haben den Leuten die Freiheit genommen, da hat man keine Berichte zu schreiben“, belehrt er den Angeklagten und verurteilt ihn wegen Freiheitsberaubung zu einer Geldbuße, die er nur bei weiteren Verfehlungen zu zahlen hat.
Eigentlich, hält er dem damaligen Einsatzleiter Thomas R. vor, habe er sich über die „entgleisten Partygäste geärgert“ und den Gastgeber schlicht abstrafen wollen. Das bekommt er vom Angeklagten natürlich nicht bestätigt. Ein Kollege indes verplappert sich als Zeuge: Die beiden Festgenommenen sollten auf der Wache bleiben, damit die Party endlich endete. Der Richter hatte das zwar bereits geahnt, ist jetzt aber dennoch verblüfft: „Sie holen zwei Leute ab und buchten sie ein, um die Party zu sprengen?“
Für den damaligen Jurastudenten ist es im nachhinein ein teurer Abend geworden. Er war bereits zu 2000 Mark Geldbuße verurteilt worden, weil er gegen die Polizis-ten „Widerstand“ geleistet hatte.
Elke Spanner
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